Google-Mitarbeiter Nr. 59
war nur ein Kollateralschaden.
Eric Schmidts Wahl von Susans mittlerer Umsatzschätzung erwies sich als übermäßig konservativ. Gegen Ende des ersten Jahres der Vertragslaufzeit lagen wir weit über den höchsten Projektionen. Ein Teil dieses Erfolgs kann einer kleinen Veränderung zugeschrieben werden, die ein einfallsreicher Techniker vorgenommen hat. Einen Tag nachdem die Zusammenarbeit gestartet war, ergänzte John Bauer einen Programmteil, der das Suchwort, das ein User eingegeben hatte, in einer Anzeige fett hervorhob, wenn es dort vorkam, und machte so deutlich, dass die Anzeige relevant war. Diese simple Verbesserung steigerte die Klickraten um 400 Prozent. Ein Techniker, eine Änderung, 400 Prozent.
Ich hatte im Vorfeld des Wechsels von AOL zu Google viel zu tun. Unsere gesamte Kommunikation mit Anzeigenkunden musste umgearbeitet werden. Unsere neuen, stringenteren Redaktionsregeln mussten kommuniziert werden und unzählige Charts, welche die kombinierte Stärke von Google und AOL zeigten, mussten vorbereitet werden. Es war klar, dass Marketing dabei eine Rolle spielen würde, und ich beteiligte mich, um meinen Teil möglichst gut zu erledigen. Es war nicht besonders aufregend. Das Supportteam von Sheryl war näher an den Anzeigenkunden dran und das neue Produktmanagementteam von Jonathan machte sich intensiv Gedanken über die Integration von Google und AOL. Ich war mit meinem Team, wie Jonathan es seinem Team beschrieb, die »Anzeigenagentur« – ein Dienstleistungsbüro, das die strategischen Visionen anderer implementierte. Dennoch war der Druck hoch. Alles musste für den Start fertig sein, was auch zusammenfiel mit Deadlines für das GSA-Team und Google Answers, ein Service, der komplexe Fragen an Recherchierende gegen eine Gebühr beantwortete.
Ich hatte keinen Grund, mich zu beklagen, aber nach zweieinhalb Jahren nahm mein Job die Gestalt eines traditionellen Managers für Kommunikation in einem mittelgroßen Unternehmen an. Von außen war das nicht zu erkennen, aber die Dinge in meinem Teil des Googleplex gelangten in einen gewissen Rhythmus. Reinkommen, Sport treiben, Frühstücken, Mails beantworten, Feuer löschen, Mittagessen, Chaos beseitigen, Abendessen, Mails beantworten, nach Hause gehen, Texte verfassen, Mails beantworten und schlafen gehen.
Sheryl Sandberg saß andererseits auf einem Vulkan. Ihr AdWords-Supportteam aus vier Leuten konnte unmöglich den eingehenden Schwall von Arbeit, die AOL verursachte, bewältigen. Google-Anzeigen mussten nun die Redaktionsrichtlinien von AOL erfüllen und AOL war nicht bereit, Risiken in dem Maße einzugehen wie Larry Page. Sie wollten, dass jede Anzeige einzeln geprüft wurde, bevor sie angezeigt wurde. Wir hatten 100.000 Anzeigen in unserem System und jeder Tag, an dem sie nicht liefen, verloren wir Geld, das wir brauchten, um AOL zu bezahlen.
Sheryl hatte geplant, ihre Abteilungsstärke auf acht Vollzeitkräfte zu verdoppeln. Jetzt erkannte sie, dass sie 47 Mitarbeiter bräuchte – sofort. Und kurz darauf würde sie weitere 50 brauchen. An dem Tag, als das Geschäft bekannt wurde, gab Sheryl den Appell aus, dass freiwillige Helfer wenigstens zwei Wochen lang für 20 Stunden pro Woche Anzeigen prüften. Die Techniker zeigten einigen Widerwillen.
»Hat hier nicht jeder bereits einen Job zu tun?«, fragte einer, bevor er darauf hinwies, dass es ein Fehler war, die menschliche Seite des Systems zu erweitern. Mitarbeiter ergänzen, um größer zu werden, anstelle von Algorithmen und Hardware wäre ein Fehler. Salar sprang Sheryl bei und wies darauf hin, dass es eine große Liste von Tools wäre, die ergänzt werden müssten, und nicht jede Aufgabe automatisiert werden könnte. Abgesehen davon hatten Larry und Sergey die Idee von freiwilligen Helfern befürwortet. Wenige ließen sich überzeugen.
Faktisch ohne freiwillige Unterstützung griff Sheryl zu Plan B. Sie rief eine Agentur an und ließ sich 50 Aushilfskräfte schicken. Zwei Tage nachdem der Vertrag wirksam wurde, saßen Dutzende von Zeitarbeitskräften an Tischen in dem offenen Bereich, den wir für die TGIF-Meetings genutzt hatten. Alana Karen vom AdWords-Support stand vorne im Raum und ging Schritt für Schritt den Prozess durch, wie eine Anzeige freigegeben wird. Große Verwirrung kam auf. Die Aushilfen hatten keine Ahnung von Online-Anzeigen, waren mit unserem Freigabeprozess nicht vertraut und hatten wenig Computerbezug. Und die Software für das Freigabetool funktionierte kaum.
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