Google-Mitarbeiter Nr. 59
ihre Strichmännchen-Porträts schenkst, wurde zum Soundtrack meiner Präsentationen.
Manchmal waren die UI-Teammitglieder uneins, wodurch es leichter war, wach zu bleiben. Technik, Forschung und Marketing waren alle vertreten, aber die Allianzen wechselten. Ich fand mich oft in Übereinstimmung mit Bay wieder, der seine Dissertation über die Interaktion von Computer und Mensch geschrieben hatte, und mit Karen, die wusste, was für »Normalsterbliche« nützlich ist (will heißen User, die keinen höheren technischen Abschluss haben – oder, Gott bewahre, gar einen Doktortitel aus Stanford).
Auch mit Marissa war ich öfter einer Meinung, als dass wir uneins waren. Sie leitete sorgfältig Standpunkte ab, die auf Testdaten oder von unseren Logfiles – die automatisch generierten internen Berichte über die User-Interaktionen mit unseren Servern – gesammelten Daten basierten. »Als Urs mir die Verantwortung für UI übertrug«, erinnerte sie uns, »sagte er, dass wir keine Meinungen brauchen, sondern Fakten und Recherchen, um gute UI-Entscheidungen treffen zu können.«
Das Problem war nur, dass wir manchmal Fragen hatten, die uns die Daten nicht beantworten konnten. Sollten farbige Balken als Abschnittsüberschriften genutzt werden oder nur als Seitenüberschriften? Sollten wir runde Schaltknöpfe nehmen oder ein Pull-down-Menü? Sollten wir die Browser zwingen, serifenlosen Text anzuzeigen oder es unseren Usern erlauben, unsere Wahl mit ihren eigenen bevorzugten Schriften zu ersetzen? Strittige Themen, die plötzlich bösartig werden konnten.
»Die Menschen wollen die Menge der Ergebnisse einstellen, die sie auf ihre Suchanfrage hin erhalten. Das ist fragenspezifisch«, konnte eine Debatte beginnen. Und dann: »Jeder Idiot kann sehen, dass wir ihnen auf jeder Ergebnisseite die Wahl lassen müssen.«
»Du pfuschdurchlöchertes kaputtes Brainframe!« würde als Antwort kommen. »User wollen die Anzahl ihrer Ergebnisse einmal festlegen und es dann für alle Zeiten so lassen. Die Option, das zu verändern, sollte man ihnen nicht bei jeder Suche unter die Nase halten wie ein stinkendes Paar Socken.«
»Du ungepufferter Blödmann! Du verstehst nichts vom Online-Verhalten! Hast du jemals User-Centered System Design gelesen?«
»Nein, aber ich habe das User-Centered System deiner Mutter gelesen …«
Okay, so lief es nie ab. Stattdessen sahen wir uns an, wie andere Sites es handhabten, und stellten Hypothesen auf, was entsprechend unseren eigenen Erfahrungen am effizientesten war. Die Wahrheit konnte nicht objektiv und rational abgeleitet werden, bis wir tatsächlich eine Entscheidung getroffen und diese umgesetzt hatten. Wenn wir mit unserer Vermutung falschlagen, würden die User-Anfragen zurückgehen und die User-E-Mails zunehmen.
»Warum kann ich die angezeigte Schrift nicht ändern?«, wollten die Leute wissen. »Ist das hier nicht mehr Amerika?«
Arthur C. Clarke hat einmal gesagt: »Jede genügend fortgeschrittene Technik lässt sich von Magie nicht unterscheiden.« Unser Job beim UI-Team bestand darin, den Weg für das technische Wunder zu bereiten, das jedes Mal passierte, wenn jemand eine Suche durchführte – um Googles Interface übernatürlich einfach in der Anwendung zu machen. Die Auswahl, die wir trafen, mag nur zu offensichtlich aussehen, aber das ist ein Kennzeichen des Teamerfolgs. Wir versuchten nicht, die User mit irgendetwas Auffälligem oder Wichtigtuerischem abzulenken oder sie dem Weg der blinkenden Farben und grellen Anzeigen folgen zu lassen oder anderem Hokuspokus. Stattdessen präsentierten wir wohldurchdachten, unbefleckten Raum mit nichts in petto als einem unvergleichlichen Talent, Hasen aus dem Zylinder des Internets zu zaubern. Vorausgesetzt, Sie sind auf der Suche nach Hasen.
Das UI-Team wuchs schnell. Jeder wollte das öffentliche Gesicht von Google verbessern. Wir spalteten eine FrontEnd-Produktionsgruppe ab, die sich mit Implementierungsthemen beschäftigte, damit wir uns weiterhin auf die allgemeine Designphilosophie konzentrieren konnten. Schwim richtete für das Front-End-Team ein UI-Labor ein. Dort gab es ein Dutzend verschiedene Computer und Browserkonfigurationen und sogar eine WebTV-Einheit, damit wir eine Wiederholung des AOL-Verdana-Fehltritts vermieden. Aber obwohl wir mehr Techniker, Designer und UI-Spezialisten hinzunahmen, blieb ich der einzige anwesende Schriftsteller.
Obwohl ich nie unter die Motorhaube schauen und die Programmbasis neu ausstatten
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