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Gottes Werk und Teufels Beitrag

Gottes Werk und Teufels Beitrag

Titel: Gottes Werk und Teufels Beitrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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oder ein wenig zu ernst, war er doch zumindest nicht verbissen bei all seinem Ehrgeiz, und die Jungen vom Haven-Club machten neben ihm den Eindruck von Tennisplatz-Dandys und verwöhnten Oberschicht-Laffen.
    Candy hatte die Blondheit ihrer Mutter; diese war dunkler als Wallys Blondheit – und viel dunkler als die ihrer Mutter und als Olive Worthingtons ehemalige Blondheit. Sie hatte den dunklen Teint und die dunkelbraunen Augen ihres Vaters und seine Statur. Ray Kendall war ein großer Mann (ein Nachteil für einen Hummerfischer und Mechaniker, pflegte er launig zu sagen, wegen der Rückenbelastung beim Aufziehen der Hummerreusen – man muß viel heben bei dieser Arbeit – und weil ein Mechaniker dauernd unter die Dinge kriechen oder sich über sie beugen muß). Candy war extrem groß für eine Frau, was Olive Worthington – ein klein wenig – einschüchterte, von Olive jedoch als nur geringfügiger Makel in ihrer nahezu vollkommenen Zufriedenheit mit Candy Kendall als der richtigen Wahl für Wally empfunden wurde.
    Olive Worthington war selbst ziemlich groß (größer als Senior, besonders wenn Senior wankte), und irgendwie blickte sie unfreundlich auf jeden, der größer war als sie. Auch ihr Sohn Wally war größer als sie, was Olive manchmal immer noch schwierig fand – besonders wenn sie ihn maßregeln wollte.
    »Ist Candy eigentlich größer als du, Wally?« fragte sie ihn einmal mit plötzlicher Unruhe in der Stimme.
    »Nein, Mom, wir sind genau gleich groß«, sagte Wally zu seiner Mutter. Und noch etwas störte sie am Zusammensein der beiden: Sie schienen sich körperlich so gleich. War ihre gegenseitige Faszination nicht eine Art Narzißmus? sorgte sich Olive. Und da ja beide Einzelkinder waren, sahen sie ineinander vielleicht den Bruder oder die Schwester, die sie sich immer gewünscht hatten? Wilbur Larch hätte sich gut vertragen mit Olive Worthington: sie war die geborene Sorgenmacherin. Zusammen hätten sie den Rest der Welt im Besorgtsein ausgestochen.
    Gemeinsam war ihnen auch die Vorstellung, daß es einen »Rest der Welt« gab, womit sie den ganzen Rest der Welt meinten – die Welt außerhalb des von ihnen selbst Geschaffenen. Beide waren sie klug genug, um zu wissen, warum sie diese andere Welt so sehr fürchteten: Sie hatten erkannt, daß sie beim besten Willen nur eine schwache Kontrolle über die gefährdeten, von ihnen selbst geschaffenen Welten ausüben konnten.
    Als Candy Kendall und Wally Worthington sich ineinander verliebten, damals im Sommer 194–, hatte jeder in Heart’s Haven und in Heart’s Rock schon immer gewußt, daß das passieren würde – es war ein Wunder, daß sie so lange gebraucht hatten, bis sie selbst darauf kamen. Seit Jahren hatten beide Städte sie als füreinander geschaffen angesehen. Sogar der bärbeißige Raymond Kendall war einverstanden. Ray fand, daß Wally ziellos sei, was nicht dasselbe war wie faul, und schließlich sah jeder, daß der Junge gutmütig war. Ray war auch mit Wallys Mutter einverstanden; er hatte eine tiefe Sympathie für die Art, wie Olive Worthington die Arbeit hochhielt.
    Alle bedauerten, wie weit abseits von alledem der arme Senior zu stehen schien, wie sehr seine Trinkerei (so dachten sie) ihn über Nacht hatte altern lassen. »Nicht mehr lange, Alice, und der Kerl wird sich in aller Öffentlichkeit in die Hose pissen«, sagte der taktlose Bucky Bean zu Olive.
    Und Candy fand, daß Olive Worthington eine perfekte Schwiegermutter sein würde. Wenn Candy von ihrer eigenen Mutter träumte – älter geworden, als sie in diesem Leben hatte werden dürfen, und auf natürliche Weise gealtert in einer besseren Welt –, dachte sie immer, daß ihre Mutter im Alter Olive Worthington hätte gleichen müssen. Candy hoffte zumindest, daß ihre Mutter es zu Olives Vervollkommnung gebracht hätte, wenn auch vielleicht nicht zu ihrem am College erlernten Neubritisch. Candy würde voraussichtlich in einem Jahr aufs College gehen, und sie hatte nicht die Absicht, sich dort einen Akzent anzueignen. Aber abgesehen vom Akzent, fand Candy Olive Worthington wundervoll; sie war traurig über Senior, doch der Mann war gewiß ganz reizend.
    Mithin war jeder glücklich über diese Liebesgeschichte, aus der eine im Himmel geschlossene Ehe werden würde – so gewiß, wie nur je aus einer Liebesgeschichte, die man in Heart’s Haven und in Heart’s Rock gesehen hatte. Es war ausgemacht, daß Wally zuerst das College abschließen würde und daß Candy das

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