Gottessoehne
Samsaveel.«
Sam entgegnete scharf: »Aber ich mit dir. Du weißt, dass du meinen Kräften nicht gewachsen bist, also wirst du uns in Ruhe ziehen lassen.«
»Nein! Du bleibst wo du bist!«
Kate hob ihre Stirn von Sams Schulter und blickte durch die mit Baugerüsten verpackten Gebäude, in Richtung Horizont. Ein sanftes Schimmern im Osten verriet, dass ein neuer Tag geboren wurde. Langsam machte sie einen Schritt nach rechts, löste sich aus Sams Umarmung und stellte sich dicht an seine Seite. Sie riskierte einen Blick auf die beiden Dämoninnen. Ihr Puls beschleunigte sich, ihre Kehle wurde eng. Lilith hielt die rotblonde Naamah am Handgelenk, die Augen wie gebannt auf Sam gerichtet.
Sie fürchtet sich.
Diese Erkenntnis ließ Kates Puls etwas ruhiger werden. Auch auf Naamahs hübschem Modelgesicht war eindeutig Angst zu erkennen. Sie begann, sich unter dem festen Griff ihrer Herrin zu winden und warf ihr einen flehenden Blick zu. Lilith verzerrte ihre Lippen zu einem bösen Grinsen und zerrte die schöne Dämonin vor sich. »Jetzt ist es an dir, Naamah, ein Opfer zu bringen.« »Nein, ich will nicht!« Naamah versuchte, ihr Handgelenk aus dem festen Griff zu befreien, leider vergeblich. Ein Beben durchlief ihren makellosen Körper und auf ihrem roten Mund bildete sich weißer Schaum. Die Fürstin der Finsternis griff mit der freien Hand nach dem Amulett um ihren Hals, riss es in die Höhe und begann wieder in der fremden Sprache zu singen.
Aus Sams Gesicht wich jede Farbe. »Oh nein«, stammelte er entsetzt. »Kate, los stell dich hinter mich. Du musst unbedingt hinter meinen Flügeln Schutz suchen. Sie ist gerade dabei, eine Katastrophe biblischen Ausmaßes herauf zu beschwören. Und schließe um Himmels willen deine Augen und halte sie geschlossen.«
»Aber warum, was passiert hier?«
»Tue es einfach, ich habe jetzt keine Zeit für Erklärungen.« Die mächtigen Schwingen bauten sich wie eine Schutzwand vor ihr auf. »Lilith, was du da tust, ist Wahnsinn. Du zerstörst das Gleichgewicht. Was du vorhast, kann das Ende für uns alle bedeuten.«
Lilith ließ sich nicht beirren und ihr Gesang schwoll weiter an, um abrupt zu enden. »Ruf deinen Geliebten herbei, Naamah.« Das silberne Amulett sauste mit voller Wucht auf Naamahs Stirn nieder. Sie heulte vor Schmerz wild auf. Ihr Körper wurde von wilden Zuckungen geschüttelt, die Augen waren weit aufgerissen, Blut tropfte aus ihnen und aus ihrem sonst so sinnlichen Mund, der nun über und über mit Schaum bedeckt war, erklang ein langer schmerzerfüllter Ruf. »Azazel!« Der Anblick dieses zuckenden, blutenden Wesens war entsetzlich.
Voller Ekel zog Kate den Kopf zurück und lehnte ihre Stirn gegen die warmen pulsierenden Goldflügel. Nach dem unmenschlichen Schrei begann die rotblonde Dämonin sich aufzulösen. Erst verlor das ebenmäßige Gesicht seine Kontur, als würde es aus weichem Wachs bestehen, dann wurde die Silhouette ihres Körpers immer formloser und zerfloss auf der blanken Erde. Kate biss die Zähne zusammen, grub ihre Fingernägel tief in ihre Handflächen und glaubte, ihr Herz würde jeden Moment von seinem wilden Pochen zerbersten. Die Augenlider hatte sie fest zusammengepresst. Dann, einen Herzschlag lang, legte sich eine tödliche Stille über Ground Zero. Die Zeit schien still zu stehen und die Welt hielt den Atem an. Ein schwaches Beben war zu spüren. Die umstehenden Baukrane erzitterten leicht. Das Beben wurde stärker und das Ächzen der Baukrane, antwortete wie ein Echo. Kates Fingernägel bohrten sich noch tiefer in das weiche Fleisch ihrer Hände.
Die aufgehende Sonne tauchte das Baugelände allmählich in sanftes Morgenlicht. Ein wachsendes Rumoren aus Liliths Richtung wurde stärker und stärker. Kate blinzelte und versuchte, an Sams Flügel vorbei, die Quelle des Geräuschs zu entdecken. »Bleib wo du bist«, herrschte Sam sie an. Er hatte sich geduckt, jede Muskelfaser angespannt und die Hände fest auf den Boden gestemmt, als erwartete er einen Sturm ungeahnten Ausmaßes.
Die goldenen Flügel hatte er nun noch dichter um Kate geschlungen und sie presste sich gegen dieses Schutzschild. Das Rumoren schwoll zu einem gewaltigen Dröhnen an, wie Steine, die sich mit unendlicher Kraft aneinander zerreiben. Plötzlich Knarren, Zischen und Stöhnen als wollte die Erde auseinanderreißen. Eine schwarze Rauchfontäne schoss aus dem Boden, an dem sich bis eben noch die Überreste von Naamah befunden hatten, stieg immer weiter hinauf,
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