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Grant County 05 - Gottlos

Grant County 05 - Gottlos

Titel: Grant County 05 - Gottlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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mich?»
    «Ich stehe in der Einfahrt.»
    Sie ging ans Fenster und sah den weißen Streifenwagen vor dem Haus. «Ich muss mich nur schnell umziehen.»

    Lena saß auf dem Beifahrersitz und ließ den Blick über die vorbeiziehende Landschaft schweifen, während Jeffrey einer Schotterstraße am Stadtrand folgte. Grant County setzte sich aus drei Städten zusammen: Heartsdale, Madison und Avondale. Heartsdale, wo das College seinen Sitz hatte, war der reichste Ort des Countys, und den großen Südstaatenvillen und hübschen Lebkuchenhäuschen sah man den Wohlstand auch an. Im Vergleich dazu machte Madison den Eindruck der bescheidenen, wenn nicht schäbigen Kleinstadt, und Avondale schließlich war ein richtiges Drecksnest, seit die Army ihren Stützpunkt dort aufgegeben hatte. Lena und Jeffrey hatten nun das zweifelhafte Vergnügen, Avondale einen Besuch abzustatten. Jeder Polizist fürchtete, in diese Ecke des Countys gerufen zu werden, wo Armut und Hass die Atmosphäre vergifteten.
    Jeffrey fragte: «Warst du schon mal so weit hier draußen?»
    «Ich wusste nicht mal, dass es hier Häuser gibt.»
    «Als ich das letzte Mal da war, standen die noch nicht.» Jeffrey reichte ihr eine Mappe, an der ein Zettel mit der Wegbeschreibung hing. «Welche Straße suchen wir?»
    «Plymouth», las sie. Oben auf dem Zettel stand ein Name. «Ephraim Bennett?»
    «Anscheinend der Vater.» Jeffrey fuhr langsamer, um ein verblichenes Straßenschild zu entziffern. Bei näherem Hinsehen wirkte es selbstgemacht, als hätte es jemand nach einem Bausatz aus dem Eisenwarengeschäft gezimmert.
    «Nina Street», las Lena und fragte sich, wann all diese Straßen angelegt worden waren. Nachdem sie fast zehn Jahre Streife gefahren war, hatte sie angenommen, ihr County bestens zu kennen. Doch wenn sie sich hier umsah, hatte sie das Gefühl, sich auf unbekanntem Terrain zu bewegen.
    «Gehört die Gegend überhaupt noch zu Grant County?»
    «Wir bewegen uns genau auf der Grenze», erklärte Jeffrey. «Links ist Catoogah County, rechts ist Grant.»
    Wieder fuhr er langsamer, um ein Straßenschild zu lesen. «Pinta Street», las Lena vor. «Wer hat die Anzeige angenommen?»
    «Ed Pelham.» Jeffrey spuckte den Namen aus. Catoogah County war halb so groß wie Grant, und es gab nur einen Sheriff und vier Hilfssheriffs. Der alte Joe Smith, ein freundlicher, großväterlicher Kerl, der den Sheriffstern über dreißig Jahre getragen hatte, war vor einem Jahr mitten in einer Ansprache vor dem Rotary Club einem Herzanfall erlegen, womit er ein hässliches politisches Duell zwischen zweien seiner Stellvertreter ausgelöst hatte. Die Wahl ging so knapp aus, dass der Gewinner nach County-Gesetz durch das Werfen einer Münze bestimmt werden musste. Ed Pelham hatte den Posten schließlich mit dem Beinamen «Pfennigfuchser» angetreten, was nicht nur auf das Verfahren, das zu seiner Wahl geführt hatte, anspielte. Er war nicht nur ein Glückspilz, sondern auch ein Faulenzer, und hatte keinerlei Probleme damit, andere Leute seine Arbeit machen zu lassen, solange er die Lorbeeren und die Schecks dafür einsammelte.
    Jeffrey sagte: «Einer der Deputys hat die Vermisstenanzeige gestern Abend entgegengenommen. Als sie in Catoogah gemerkt haben, dass sie nicht zuständig sind, haben sie die Sache einfach bis heute Morgen liegenlassen.»
    «Hat Ed dich angerufen?»
    «Ed hat die Familie angerufen und ihnen gesagt, sie sollen sich bei uns melden.»
    «Wie reizend», sagte Lena. «Wusste er von unserer Jane Doe?»
    Jeffrey drückte sich diplomatischer aus, als Lena es fertiggebracht hätte: «Der Vollidiot würde nicht mal mitkriegen, wenn sein eigener Arsch brennt.»
    Sie lachte schnaubend. «Wer ist Lev?», fragte sie dann.
    «Was?»
    «Der Name hier.» Sie zeigte auf den Zettel. «Du hast Lev darunter geschrieben und unterstrichen.»
    «Mhm.» Jeffrey war damit beschäftigt, das nächste Straßenschild zu entziffern, und hörte ihr gar nicht zu.
    «Santa Maria», las Lena und erinnerte sich dunkel, dass sie die Namen der Schiffe in der Schule gelernt hatte. «Was ist das hier, so eine Art Pilgersiedlung?»
    «Die Pilger sind mit der
Mayflower
gekommen.»
    «Ach ja», sagte Lena. Nicht umsonst hatte ihre Vertrauenslehrerin sie darauf hingewiesen, dass nicht jeder an die Uni müsse.
    «Mit der
Nina
, der
Pinta
und der
Santa Maria
ist Kolumbus unterwegs gewesen.»
    «Ach ja, stimmt.» Sie spürte Jeffreys Blick, der sich wahrscheinlich fragte, ob sie überhaupt ein Hirn

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