Grant County 05 - Gottlos
besaß. «Kolum bus .»
Glücklicherweise wechselte Jeffrey das Thema. «Lev war der, der heute Morgen angerufen hat.» Er fuhr schneller. Der Schotter unter den Reifen spritzte auf, und im Rückspiegel sahLena eine Staubwolke hinter ihnen. «Ihr Onkel. Als ich zurückgerufen habe, war ihr Vater dran.»
«Der Onkel, was?»
«Ja», sagte Jeffrey. «Den nehmen wir unter die Lupe.» Er bremste, als die Straße eine scharfe Linkskurve machte und in einer Sackgasse endete.
«Plymouth», sagte Lena und zeigte auf einen schmalen Feldweg, der rechts abging.
Jeffrey legte den Rückwärtsgang ein, um zu wenden. «Ich habe die Namen durch den Computer laufenlassen.»
«Hast du was gefunden?»
«Der Vater hat vor zwei Tagen einen Strafzettel in Atlanta bekommen.»
«Schönes Alibi.»
«Nach Atlanta ist es nicht weit», entgegnete Jeffrey. Dann fragte er: «Wer zum Teufel wohnt freiwillig hier draußen?»
«Ich bestimmt nicht», versicherte Lena. Sie blickte hinaus auf die sanften Hügel. Kühe grasten auf der Weide, und ein paar Pferde preschten am Horizont entlang wie in einem Film. Für manche Menschen musste das hier das Paradies sein, doch Lena brauchte mehr zum Glücklichsein als tagaus, tagein Kühe.
«Seit wann wird das Land hier bebaut?», fragte Jeffrey.
Lena betrachtete die Äcker auf seiner Seite des Feldwegs, endlose Reihen von Pflanzen, die zu einer riesigen Farm gehörten. «Sind das Erdnüsse?», fragte sie.
«Dafür sind sie ein bisschen zu hoch.»
«Was wächst denn hier sonst noch?»
«Republikaner und Arbeitslosigkeit», antwortete er trocken. «Das Land muss einer Genossenschaft gehören. Heutzutage kann sich kein Privatmann leisten, eine Farm in dieser Größe zu betreiben.»
«Du hast recht.» Lena zeigte auf ein Schild an einer gewundenen Einfahrt, die zu mehreren Wirtschaftsgebäuden führte. Ineleganten goldenen Lettern stand dort: «Holy Grown Soy Cooperative». Darunter stand in kleinerer Schrift: «Genossenschaft von 1981».
«Eine Art Hippie-Kommune?», fragte Lena.
«Wer weiß.» Jeffrey kurbelte das Wagenfenster hoch. Es stank nach Dung. «Ich würde eingehen, wenn ich hier in der Gegend wohnen müsste.»
Jeffrey bremste. «Ist die Farm überhaupt auf der Karte eingezeichnet?»
Lena holte den spiralgebundenen Atlas von Grant County aus dem Handschuhfach. Sie fing an, nach Avondale zu suchen, doch Jeffrey dauerte es zu lange. «Wir fragen hier», entschied er und fuhr die Einfahrt hinauf. Eine der Seiten, die Lena an ihrem Boss gefielen, war, dass er sich traute, nach dem Weg zu fragen. Greg war genauso gewesen – meistens war es Lena, die unbedingt auf gut Glück noch ein paar Kilometer weiterfahren wollte.
Die Auffahrt zur Scheune war so breit wie eine zweispurige Straße, und auf beiden Seiten waren tiefe Fahrrillen. Wahrscheinlich fuhren schwere Lastwagen hier ein und aus, um die Sojabohnen oder was auch immer hier angepflanzt wurde, abzuholen. Lena hatte keine Ahnung, wie Soja aussah, aber sie nahm an, dass man eine Menge davon ernten musste, bis man einen ganzen Lastwagen damit füllen konnte.
Jeffrey stellte den Motor ab und riss die Handbremse hoch. Sie spürte, dass er genervt war, aber sie konnte nicht sagen, ob es daran lag, dass sie sich verfahren hatten, oder daran, dass er die Familie noch länger warten ließ. Aus jahrelanger Erfahrung wusste Lena, dass Jeffrey unangenehme Dinge gerne so schnell wie möglich hinter sich brachte, es sei denn, taktische Gründe sprachen dagegen.
Sie stiegen aus und gingen um die große rote Scheune herum. Dahinter hatte sich eine kleinere Gruppe von Arbeitern versammelt. Ein sehniger alter Mann schien ihnen die Leviten zu lesen,seine Stimme war selbst aus zwanzig Metern Entfernung laut und deutlich zu hören.
«Faulheit ist eine Sünde vor dem Herrn!», brüllte er und hielt einem jüngeren Mann den Zeigefinger vors Gesicht. «Deine Schwachheit hat uns die Arbeit eines ganzen Vormittags gekostet!»
Der Angesprochene blickte zerknirscht zu Boden. Zwischen den Männern standen zwei junge Frauen, beide weinten.
«Schwäche und Gier!», schrie der alte Mann. Seine Stimme war voller Zorn, und er klang, als ob er hier das Jüngste Gericht verkündete. Er hatte eine Bibel dabei, die er wie eine Fackel in die Höhe hielt, als wollte er den Sündern den Weg zum wahren Glauben leuchten. «Eure Schwäche wird euch zu Fall bringen!», rief er. «Der Herr wird euch prüfen, und ihr müsst stark sein!»
«Großer Gott», murmelte Jeffrey,
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