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Grant County 05 - Gottlos

Grant County 05 - Gottlos

Titel: Grant County 05 - Gottlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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steilen Hügels erreichten, fuhr Jeffrey langsamer. Drei Ziegen standen in der Auffahrt, und er hupte, um sie zu verscheuchen. Mit bimmelnden Glocken verzogen sie sich in einen Verschlag. Vor einem Schweinestall standen ein Mädchen und ein kleiner Junge, die zusammen einen Eimer Wasser hielten. Das Mädchen trug ein Kittelkleid, der Junge eine Latzhose ohne Hemd und ohne Schuhe. Mit großen Augen starrten sie dem Wagen nach, und Lena spürte, wie sich die Haare auf ihrem Unterarm aufrichteten.
    Jeffrey murmelte: «Wenn jetzt noch jemand das Banjo rausholt, mache ich die Fliege.»
    «Ich bin dabei», stimmte Lena zu und seufzte erleichtert, als endlich ein Stück Zivilisation vor ihnen auftauchte.
    Das Wohnhaus war ein schlichter Holzbau mit zwei Mansardenfenstern im Spitzdach. Die Schindeln waren frisch gestrichen und gut erhalten. Ohne den heruntergekommenen Pritschenwagen vor der Haustür hätte es ebenso gut das Haus eines College-Professors drüben in Heartsdale sein können. Auf der Veranda standen Blumentöpfe, und der Plattenweg zur Haustür war von Rabatten gesäumt. Als sie aus dem Wagen stiegen, bemerkte Lena eine Frau hinter der Fliegengittertür. Sie rang die Hände vor der Brust, und Lena nahm an, dass es sich um die Mutter des vermissten Mädchens handelte.
    Jeffrey murmelte: «Das wird nicht leicht», und nicht zum ersten Mal war Lena froh, dass das Überbringen schlechter Nachrichten sein Job war, nicht ihrer.
    Sie schloss die Wagentür und legte die Hand auf die Motorhaube, als ein Mann aus dem Haus trat. Lena hätte erwartet, dass die Frau ihm folgte, doch stattdessen humpelte ein alter Mann hinter ihm her.
    «Chief Tolliver?», fragte der Jüngere der beiden. Er hatte rotes Haar, allerdings ohne die sonst damit einhergehenden Sommersprossen. Seine Haut war blass, und seine grünen Augen leuchtetenin der Morgensonne so intensiv, dass Lena die Farbe selbst aus drei Meter Entfernung erkennen konnte. Eigentlich war er attraktiv, zumindest wenn man auf rothaarige Typen stand, aber mit dem kurzärmeligen Button-down-Hemd, das ordentlich in seiner Khakihose steckte, sah er aus wie ein Mathelehrer.
    Aus irgendeinem Grund schien Jeffrey sein Anblick zu irritieren, doch er hatte sich schnell wieder im Griff. «Mr. Bennett?»
    «Ich bin Lev Ward», erklärte der Mann. «Das ist Ephraim Bennett, Abigails Vater.»
    «Oh», sagte Jeffrey überrascht. Trotz Baseballkappe und Latzhose sah Ephraim Bennett aus wie achtzig, etwas alt für den Vater einer zwanzigjährigen Tochter. Doch er war schlank, und seine Augen waren hellwach, und auch wenn seine Hände stark zitterten, machte er nicht den Eindruck, als ob ihm viel entging.
    Jeffrey sagte: «Es tut mir sehr leid, dass wir uns unter diesen Umständen kennenlernen.»
    Dem Muskelzittern zum Trotz schüttelte Ephraim Jeffrey energisch die Hand. «Danke, dass Sie das selber in die Hand nehmen, Sir.» Er hatte eine kräftige Stimme, und er sprach mit einem Südstaatenakzent, wie Lena ihn nur noch aus Hollywoodfilmen kannte. Er begrüßte Lena, indem er sich an den Mützenschirm tippte. «Ma’am.»
    Lena nickte ihm zu, ohne Lev aus den Augen zu lassen, der hier offenbar das Sagen hatte, obwohl er wahrscheinlich dreißig Jahre jünger war.
    Ephraim sagte zu Jeffrey: «Und danke, dass Sie so schnell gekommen sind.» Lena hätte die Reaktion der Polizei nicht gerade als schnell bezeichnet. Der Anruf war gestern Abend gekommen. Wäre Jeffrey und nicht Ed Pelham am Apparat gewesen, wären sie sofort zu den Bennetts rausgefahren, anstatt damit bis zum nächsten Tag zu warten.
    Jeffrey entschuldigte sich: «Leider musste erst die Zuständigkeit geklärt werden.»
    «Das ist meine Schuld», sagte Lev. «Die Farm drüben gehört zu Catoogah County. Ich habe wohl einfach nicht nachgedacht.»
    «Das hat keiner von uns», beschwichtigte Ephraim.
    Lev senkte demütig den Kopf.
    Jeffrey sagte: «Wir haben auf der Farm nach dem Weg gefragt. Da war ein Mann, ungefähr Mitte sechzig, eher klein –»
    «Cole», erklärte Lev. «Unser Vorarbeiter.»
    Jeffrey wartete, wahrscheinlich hoffte er auf weitere Informationen. Als nichts kam, fügte er hinzu: «Er hat uns den Weg zu Ihnen beschrieben.»
    «Es tut mir leid, dass ich mich nicht klarer ausgedrückt habe», entschuldigte sich Lev. Dann schlug er vor: «Wollen wir reingehen und mit Esther sprechen?»
    «Ihre Schwägerin?», fragte Jeffrey.
    «Meine kleine Schwester», berichtigte Lev. «Ich hoffe, es stört Sie nicht, wenn mein

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