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Grant County 05 - Gottlos

Grant County 05 - Gottlos

Titel: Grant County 05 - Gottlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Inneren stand der Zigarettenrauch wie eine Wand, und Jeffrey musste sich überwinden einzutreten. Die Musik war so laut, dass er die Vibrationen in den Zähnen spürte. Die Luft war unangenehm feucht und die Atmosphäre klaustrophobisch. Decke und Boden waren in einem matten Schwarz gestrichen, die Stühle und die Nischen um die Bühne sahen aus wie aus einem Diner vor fünfzig Jahren. Der Gestank von Schweiß, Pisse und noch Schlimmerem stach ihm in die Nase. Der Boden war klebrig – vor allem in der Mitte, um die Bühne herum.
    Etwa ein Dutzend Kerle unterschiedlichen Alters, Typs und Statur standen um die Bühne herum. Die meisten hatten die Ellbogen auf das Podest gestützt, auf dem eine junge Frau in einem fast unsichtbaren Tanga oben ohne tanzte. Zwei Männer, denen die Bierbäuche über die Jeans hingen, standen an einem Ende der Bar vor einer Reihe leerer Schnapsgläser. Jeffrey riskierte einen Blick und sah im Spiegel hinter der Bar, wie sich das Mädchen auf der Bühne rhythmisch an einen Pfosten schmiegte. Sie war dünn und knabenhaft und hatte jenen typischen Ausdruck in den Augen, den Stripperinnen als Erstes zu lernen schienen: «Ich bin nicht hier. Ich mache das hier nicht wirklich.» Irgendwo hatte sie einen Vater. Vielleicht war er sogar der Grund, warumsie hier war. Es musste ziemlich mies zu Hause sein, wenn das hier der Ort war, an dem ein junges Mädchen Zuflucht suchte.
    Der Barmann hob das Kinn, und Jeffrey erwiderte den Gruß, hielt zwei Finger hoch und rief: «Rolling Rock.»
    Auf seiner Brust prangte ein Namensschild mit «Chip». Chip machte beim Bierzapfen den Eindruck, er würde es sich am liebsten herunterreißen und den Laden im nächsten Moment verlassen. Als er die beiden Gläser schlechtgelaunt auf die Bar knallte, lief der Schaum über. Im gleichen Moment wurde die Musik so laut, dass Jeffrey nicht einmal verstand, was das Bier kostete. Er warf einen Zehndollarschein auf den Tresen und fragte sich, ob er was rausbekam.
    Jeffrey drehte sich um und musterte die wenigen Besucher. In Birmingham war er mit seinen Kollegen in einer ganzen Reihe von Tittenbars gewesen. Die Stripclubs waren die einzigen Lokale, die noch offen hatten, wenn ihre Schicht zu Ende war. Nur dort bekamen sie das Bier, das sie brauchten, um runterzukommen, ein bisschen zu reden, den Geruch der Straße loszuwerden. Die Frauen in Birmingham hatten allerdings gesünder ausgesehen, nicht so jung und nicht so unterernährt, dass man aus zehn Meter Entfernung ihre Rippen zählen konnte.
    Diesen Orten haftete immer der Geschmack der Verzweiflung an, der sowohl von den Typen ausging, die hinauf zur Bühne starrten, als auch von den Mädchen, die oben tanzten. In einer dieser Nächte in Birmingham war, als Jeffrey gerade nebenan pinkelte, eine der Tänzerinnen in der Umkleide angegriffen worden. Er war dazwischengegangen und hatte den Kerl von ihr runtergezerrt. In den Augen der Frau hatte er unverhohlenen Ekel gesehen – nicht nur für den Mann, der sie beinahe vergewaltigt hätte, sondern auch für ihn. Als sich die anderen Mädchen halbbekleidet hereindrängten, hatten sie ihn mit dem gleichen Blick angestarrt. Ihre Feindseligkeit, dieser beißende Hass hatte ihn tief getroffen. Jeffrey hatte das Lokal nie wieder betreten.
    Lena war am Eingang stehengeblieben, um die Zettel am Schwarzen Brett zu lesen. Als sie den Raum durchquerte, starrte ihr jeder einzelne Mann hinterher, wenn nicht direkt, dann in einem der vielen Spiegel. Selbst die Tänzerin auf der Bühne schien neugierig zu werden und kam beinahe aus dem Rhythmus, während sie sich um die Stange drehte. Wahrscheinlich wollte sie wissen, ob sie Konkurrenz bekam. Lena ignorierte die Männer, doch Jeffrey sah es: die Augen, die über ihren Körper wanderten, eine Vergewaltigung mit Blicken. Er ballte die Fäuste, aber als Lena das sah, schüttelte sie den Kopf.
    «Ich gehe nach hinten und höre mich bei den Mädchen um.»
    Jeffrey nickte, dann drehte er sich zu seinem Bier um. Auf dem Tresen lagen zwei Dollar und ein paar Münzen, von Chip war nichts zu sehen. Jeffrey nahm einen Schluck, hätte das lauwarme Gesöff aber beinahe wieder ausgespuckt. Entweder streckten sie das Bier im Pink Kitty mit Spülwasser, oder sie hatten den Zapfhahn an einen alten Gaul angeschlossen.
    «’tschuldigung», lallte ein Fremder, der Jeffrey angerempelt hatte. Jeffrey fasste instinktiv nach seiner Geldbörse, sie war noch da.
    «Bist du von hier?», fragte der Fremde hinter

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