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Grant County 05 - Gottlos

Grant County 05 - Gottlos

Titel: Grant County 05 - Gottlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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ihm.
    Jeffrey ignorierte ihn; kein guter Ort zum Anbandeln, dachte er.
    «Ich bin von hier», sagte der Mann, der bereits kräftig Schlagseite hatte.
    Schließlich drehte sich Jeffrey zu ihm um. Der Kerl war vielleicht eins siebzig groß und hatte dünnes blondes Haar, das er seit Wochen nicht gewaschen hatte. Sturzbesoffen klammerte er sich mit einer Hand an die Bar, die andere streckte er in die Luft, um die Balance zu halten. Seine Fingernägel waren schwarz, seine Haut blassgelb.
    Jeffrey fragte: «Kommst du öfter her?»
    «Jeden Abend», sagte er lächelnd, wobei ihm ein einzelner schiefer Zahn aus dem Mund stand.
    Jeffrey holte das Foto von Abigail Bennett aus der Tasche. «Erkennst du diese Frau?»
    Der Kerl starrte das Foto an und leckte sich die Lippen. Er schwankte bedrohlich. «Sie ist hübsch.»
    «Sie ist tot.»
    Er zuckte die Achseln. «Trotzdem hübsch.» Er zeigte mit dem Kinn auf die zwei Gläser. «Trinkst du das allein?»
    «Bedien dich», sagte Jeffrey und rutschte ein Stück die Bar hinunter, weg von dem Kerl. Offenbar wollte er nur an seinen nächsten Drink kommen. Jeffrey kannte diesen gierigen Blick nur zu gut. Er hatte ihn in den Augen seines Vaters gesehen, jeden Morgen, an dem Jimmy Tolliver sich aus dem Bett gequält hatte.
    Lena kam zurück an die Bar. Ihr Gesichtsausdruck beantwortete seine Frage. «Hinten ist nur eine», erklärte sie. «Wenn du mich fragst, ist sie von zu Hause ausgerissen. Ich habe ihr meine Karte gegeben, aber ich glaube kaum, dass die sich meldet.» Sie warf einen Blick hinter den Tresen. «Wo ist denn der Barmann hin?»
    Jeffrey riet: «Zum Manager, um zu melden, dass die Cops da sind?»
    «So viel zum sanften Auftritt», bemerkte Lena.
    Jeffrey hatte hinter der Bar eine Tür entdeckt und nahm an, dass Chip durch sie verschwunden war. Neben der Tür hing ein großer Spiegel, der dunkler war als die anderen. Wahrscheinlich saß der Besitzer oder Manager auf der anderen Seite und beobachtete sie in diesem Moment.
    Jeffrey klopfte gar nicht erst an. Die Tür war zwar abgeschlossen, doch ein kräftiger Stoß genügte, und sie gab nach.
    «Hey!», rief Chip und wich mit erhobenen Händen an die Wand zurück.
    Der Mann hinter dem Schreibtisch zählte Geld. Mit einer Hand ging er die Scheine durch, mit der anderen tippte er in eine Rechenmaschine. «Was wollen Sie?», fragte er, ohne aufzublicken. «Mein Lokal ist sauber. Sie können jeden hier fragen.»
    «Das weiß ich», erwiderte Jeffrey und zog Abigails Foto aus der Hosentasche. «Ich will nur wissen, ob Sie dieses Mädchen hier gesehen haben.»
    Der Mann sah immer noch nicht auf. «Nie gesehen.»
    Lena knurrte: «Wollen Sie hinsehen und dann nochmal antworten?»
    Jetzt sah er tatsächlich auf. Ein Grinsen spreizte seine feuchten Lippen, und er nahm die Zigarre aus dem Aschenbecher vor ihm und kaute darauf herum. Als er sich zurücklehnte, ächzte der Sessel wie eine alte Hure. «Welch Glanz in meiner bescheidenen Hütte.»
    «Sehen Sie sich das Foto an», wiederholte Lena und warf einen Blick auf das Namensschild, das auf dem Schreibtisch stand. «Mr. Fitzgerald.»
    «Albert», sagte er und nahm Jeffrey das Foto ab. Er betrachtete das Bild, sein Lächeln wurde blasser, dann gab er das Foto zurück. «Sieht tot aus.»
    «Gut geraten», sagte Lena. «Wo wollen Sie hin?»
    Jeffrey hatte im Augenwinkel gesehen, dass Chip sich in Richtung einer Tür weiter hinten vorarbeitete, doch Lena hatte ihn zuerst erwischt.
    Chip stotterte: «N-nirgendwohin.»
    «Dabei sollten Sie auch bleiben», warnte Jeffrey. Im Bürolicht entpuppte sich der Barmann als schmächtiger Kerl, der vermutlich ein ernstes Drogenproblem hatte, das ihn vom Essen abhielt. Sein Haar war kurz, und er war glatt rasiert, aber er sah trotzdem irgendwie verwahrlost aus.
    Albert sagte: «Willst mal gucken, Chippie?» Er hielt ihm das Bild hin, doch der Barmann nahm es nicht. Irgendwas ging inihm vor. Chips Augen hasteten von Lena zu Jeffrey auf das Foto, dann wieder zur Tür. Er schob sich immer noch in Richtung Ausgang vor, den Rücken gegen die Wand gedrückt, als könnte er sich vor ihren Augen in Luft auflösen.
    «Wie heißen Sie?», fragte Jeffrey.
    Albert antwortete an seiner Stelle. «Donner, wie der Blitz. Mr. Charles Donner.»
    Chip schlurfte rückwärts. «Ich hab nichts gemacht.»
    «Bleiben Sie stehen», warnte Lena. Sie trat einen Schritt auf ihn zu, doch im gleichen Moment preschte er los und riss die Tür auf. Mit einem Sprung war sie über

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