Grappa Und Die Seelenfaenger
»Warum müssen Männer immer …«
»Ich hab sie hochkant rausgeworfen, Maria!«, motzte er mich an. »Und an dem Abend, als sie diese üble Schmierenkomödie abgezogen hat, war ich in der Gerichtsmedizin. Sag bloß, du hast das noch nicht überprüft?«
»Ich hatte genug andere Sachen zu tun. Und jetzt muss ich in die Redaktion – vierzig Zeilen schreiben.«
»Und danach?«, fragte er.
»Danach habe ich Feierabend.«
»Diesmal koche ich«, lächelte er. »Und ich fahre sogar noch zur Tankstelle und kaufe Wein. Wäre das okay?«
Immer wieder Glencheck
Der Text flutschte mir nur so aus den Fingern.
MYSTERIÖSER MORD AN SEKTENCHEF – WER SCHOSS ROBERT F. IN DEN KOPF?
Der Täter passierte die strengen Kontrollen am Eingang zum Sektenzentrum der Kirche der Erleuchteten unbehelligt, gelangte ohne Probleme ins Büro des Opfers Robert F., tötete den Operierenden Thetan mit einem gezielten Schuss in den Kopf und verschwand wieder, ohne aufzufallen. Dies haben erste Ermittlungen der Kriminalpolizei ergeben. Das legt den Verdacht nahe, dass der Mörder oder die Mörderin im Sektenzentrum bekannt war.
Das 57-jährige Opfer hatte sich genug Feinde gemacht.
Wie das Tageblatt aus sicherer Quelle erfahren hat, war F. der Vater des ungeborenen Kindes von Monika W., jener Frau, die von dem Sektenmitglied Bernd B. (40) erwürgt worden ist. Der spricht nun von einem Auftragsmord. Auftraggeber soll Robert F. gewesen sein.
War möglicherweise die Ehefrau Robert F.s es leid, von F. ständig mit anderen Frauen betrogen zu werden?
Doch auch andere hätten ein Motiv: Arnold W., der Vater der getöteten Monika, könnte sich an F. gerächt haben. Ebenso infrage käme Bettina W., die Zwillingsschwester, die in der Sektenhierarchie als sogenannte Ethikoffizierin tätig ist. Vielleicht hat sie den Tod ihrer Schwester nicht verkraftet?
Ganz auszuschließen ist auch nicht, dass der Pop-Titan Pitt Brett mit dem Tod des Thetans zu tun hat. Immerhin hat die Sekte ihn als »unterdrückerische Person« bezeichnet, ihn »zum Abschuss« freigegeben und vielleicht sogar entführen lassen.
Keine leichte Aufgabe für den leitenden Hauptkommissar der Kripo, Dr. Friedemann Kleist. Er wird die Sonderkommission Superstar, die eigentlich die Entführung von Pitt Brett aufklären sollte, jetzt auch mit den Ermittlungen im Mordfall Robert F. beauftragen.
Guter Dinge und mit viel Vorfreude im Herzen machte ich mich auf zu Kleist. Ich fand einen Parkplatz direkt vor dem Haus.
Plötzlich trat eine Gestalt auf mich zu. Clara! Sie hielt einen Koffer in der Hand.
Ich stieg aus.
»Sie haben gewonnen«, zischte sie.
»Ich weiß«, lächelte ich.
»Was habe ich falsch gemacht?«
»Alles«, antwortete ich.
»Was genau?«
»Ich gebe keine Tipps.« Ich ging zur Haustür und klingelte. »Ein schönes Restleben noch, Frau Billerbeck.«
»Fahren Sie zur Hölle, Frau Grappa!« Ich hörte das Klappern ihrer Absätze auf dem Pflaster.
Der Türöffner summte. Bevor ich das Haus betrat, schaute ich noch einmal zurück. Clara Billerbeck befand sich tatsächlich auf dem Rückzug – bekleidet mit einem Glencheckrock. Das gibt es nicht, dachte ich.
»Was wollte Clara noch hier?«, fragte ich oben.
»Sie hat ihre letzten Sachen abgeholt«, erklärte Kleist. »Sag bloß, ihr seid euch über den Weg gelaufen.«
»Sie stand plötzlich vor mir.«
»Sie ist vor einer Stunde gegangen.« Kleist schüttelte den Kopf. »Hat sie das Gespräch mit dir ohne Blessuren hinter sich bringen können?«
Ich lächelte. »Sie konnte noch aufrecht gehen.«
Den Rest des Abends sorgte Kleist dafür, dass mir weder Clara noch ihr karierter Rock im Kopf herumspukten.
Harras auf der Flucht
Das Glencheckmuster drängelte sich am anderen Morgen wieder in meine Vorstellungen. Ich legte die Liste mit den Namen der Mystic Food -Mitarbeiter auf meinen Schreibtisch. Auf dem Weg in die Redaktionskonferenz begegneten mir vier Menschen, die ebenfalls Glencheck trugen: Hose, Krawatte und zwei Röcke. Drehte ich langsam durch?
Auf dem Konferenztisch sah ich das Tageblatt von heute. Mein Artikel über den Mord an Fuchs stand an prominenter Stelle auf der ersten Lokalseite, Bärchen Biber hatte es mit seinen Zeilen über Bretts Auftauchen auf die erste Mantelseite geschafft. Egal, dachte ich, wir werden sehen, wer den längeren Atem hat.
Wie immer leitete Schnack die Diskussion um die tägliche Arbeit.
»Ich werde am Fall Fuchs dranbleiben«, kündigte ich an. »Und
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