Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
unterschwellig an der Wiederkehr der
Adelshäuser, ihrer erneuten Einsetzung in ihre
rechtmäßige Stellung.
Ihr größter Triumph bislang war die Lancierung
einer phänomenal erfolgreichen Videosoap, Die feine
Gesellschaft. Sie lief zweimal täglich auf allen gro
ßen Sendern, ergänzt um eine Zusammenfassung am
Wochenende; es war eine vorgeblich historische Se
rie, die in der Zeit vor der Rebellion spielte und sich
fast ausschließlich um Sex, Sünden und Skandale in
den aristokratischen Kreisen der Zeit Löwensteins
drehte. Natürlich wurden nur erfundene Namen be
nutzt, und nichts beruhte auch nur entfernt auf tat
sächlichen Ereignissen. Es war sehr romantisch, sehr
glamourös und sehr populär!
Die Charaktere waren überlebensgroß, traten in
hinreißenden Kostümen auf, waren unmöglich gut
aussehend und strahlend schön, planten und intrigier
ten, verliebten und zerstritten sich, landeten mal im
Bett und fielen wieder heraus. Und Milliarden Men
schen sahen sich jede Folge an. Die feine Gesell
schaft, das waren die Leute, die man liebend gern
hasste und insgeheim bewunderte, und selbst um die
Darsteller der Nebenrollen hatten sich riesige FanGemeinschaften versammelt. Die Schauspieler dik
tierten die Mode, und alle Welt führte ihre Slogans
auf den Lippen. Dutzende Mode- und KlatschMagazine bezogen sich allein auf diese Serie, und
jeder Beteiligte wurde ausgesprochen reich. Die Se
rie machte dermaßen viel Geld, dass selbst die Buch
halter der Sendeanstalten nicht alles verstecken
konnten.
Als unmittelbares Resultat waren Image und all
gemeine Einstellung zur Aristokratie von einst nie
besser gewesen. Und genau darum ging es ja auch.
Der Schattenhof hatte seine Leute überall. Sie wa
ren umfassend über Finn Durandal informiert, über
das, was er tat und plante, auch wenn einige seiner
Aktionen und Absichten den Schattenhof, offen ge
sagt, verblüfften. Viele Mitglieder konnten sich nach
wie vor nicht richtig entscheiden, ob der Durandal
teuflisch gerissen war oder ein vollständiger Irrer.
Die heutige Sitzung des Schattenhofs diente speziell
dem Zweck zu entscheiden, ob im Hinblick auf ihn
etwas unternommen werden sollte.
»Ich sage, nehmen wir ihn an die Leine«, schlug
Tel Markham unverblümt vor. »Wie die Lage aus
sieht, ist er eine unbekannte Größe, ein unberechen
bares Element, das niemandem verantwortlich ist.
Wer weiß, was er im Namen seines verletzten Stol
zes noch alles anstellt? Er denkt vielleicht, dass er
sehr subtil vorgeht, aber wenn er sich selbst überlas
sen bleibt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die
Mächtigen bemerken, dass er überhaupt nicht mehr
der Mann ist, der er einmal war. Legen wir ihn an die
Kandare, machen ihn zu einem von uns, damit wir
seine Aktionen lenken und leiten können. Er hat ein
Recht, dazu zu gehören. Seine Familie gehörte auch
einst zur feinen Gesellschaft.«
»Der Lord Durandal aus alter Zeit war ein Held«,
sagte eine Frau mit schwarzer Seidenmaske, die
großzügig mit Pailletten besetzt war. Sie wedelte trä
ge mit einem Papierfächer, den erotische Darstellun
gen schmückten. »Er ist auf der Suche nach dem ver
lorenen Haden in die Dunkelwüste vorgedrungen und
wurde nie wieder gesehen. Ich schlage vor, seinen
Charakter in unsere Serie einzubauen und die legen
dären Eigenschaften zu propagieren, die mit dem
Namen Durandal verbunden sind. Sodass, falls wir
den jungen Finn zu einem der Unsrigen machen, die
Öffentlichkeit bereits konditioniert wurde, seinen Adelsnamen anzubeten.«
»Was bringt Euch auf die Idee, dass Finn irgend
etwas mit uns zu tun haben möchte?«, fragte eine
klare tiefe Stimme, die Stimme eines so fetten Man
nes, dass er auf einem Antigravstuhl neben dem
Tisch schwebte. Jemand dieses Leibesumfangs hätte
sofort identifizierbar sein müssen, und es bereitete
den Übrigen hier ungeheures Kopfzerbrechen, dass
sie selbst nach all diesen Jahren immer noch keine
Ahnung hatten, wer er war. Der Fette zeigte ein
feuchtes Lächeln und breitete die riesigen weichen
Hände zu einer mitteilsamen Geste aus. »Finn ver
folgt eigene Pläne, hat eigene Absichten und reagiert
womöglich nicht freundlich auf das Ansinnen, sie
unseren Bestrebungen unterzuordnen.«
»Man muss ihm die Vorstellung nur ausreichend
versüßen, dann wird er sich uns schon anschließen«,
behauptete Tel Markham zuversichtlich. »Mit seinen
begrenzten Mitteln und dem Pöbel, mit dem er sich
umgibt, kann er nur Begrenztes
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