Grimm 1: Der eisige Hauch (German Edition)

interkontinentale Zeitdifferenz noch in die Länge gezogen.
    „Ich habe davon gehört. Gerüchte. Einige behaupten, es wären
Wesen
.“
    „Wie ich sehe, machen sie sogar dich nervös.“
    „Sogar mich? Sie machen viele nervös!“
    „Und die Königshäuser? Sind sie nicht der Ansicht, dieses Kartell könnte destabilisierend für die
Wesen
sein, wenn nicht gar Schlimmeres?“
    Sie zuckte mit den Achseln. „Offenbar leugnen sie, dass
Wesen
direkt daran beteiligt sind. Einige glauben nicht einmal, dass dieses Kartell überhaupt existiert. Andere … Ach, ich weiß es nicht.“
    „Glaubst du, einige Agenten des Eisigen Hauchs könnten die Warane infiltriert haben?“
    „Wenn der Eisige Hauch tatsächlich eine
Wesen
-Organisation ist, dann würde ich davon ausgehen. Doch bis jetzt konnten wir noch nicht bestätigen, dass es wirklich
Wesen
sind. Sie sind sehr verschwiegen. Und immer, wenn ein Geheimnis an die Öffentlichkeit gelangen könnte …“
    „Verschwindet oder stirbt jemand.“
    „Oder beides. Was hast du rausgefunden, Sean? Wir müssen es wissen. Wenn die Gerüchte stimmen, dann müssen alle
Wesen
, die ein Gewissen besitzen, versuchen, den Eisigen Hauch aufzuhalten – aber die
Warane
unternehmen nichts. Genau aus diesem Grund wurde das
Gegengewicht
geschaffen! Philippe wusste, dass so etwas passieren würde. Es gibt Hinweise darauf, dass das Verbrecherkartell erst der Anfang ist. Dass sie es nur als Weg sehen, um größere Pläne zu finanzieren.“
    „Das habe ich auch schon vermutet.“
    „Da wäre noch eine Sache: Wusstest du, dass die Münzen von Zakynthos erneut gestohlen worden sind?“
    Renard wurde eiskalt.
    „Nein. Das wusste ich nicht.“ Diese Nachricht erfüllte ihn mit gemischten Gefühlen. Er war einst süchtig nach diesen Münzen gewesen und durch sie verändert worden. Sie hatten bewirkt, dass er unter ihrem Einfluss größenwahnsinnig geworden war und verschleierte Drohungen in einer Pressekonferenz abgesondert hatte. Fast schon erleichtert hatte er sich die Münzen wieder abnehmen lassen, auch wenn ihn ihr Verlust gleichzeitig schmerzte.
    „Sie wurden in einem Bankschließfach aufbewahrt“, sagte Beatrice. „Jemand aus der Bank könnte sie an sich genommen haben … Wir vermuten, dass er unter dem Einfluss einer
Hexenbiest
-Droge stand.“
    „Einer
Hexenbiest
-Droge? Die gefügig macht?“
    „Ja,
Seelensiegel
.“
    „Wir glauben, dass der Eisige Hauch das Zeug auch hier in Portland einsetzt. Sie verwenden Scopolamin, was nicht unbedingt auf ein
Hexenbiest
schließen lässt. Aber darin sind auch Kräuter enthalten, die für die Tränke verwendet werden.“
    „Dennoch beweist das gar nichts. Aber wenn
La Caresse Glacée
das Mittel benutzt …“ Sie schüttelt den Kopf und fuhr mit der Zunge nervös über ihr Piercing. „Dann wäre das wirklich übel. Und falls sie auch noch im Besitz der Münzen sind …“
    Renard nickte. „Genau. Besitzt eure Organisation irgendwelche Akten über den Eisigen Hauch? Damit meine ich nicht nur Gerüchte oder Polizeiakten. Irgendetwas … Internes? Vielleicht mit ein paar Namen?“
    „Wir haben genau ein Dokument. Einen Brief. Ein Mann, der sich
Poigne Fermé
nennt. Das ist offenbar nicht sein richtiger Name. Wir glauben, dass er diesen Namen bei der Gründung von
La Caresse Glacée
benutzt hat – aber das wissen wir nicht mit Sicherheit, es ist nur eine Vermutung. Wir haben den Scan eines … Es ist so etwas wie eine Notiz. Unseres Wissens ist all ihre Kommunikation verschlüsselt oder wird nach dem Lesen zerstört.“
    „Kann ich diese Notiz sehen?“
    „Da muss ich erst Philippe fragen.“
    Philippe
. Renard war dem angeblichen Anführer des
Gegengewichts
nie begegnet, und er kannte nicht einmal seinen Nachnamen. Nach einigen Gläsern Wein hatte Beatrice einmal angedeutet, dass Philippe ein
Blutbader
mit einer gewissen religiösen Überzeugung sei – aus diesem Grund war er auch der Ansicht, dass die
Wesen
nicht nur vor den Menschen beschützt werden mussten, sondern dass gute
Wesen
die normalen Menschen auch vor bösen
Wesen
in Schutz zu nehmen hatten. Es hieß, er habe schon mit mehreren Grimms zusammengearbeitet, würde den meisten jedoch nicht trauen.
    Außerdem war Philippe ebenso schwer zu finden wie die Mitglieder des Eisigen Hauchs.
    „Werde ich diesem Philippe je begegnen?“, fragte Renard.
    „Das hängt davon ab. Möchtest du dich dem
Gegengewicht
anschließen?“
    Renard schmunzelte. „Eigentlich nicht.“
    Er hatte