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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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hieß, wurde er von seinem Onkel »Drachenzahn« gerufen, denn Drachenzähne waren neben Kamel und Schafwolle
     eine wichtige Handelsware von Küh-Wasser.
    »Drachenzahn«, rief Onkel Tschen, »geh und bereite das Essen!«
    »Kleiner Affe«, sagte Grünmantel wohlwollend, »was gibt es?«
    »Soll ich Fleischtaschen machen?«, fragte Drachenzahn.
    »Ja«, rief Glück, »mach Fleischtaschen, und würze sie gut!«
    »Wir haben Panzerfischtunke mit Sonnenwurzel«, sagte Drachenzahn; »aber wenn es nicht langt, haben wir auch geschnittene Frostbeulen.«
    »Freches Stück!«, schalt Onkel Tschen und hob einen Stein auf. Allein Drachenzahn war bereits in der Jurte verschwunden.
    »Ich bedaure«, sagte Onkel Tschen und stieß mit der Zunge an, »mein missratener Neffe verdient Tadel und Schläge.«
    »Freilich, freilich«, knurrte Grünmantel. Er nahm Tschen beiseite. »Kein Wort vom Geschäft!«, sagte er, »in Anwesenheit der
     drei Spitzbuben, die sich mir an den Hals gehängt haben.«
    »Ich verstehe«, erwiderte Tschen leise. »Ach, ich sehe Euch ungern in der Begleitung von Nichtswürdigen, verehrter Herr.«
    »Schon recht«, knurrte Grünmantel; »komm mit.«
    Dann gingen sie in die Wohnjurte, aus der ein dünner Rauch aufstieg.
    Christian und Großer-Tiger halfen Glück beim Tanken und bei anderen notwendigen Arbeiten. »Wir müssen alles bedenken«, sagte
     Glück, und er schaffte Filzteppiche herbei, mit denen er die Motorhaube zudeckte. »Von heute an müssen wir Wasser mitnehmen«,
     sagte er, und Christian füllte drei leere Kannen damit.
    Als alle Arbeiten gemacht waren, brach die Nacht herein. Der Mond schien hell, der Nordstern strahlte, und der Berg Muruktschich
     lag schwarz und schweigend zwischen den sanften Hügeln. Die Luft stand still. Aus der Ferne rief ein Käuzchen.
    »Passt mal auf«, sagte Glück. »Wir hören«, sagten Großer-Tiger und Christian.
    »Ich nehme an, dass ihr schweigen könnt.«
    »Der befehlende Herr nimmt stets das Richtige an«, sagte Großer-Tiger.
    »Wir sind vorzüglich im Mundhalten«, versicherte Christian.
    »Es gibt nämlich etwas«, begann Glück, »was mir nicht gefällt.« »Es gefällt auch uns nicht«, sagte Christian.
    »Was?«, fragte Glück überwältigt, und »wie?« und »was meinst du?«
    »Ich meine«, sagte Christian bedächtig, »es könnte zum Beispiel das sein, was Grünmantel jetzt mit den Herren Tschen und Tschin
     ausbrütet.«
    »Da es uns nicht gefällt«, fügte Großer-Tiger bescheiden hinzu, »gefällt es vielleicht auch dem befehlenden Herrn nicht.«
    »Ihr seid Mordskerle!«, rief Glück. »Ja, es ist, wie ihr sagt. In der Nähe fauler Fische fängt es an zu stinken. Passt also
     ein wenig auf, was hier vor sich geht, und wenn ihr etwas herauskriegt, dann sagt es mir.«
    »Bolna!«, sagte Christian.
    »Wird der befehlende Herr zu uns halten?«, fragte Großer-Tiger vorsichtig.
    »Ich werde euch nicht im Stich lassen«, versprach Glück.
    In der Jurte saß Grünmantel obenan auf dem Ehrensitz. Tschen saß neben ihm und redete, aber er unterbrach seine Rede, als
     Glück eintrat. Christian, der nachher kam, stolperte über das Wellholz, das ihm Tschin, der neben dem Eingang am Boden hockte,
     zwischen die Beine schob. Er wäre gefallen, aber Großer-Tiger hielt ihn fest. Am liebsten hätte Großer-Tiger Tschin verprügelt,
     doch es ging nicht wegen der Höflichkeit in einem fremden Zelt. Er begnügte sich daher, Tschin einen kräftigen Fußtritt zu
     versetzen.
    »Ich bitte um Vergebung«, sagte er dann, »ich bin ausgerutscht. Wahrscheinlich lag da ein Stück Teig, wenn es nicht etwas
     anderes war.«
    »Setzt euch«, bat Tschen, »es wird gleich zu essen geben. Seid ihr hungrig?«
    »Die jungen Herren sind immer hungrig«, bemerkte Grünmantel wohlwollend.
    Dann sprach er über das Wetter, und dass es noch immer kalt sei; und Tschen stieß mit der Zunge an und sagte, die Kamele hätten
     heuer ein besonders dichtes Fell. Das komme ebenfalls von der Witterung, und er habe nichts dagegen.
    »Lass mich die Wollvorräte sehen«, befahl Grünmantel, ist es viel?«
    »Ziemlich«, sagte Tschen; aber dann zog er das Gesicht in betrübte Falten und behauptete, er habe leider keine Laterne, nur
     eine gewöhnliche Öllampe, und die tauge nicht.
    Glück stand auf und sagte: »Warte mal!«, und kam bald mit einer schönen Sturmlaterne wieder, die er aus Hwai-Lai-Hsien mitgebracht
     hatte.
    »Ich werde euch leuchten«, sagte er zuvorkommend und war schon

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