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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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dem Esel mit der Zeit den Schwanz heraus. Du musst
     einen andern Stein suchen, Drachenzahn, und den Strick daranbinden. Wenn du damit fertig bist, komme ich wieder. Du brauchst
     aber nicht rufen, ich bin gleich zurück.«
    Glück ging in der Richtung auf die Wohnjurte fort; aber genauso gut konnte er zum Wagen gegangen sein, um etwas zu holen.
     »Vielleicht ist dieser Stein richtig?«, fragte Christian lauter als nötig.
    »Er darf nicht rund sein«, widersprach Tschin, »sonst hält der Strick nicht.«
    »Aha«, sagte Christian und machte Großer-Tiger ein Zeichen, »wir müssen einen passenden Stein suchen.« Er nahm die Laterne
     und ging ein gutes Stück seitab dem Karawanenweg entgegen.
    Dabei sagte er zwei- oder dreimal: »Es ist nicht leicht, nachts einen passenden Eselstein zu finden.« Hin und wieder hob er
     einen auf, von dem er wusste, dass Tschin sagen würde, er tauge nicht; ein andermal tat Großer-Tiger das gleiche; und als
     Tschin selber einen Stein fand, der ihm angemessen vorkam, waren ein paar Minuten vergangen. Dann vergingen noch ein paar,
     bis der Strick festgemacht war, und jetzt kehrten sie zu dem Platz zurück, wo der Esel sich so weit beruhigt hatte, dass er
     den Schwanz hob und losschrie.
    »Hallo!«, rief Christian, als der Esel aufhörte und in das Laternenlicht starrte.
    »Ich bin da«, sagte Glück und trat aus dem Dunkel; »habt ihr einen passenden Stein gefunden?«
    »Wir haben einen Stein von richtiger Größe und von gutem Gewicht«, sagte Großer-Tiger; »der Strick ist auch schon dran.«
    »Gib her«, sagte Glück.
    Tschin reichte ihm den Stein, und Glück ging zu dem Esel, nahm ihn am Halfter und kraulte ihn zwischen den Ohren. Dann sprach
     er mit ihm und klopfte ihm den Hals. Der unzugängliche Esel versuchte es wieder mit kleinen Sprüngen. Er probierte auch nach
     hinten auszuschlagen, aber da war niemand, denn Glück stand dicht an seiner Seite und hielt ihm denKopf am Halfter nieder; als er mit der freien Hand den Schwanz erwischte, sagte er: »Esel, guter Esel, braves Stück Eselchen«,
     und band den Stein oberhalb der Quaste fest. Dann ließ er ihn los. Der Esel schaute betrübt nach seinem Hinterteil, stellte
     sich breit auf alle viere und schüttelte sich. »Das wäre das«, sagte Glück; »jetzt wollen wir schlafen gehen.«
    Tschin, der nur eine dünne Jacke anhatte und fror, beeilte sich, in die Jurte zurückzukehren. Unterdessen gingen Großer-Tiger
     und Christian zum Wagen, und Glück half ihnen die Schlafsäcke holen und die Decken. »Habt ihr was erfahren?«, fragte er. »Wir
     haben etwas erfahren«, sagte Christian eifrig. »Aber«, mischte sich Großer-Tiger ein, »wir wissen erst die Hälfte. Wir müssen
     Tschin noch einmal fragen, damit er uns die andere Hälfte sagt. Es muss«, flüsterte Großer-Tiger wichtig, »so was wie ein
     Telegramm sein. Wenn ich ihm einen Silberbatzen gebe, hat Tschin gesagt, will er mich den Blitzbrief sehen lassen.«
    Glück langte in die Tasche. »Da«, sagte er, »hast du den Silberbatzen. Merke dir gut, was in dem Blitzbrief steht, und auch
     an wen er gerichtet ist.«
    »Das weiß ich schon«, sagte Großer-Tiger schlau, »der Mann heißt Li-Yüan-Pei, und er wohnt in Hami.«
    »Aha!«, sagte Glück, als ob nichts wäre; aber dabei setzte er sich einen Augenblick auf den Schlafsack von Christian und schnaufte
     ein bisschen. »Hat es was zu bedeuten?«, erkundigte sich Großer-Tiger.
    »Ach«, seufzte Glück, »nicht gerade viel, und eigentlich dachte ich es mir, denn es ist ganz in der Ordnung. Nur, verstehst
     du, ich habe es satt, mich mit diesen Gaunern herumzuschlagen.«
    »Ist dieser Li so einer wie Grünmantel?«, fragte Christian. »So ähnlich, nur ein wenig feiner«, erklärte Glück, »und ein bisschen
     geriebener.«
    »Hat der befehlende Herr auch etwas erfahren?«, fragte Großer-Tiger geradeheraus.
    »Du meinst, weil ich vorhin weggegangen bin?«
    »Daran dachte ich«, gab Großer-Tiger zu.
    »Ich habe zwei Augenblicke lang zugehört«, was sich die Herrenin der Jurte zu sagen hatten. Es scheint, dass Grünmantel die Niederlassung in Küh-Wasser aufgeben will.«
    »Tschin wird sich freuen«, meinte Christian.
    »Davon dürft ihr ihm nichts sagen; er erfährt es noch früh genug.«
    »Warum«, bohrt Großer-Tiger weiter, »will Grünmantel das Geschäft hier nicht mehr betreiben?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Glück, »vielleicht wird ihm der Boden zu heiß. Es muss einer dagewesen sein und nach ihm

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