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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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gefragt
     haben.«
    »Wir werden das herauskriegen«, versprach Christian.
    »Aber es dauert drei Tage vorher und drei Tage nachher«, sagte Großer-Tiger tiefsinnig.
    »Wie das?«, fragte Glück, der nicht mitkam. »Mein Großvater«, erklärte Großer-Tiger, »sagt, das wäre die Zeit, die man zur
     rechten Überlegung braucht.«
    »Ist es der Großvater, von dem du den Ring hast?«
    »Eben dieser ist es«, sagte Großer-Tiger.
    Damit nahm er den Schlafsack unter den Arm, und Christian nahm den andern, auf dem Glück gesessen hatte. Sie gingen die wenigen
     Schritte bis zur Jurte schweigend, und Glück stapfte hinterdrein.
    »Da seid ihr ja!«, rief Onkel Tschen; »ich fürchtete schon, ihr wä… wärt verlorengegangen.«
    »Wir haben die schattige Kraft des Mondes bewundert«, sagte Großer-Tiger, »er ist im Zunehmen.«
    »Wir haben unser Bettzeug mitgebracht«, sagte Christian.
    »Das hat noch Zeit«, rief Onkel Tschen, und er nahm die Messingkanne aus der Glut.
    Glück trank einen Becher, aber er schüttelte sich und machte brr! Man stehe nicht gut auf einem Bein, belehrte ihn Onkel Tschen;
     doch Glück erwiderte, es sei jetzt nicht die richtige Zeit, um Dreimännerwein zu trinken.«
    »Glück hat recht«, sagte Grünmantel, nahm Onkel Tschen die Kanne weg und stellte sie auf die Truhe, wo ihr Platz war.
    »Ganz wie der ehrenwerte Herr denkt«, sagte Onkel Tschen ergeben und stieß mit der Zunge an. »Die Mäßigkeit erlangt denHimmelsweg. Es war«, sagte Onkel Tschen, »auch nur wegen der Gesundheit.«
    Dann verteilte er die Liegeplätze, und Grünmantel erhielt den besten Platz und die meisten Decken und Kissen. Christian und
     Großer-Tiger krochen in ihre Schlafsäcke; aber sie nahmen Tschin zwischen sich, um vor dem Einschlafen noch dies und das mit
     ihm zu reden.
    »Was habt ihr da zu wispern?«, fragte Grünmantel streng in die zunehmende Dunkelheit, denn das Feuer war erloschen, und nur
     die Asche glühte noch mit mattem Schimmer.
    »Ich habe gefragt, was ein Drachenzahn ist«, entschuldigte sich Christian, »weil ich noch nie einen gesehen habe.«
    Onkel Tschen lachte. Er war nur ein ganz klein wenig betrunken und eher gut als schlecht gelaunt. »Wir haben«, sagte er, »keinen
     Drachenzahn als den, der neben euch liegt und schwatzt. Ha! ha! Drachenzähne sind hierherum selten geworden. Es gibt nur minderwertige
     Stücke. Ei ja! Es ist ein Elend.«
    »Vielleicht gibt es einen Drachenknochen?«, fragte Christian bescheiden.
    »Morgen früh will ich dir einen zeigen«, versprach Onkel Tschen, »dick wie ein Turm, ein Prachtstück! Die Zeit der Drachen
     wa… war eine kräftige Zeit, sage ich euch, anders als diese Welt mit den armseligen Schrecken von Flintenkugeln und neumodischem
     Bumbum. Kein Flintenkind kann diese Knochen durchdringen oder nur ritzen. Ei ja! Im Winterchen Monat lagen die Drachen haufenweise
     auf dem Berg Muruktschich und schliefen, aber im Sommerchen hoben sie die feurigen Flügel, und die Sonne schien schrecklich.
     Da tanzten sie und drehten Spiralen, und die Erde zitterte. Wenn sie durstig waren, soffen sie einen ganzen See aus mit allem,
     was darin war. Deshalb gibt es hier so wenig Wasser, und man muss Brunnen graben. Zu allem hin waren die Drachen unsterblich,
     aber jetzt sind alle tot, und man findet die Knochen, und hier und da die Zähne; aber die kosten vier Silberbatzen das Stück,
     so selten sind sie. Ei ja! Es ist ein Elend.«
    »Sei endlich still!«, knurrte Grünmantel; »wie soll man bei deinem Geschwätz schlafen?«
    »Ich möchte wissen«, warf Glück ein, »ob es Drachen gegeben hat, oder ob der ganze Kram nicht wahr ist.«
    »Der Herr Glück wird morgen die Knochen sehen«, verkündete Onkel Tschen stolz, »hernach wollen wir über die Bilder der Vorzeit
     reden, die am Himmel hängen.«
    »Wenn diese Knochen«, sagte Christian, »so dick sind wie Türme   …«
    »Es könnte sein, sie sind etwas dünner«, schränkte Onkel Tschen freiwillig ein, »aber nicht viel.«
    »Solche Knochen habe ich schon einmal gesehen«, behauptete Christian; »in Peking gibt es ein Museum, wo man sie aufbewahrt,
     und unser Lehrer sagt, sie stammen aus einer Zeit, in der es noch keine Menschen gab, aber Tiere, die Saurier hießen und groß
     wie Häuser waren.«
    »Oder Türme«, sagte Onkel Tschen, »das ist dasselbe. Und der neue Name«, rief Onkel Tschen großartig, »stört mich nicht. Ob
     man Drache sagt, oder großer Flutwälzer, oder so was wie der verehrte junge

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