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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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und Großer-Tiger sprach auch nicht mehr. Mondschein blickte auf das stille Wasser des Närin-Gol, in dem
     die Sterne schwammen. Der Hengst schleifte den Daschior hinter sich drein und rupfte an den Büschen.
    »Ich habe erfahren, was ich nicht wusste«, sagte Mondschein, »da will ich euch erzählen, was ihr nicht wisst.«
    »Wir bitten darum«, sagte Christian.
    »Der früher geborene Herr ist sehr gütig«, sagte Großer-Tiger.
    »Ihr wisst«, begann Mondschein, »wem ich diene.«
    »Wir wissen es«, sagte Christian.
    »Man nennt ihn den Uralten-Herrn, aber er ist mein Fürst. Vor sieben Jahren, als wir die Herrschaft über die Wüste antraten
     und als wir die Burg bauten, gab es zehntausend Räuberbanden, die die Karawanenwege unsicher machten. Meistens waren die Räuber
     entlaufene Soldaten, und wir schlugen sie tot. Vom Edsin-Gol bis zur Grenze von Sinkiang gab es keine Räuber mehr. Es gab
     nur noch uns. Wir erhoben von den Karawanen einen Silberbatzen für jede Kamellast. Dafür gaben wir ihnen sicheres Geleit,
     und die Kaufleute freuten sich. So liehen wir dem Handel unsere helfende Hand, und wir sorgten für die Sicherheit der fünf
     menschlichen Beziehungen. Aber einesTages erfuhren wir, dass es eine neue Bande ostwärts des Edsin-Gol beim Roten-Berg gäbe. Der Fürst befahl mir, sie auszurotten,
     denn man sagte, es wären gefährliche Burschen. Also nahm ich zwanzig Kamele, sieben Männer und mein Pferd. Wir kleideten uns
     wie Kaufleute, und wir zogen ehrbar des Weges, und die Karawanenglocke läutete weithin. Als wir beim Brunnen am Roten-Berg
     anlangten, schlugen wir Lager, und Donnerkeil war auch dabei. Ich rasierte ihm den schwarzen Bart ab, und als es Nacht wurde,
     musste er mit zwei andern im Lager bleiben. Mit den Übrigen verbarg ich mich in halber Höhe des Kessels hinter dicken Steinen,
     und wir luden die Gewehre. Kennt ihr das Tal am Roten-Berg?«
    »Wir kennen es«, sagten Großer-Tiger und Christian.
    »So muss ich«, fuhr Mondschein fort, »nur noch erwähnen, dass Donnerkeil ein tüchtiges Feuer machte, damit es schön hell im
     Lager war. Hätten die Rotbärte nur ein wenig nachgedacht; sie wären schnell hörend und klar sehend geworden, weil es am Roten-Berg
     weitherum kein Holz für ein solches Feuer gibt. Aber ihre Köpfe waren mit Lehm verschmiert. Sie waren elf Mann stark, doch
     es kamen nur neun, und sie überfielen den armen Donnerkeil. Er warf sich mit den beiden Kameraden zum Fußfall der Ergebung
     platt auf den Boden, und dabei brüllte er dauernd um Gnade. Da schossen wir, und wir hatten leicht schießen, denn die Kerle
     standen im Schein des Feuers und traten dem brüllenden Donnerkeil mit dem Stiefel ins Gesicht. Bald aber brüllten sie selbst,
     und die letzten drei schlugen wir mit dem Kolben tot, als sie fliehen wollten. Die Sache ermangelte jeder Schwierigkeit. Allein
     nach einer Weile fiel mir ein, dass ich elf Kerle hätte totschlagen sollen, und es lagen nur neuen herum. Da sprang ich aufs
     Pferd, während Donnerkeil die Karawane zum Abmarsch bereit machte. Es war aber Nacht, und ich fand keine Spuren. Also hieß
     ich Donnerkeil zum Edsin-Gol vorausziehen und blieb allein am Roten-Berg zurück. Die Gewehre der Räuber und alles, was sie
     besaßen, ließen wir liegen, damit die zwei übrigen Rotbärte desto sicherer kämen. Ich versteckte mein Pferd in einer Schlucht,
     und hinter einem Felsblock erwartete ich den Tag und die beiden überlebendenSöhne der Berge. Ich brauchte nicht lange warten, da kamen zwei junge Burschen, die mir des Himmels Befehl vor die Flinte
     führte. Als sie die Toten sahen, zitterten sie wie Lampengras, wenn man es anzündet, und ihre Jahresreihe war nahe am Ausgehen,
     denn ich hielt den Finger am Abzug. Sie begannen zu schreien, und sie beklagten die Toten, und sie trugen sie auf einen Haufen
     zusammen. Im Morgenhimmel kreisten zwei Geier. Ihre Schatten huschten über die Felswände des Kessels, und ein Dritter saß
     auf einem Obo mit eingezogenem Kopf. Er wartete wie ich.
    ›Oh, Langes-Leben‹, rief einer der beiden, ›wer hat diesen Unglücklichen die Art zu handeln befohlen und die Art zu sein vorgeschrieben?‹
     – ›Schrei nicht so laut‹, sagte der andere, ›er ist ein Schuft; aber auch wir sind Schufte, wenn wir diese Toten nicht begraben,
     die als irrende Geister die Heimat vergeblich suchen.‹ – ›Spart euch die Mühe‹, sagte ich und trat mit der Büchse auf sie
     zu. ›Die Waffen weg‹, rief

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