Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
Vom Netzwerk:
ich. Da fielen sie auf die Knie und baten um ihr Leben.
    Ich sagte: ›Es lohnt nicht, Worte zu verlieren. Ich bin gekommen, euch auszulöschen.‹
    Sie schwiegen, und die Schatten der Geier huschten über ihre Rücken. Es war kein guter Anblick, und es war kein guter Ort.
    ›Steht auf‹, sagte ich, ›wir sind allein, so kann ich tun, was sonst nicht möglich wäre.‹
    Sie dankten mir mit dreimaligem Stirnaufschlag, aber sie blieben liegen.
    ›Ich heiße Glück‹, sagte der eine, ›verfügt über mich.‹
    ›Ich bin Langes-Leben‹, sprach der andere, ›befehlt Eurem Diener.‹
    ›Ich befehle euch aufzustehen‹, sagte ich.
    Da standen sie auf.
    Ich sagte: ›Ich will eure Pferde und eure Waffen haben. Sonst will ich nichts.‹
    Sie führten mich dahin, wo die Pferde standen, und sie halfen mir die Gewehre bündeln und die Patronen in einen Sack tun.
    ›Geht hin, wo ihr her seid‹, sagte ich, ›der Edsin-Gol ist nicht weit; den könnt ihr zu Fuß erreichen. Sollten wir uns in
     diesemLeben wiedersehen, so vergesst nicht, dass ihr mir Gehorsam schuldet.‹
    Also versprachen sie mir mit heiligen Eiden, dienstbar zu sein, bis ich sie losspräche, und so schieden wir. Nachher fiel
     mir ein, dass ich vergessen hatte, sie nach dem zu fragen, den sie einen Schuft genannt hatten, aber da war es zu spät. Ich
     ritt mit den ledigen Pferden und mit den Gewehren, bis ich Donnerkeil einholte. Ich sagte zu ihm: ›Über diese Sache braucht
     nicht mehr gesprochen werden‹, und er lachte vergnügt, als er die elf Pferde sah und die elf Gewehre.«
    »Nun bin ich«, sagte Mondschein, »Glück wieder begegnet, und ich erkannte ihn sogleich. Durch euch erfuhr ich, dass Grünmantel
     der ist, den sie einen Schuft nannten; doch Langes-Leben sah ich nie wieder.«
    »Der befehlende Herr Mondschein irrt«, sagte Christian.
    »Ein Wiedersehen hat stattgefunden«, bestätigte Großer-Tiger, »bloß hat der früher geborene Herr den Leutnant Langes-Leben
     nicht erkannt.«
    »Weil es Nacht war«, sagte Christian.
    »Ihr wisst mehr als ich«, rief Mondschein, »seid ihr Gurtums, die die rechten Geister beschwören und erfahren, was keiner
     weiß?«
    »Wir sind keine Geisterbeschwörer«, sagte Großer-Tiger bescheiden.
    »Langes-Leben ist unschuldig«, versicherte Christian, »dass die Wiedersehensfreude leicht getrübt war.«
    »Wenigstens«, rief Mondschein, »hätte er mich grüßen, und ›Hast du schon Essen gegessen?‹ sagen können. Das tut ein anständiger
     Mensch.«
    »Er konnte es nicht«, setzte Großer-Tiger auseinander, »denn der früher geborene Herr lag am Boden und verlangte nicht nach
     Essen.«
    »Weil ihm die Gehirntasche auseinanderklaffte«, sagte Christian. Mondschein fuhr mit der Hand über die Stirn. »Dieses«, sagte
     er und tastete die Narbe entlang, »ist ein Fehler der Gesichtsbildung.«
    »Es ist ein Säbelhieb«, sagte Christian trocken.
    »Irgend so was muss es wohl sein«, gab Mondschein zu, »ich war zwar dabei, als ich ihn kriegte, aber ob es gerade ein Säbel
     war?«
    »Es war einer«, versicherte Christian.
    »Langes-Leben hielt ihn in der Hand«, teilte Großer-Tiger mit.
    »Wie«, schrie Mondschein und stöhnte. »So ein wortbrüchiger Hund«, sagte er verzweifelt.
    »Kein wortbrüchiger Hund«, widersprach Christian. »Langes-Leben erkannte Euch nicht gleich.«
    »Weil es so finster war«, sagte Großer-Tiger.
    »Und weil Ihr vom Pferd fielt«, sagte Christian, »und weil die Lebensgeister schwanden.«
    »Aber er«, schrie Mondschein, »er war nicht ohnmächtig.«
    »Er war bei sich«, gab Christian zu, »aber er war traurig, als er sah, was er angerichtet hatte.«
    »Seine Trauer erreichte einen hohen Grad«, versicherte Großer-Tiger, »denn er hielt Euch für tot.«
    »Und er befahl seinen Soldaten«, fuhr Christian fort, »den Platz zu räumen, denn er war ein befehlender Herr Leutnant geworden.«
    »Da mussten die Soldaten gehorchen«, sagte Großer-Tiger, »und als sie Euch alles nehmen wollten, sagte Langes-Leben: ›Das
     dulde ich nicht.‹«
    »Tat er das wirklich?«, fragte Mondschein zweifelnd.
    »Hat Euch was gefehlt?«, fragte Großer-Tiger dagegen, »ich meine, außer der Besinnung?«
    »Nein«, gab Mondschein zu, »sonst fehlte nichts.«
    »Die Kleidung und der Fellmantel rettete Euch das Leben«, sagte Christian, »daran ist Langes-Leben schuld.«
    »Der gute Junge«, sagte Mondschein, »wo habt ihr ihn denn getroffen?«
    »Beim Berg Abder«, antwortete

Weitere Kostenlose Bücher