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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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ausgedehntem Schlummer«, sagte Ungemach und legte sich sofort nieder. Glück, der seine Rede beendet
     hatte, legte sich neben ihn und deckte sich zur Hälfte mit Ungemachs Mantel zu.
    »Ich werde euch wecken«, versprach Glück.
    Da krochen auch Christian und Großer-Tiger brüderlich unter den Fellmantel. Der Pudel legte sich vor den Zelteingang, und
     die Nacht war schwarz.

Zweiundvierzigstes Kapitel, von der Mitte der Wüste Gobi, wo Ohnezehen lebte, der ein Verbrecher war
    »Kwai, kwai!«, sagte Glück und »Der Mond kommt gleich«, aber obwohl er es sagte, kam der Mond nicht, und die Kamele standen
     gesattelt und bepackt.
    »Er hat sich verspätet«, behauptete Glück, nahm sein Kamel am Strick und ging die Steinhalde hinauf. Die andern folgten ihm.
     Alle gingen zu Fuß, denn es war kalt. Die Steine wichen unter den Tritten der Kamele und rollten zu Tal. Auf jede Frage gaben
     die schwarzen Wände eine hallende Antwort und aus den Schluchten wehte es eisig. Ungemach knöpfte den Mantel mit den Goldknöpfen
     bis zum Hals.
    »Wir sind zur Unzeit an diesem Ort«, sagte er, »ich habe schon den Husten.«
    Nachher, als der Boden fest wurde, und auch später, als der Mond aufging und als die Schluchten der Steinberge zu sanften
     Tälern geworden waren, setzte sich keiner aufs Kamel. Es ging langsam und stetig bergan. Die Sterne kamen näher und immer
     näher, und wenn der Morgen nicht gegraut hätte, hätte man siewahrscheinlich greifen können. Aber da erlosch einer nach dem andern, und die mächtige Sonne erhob sich über die niedrige
     Erde. Sie war aus durchgesiebtem Sand gemacht und aus den beiseite geworfenen Steinen. Gegen zehn Uhr, zur Stunde des Ebers,
     wie Glück sagte, der die neue Zeitrechnung verabscheute, schlugen sie das Zelt auf, und die Kamele durften suchen, ob sie
     was zu fressen fanden. Es gab aber nichts als Tamarisken.
    Christian und Großer-Tiger schliefen, Glück schlief auch, und Ungemach dämmerte so dahin, bis es Zeit war, das Essen zu bereiten.
     Dann suchten Großer-Tiger und Christian die Kamele zusammen, und der Pudel half dabei.
    Noch einmal durften die Kamele ihr Glück versuchen und die benagten Tamarisken bis auf das Holz abfressen, denn sie waren
     nur geholt worden, damit sie nicht zu weit vom Lager wegliefen. Sobald es dunkel wurde, mussten die Kamele an die Leine. Ungemach
     verteilte Nudeln und Knoblauch, und zum Schluss gab es Tee. Der Pudel bekam eine Schale Wasser und was übrig geblieben war.
    So marschierten sie vier Nächte und fünf Tage, und jede Nacht war kälter als die vorhergehende. Der Mond kam spät und verkümmerte
     zu einer Sichel. Christian und Großer-Tiger froren während der Nacht; untertags hatten sie Hunger. Manchmal fanden sie, wie
     Gontschuk vorausgesagt hatte, einen Brunnen, aber das Wasser war alt und abgestanden, und der Tee schmeckte wie von vorgestern.
     Einen Menschen trafen sie nicht. Es gab auch keine Tiere, und als sie einmal ein verendetes Kamel am Weg liegen sahen, war
     die eingesunkene Haut noch am Skelett, und der aufgebrochene Leib wies den vertrockneten Mageninhalt. Nicht einmal Wölfe gab
     es hier; ja sogar die Geier fehlten.
    »Es wäre an der Zeit«, maulte Ungemach, »dass wir zum Großen-Fluss kämen. Heißt er nicht so?«
    »Er heißt so«, antwortete Christian, »und wir sind gleich da.«
    »Erlaube«, sagte Ungemach, »dass ich mich wundere.«
    »Worüber?«, fragte Großer-Tiger.
    »Über eure Wissenschaft«, mischte sich Glück ein und hielt seinKamel an. Er ritt und alle ritten, denn es war später Vormittag, und die Sonne schien warm.
    »Seit gestern«, erklärte Christian, »haben wir die Spuren von Mondschein und Donnerkeil wieder vor uns.«
    »Ich habe sie bemerkt«, sagte Glück schläfrig.
    »Sie sind noch da«, sagte Ungemach, »jeder kann sie sehen.«
    »Das beweist«, setzte Großer-Tiger auseinander, »dass wir auf dem richtigen Weg sind.«
    »Es lohnt nicht, davon zu reden«, sagte Glück, »wir wissen es auch so.«
    »Da wir Ungemach versprochen haben«, erklärte Christian, »die Denkkräfte besser anzustrengen, bemerkten wir, dass die Spuren
     seit einer halben Stunde eine schnellere Gangart zeigen.«
    »Hier galoppierten die Pferde bereits«, sagte Großer-Tiger und wies auf die Straße der Nachdenklichkeit.
    »Oh, ihr Teufelsbraten«, rief Glück, »ihr seid wie echte Rotbärte und besser. Es sollte mich nicht wundern, wenn die Herren
     der Berge euch eines Tages kniefällig bäten, Hauptleute zu

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