H2O
seinen Auftrag richtig ausführen zu können, heuert Smith vor Ort einen jungen Delinquenten an. Diesen eliminiert er später und entledigt sich der Leiche, indem er sie, mit einem Geländemotorrad beschwert, in einem Tümpel versenkt.
Mithilfe dieses Komplizen hat Smith die Zugehfrau der Familie Mahakam, Madame Soekarno, bestochen. Ihre Aufgabe bestand darin, regelmäßig den Sesselbezug, die Schuhe, Handschuhe und bestimmte Kleidungsstücke von Monsieur Mahakam mit dieser giftigen Substanz zu bestäuben. Man hat ihr nicht mitgeteilt, dass es sich um eine toxische Substanz handelte.
Er bestach auch Dusung, den Arzt der Familie, damit dieser falsche Diagnosen und Untersuchungsergebnisse lieferte. Dusung, der eine bedeutende Summe für seine Komplizenschaft erhielt, hat sich laut Smith später geziert, wiederholt Einwände erhoben und mit einer Selbstanzeige bei der Polizei gedroht. Deshalb habe man ihn nach Mahakams Selbstmord beseitigen müssen.
Abschließend hat der Koloss behauptet, seinen jungen Partner aus dem Weg geräumt zu haben: wegen »Unfähigkeit und professionellen Fehlern«, die Smiths eigene Sicherheit gefährdet hätten.
Sénéchal fand, dass die Ausdrucksweise des Mörders an ein Kündigungsschreiben erinnerte. Er knurrte.
»Pah! Der Mangel an Professionalität ist wirklich die Geißel unseres Zeitalters!«
Dann setzte er die Lektüre fort.
Smith hat sich nur ungenau über das Endziel der »Operation Mahakam« geäußert. Außerdem hat er entschieden jede Beteiligung an dem Attentat auf Hauptmann Thamnir, seinen Oberleutnant und meine Person geleugnet.
83
Benommen von der Hitze, ließ der Inspektor den Blick immer wieder zu einem fünfzig Meter entfernten Pfahlbau schweifen, von dem träger Rauch aufstieg. Von dorther vernahm er verzerrte Séga -Klänge aus einem Radio. Vor der Hütte trockneten Fische auf Holzrosten, an Gestellen aus zusammengebundenen Zweigen hingen andere neben toten Kraken, die aus dieser Entfernung wie alte Putzlappen aussahen. Unter den Pfählen lagen verrostete Taucherflaschen. Der Himmel über den Bergen war stahlgrau, und die gewaltigen Wipfel hatten eine bedrohliche Färbung angenommen.
Ein Motorengeräusch ließ Sénéchal aufhorchen. Eine bunte Piroge überquerte tanzend das Korallenriff.
Als er sich mühsam aufrappelte, um dem Fischer entgegenzugehen, kam wie aus dem Nichts ein heftiger Windstoß, der die Fische und Kraken an den Gestellen zum Schwingen brachte, den Rauch, der aus der Hütte drang, zu Boden drückte und die Zweige der Tamarindenbäume rauschen ließ. Ein überraschtes Chamäleon hob langsam ein Bein und hielt es starr in die Luft, als wolle es Sénéchal die Richtung zeigen, aus der der Zyklon kommen würde.
»Damit wir uns gleich verstehen«, sagte Sénéchal, »ich bin von Natur aus ein brutaler, verlogener Zyniker, der zu allem bereit ist, um sein Ziel zu erreichen. Außerdem habe ich keinerlei Skrupel, und wenn ich jemanden gepackt habe, lasse ich ihn nicht mehr los.«
Scherzhaft fügte er hinzu:
»Sie brauchen mir natürlich nicht zu glauben. Ich neige dazu, meine kleinen Fehler zu übertreiben.«
Dann zückte er seinen Dienstausweis und erklärte dem Fischer mit den rissigen Lippen - die mit einer weißen Masse bestrichen waren, was ihm das Aussehen eines Clowns verlieh -, er liebe seinen Beruf, da er ihm die Möglichkeit gebe, seinen eben beschriebenen Neigungen ungestraft freien Lauf zu lassen und ihm noch dazu ein Gehalt und die Wertschätzung seiner Vorgesetzten einbringe. Ganz zu schweigen von dem Vergnügen, das ihm, Sénéchal, die häufigen handgreiflichen Verhöre lieferten, gefolgt von Festnahme oder Verschwindenlassen der Übeltäter: Banditen jeglicher Art, darunter Schmuggler, Mörder, Galgenvögel, Meineidige und - vor allem - Leute, die verdächtigt würden, der Polizei wichtige Informationen vorzuenthalten.
Zum Abschluss las er dem Fischer den entsprechenden Absatz des Strafgesetzbuches vor und zählte ihm, als handle es sich um einen Fahrplan, die Besuchszeiten des Gefängnisses von Saint-Denis (Insel Réunion, Rue Juliette Dodu) auf, berüchtigt für seine spartanische Ausstattung.
Der Fischer namens Jouvence Hoareau zog langsam und mit schmerzverzerrtem Gesicht seine Gummihandschuhe aus und blies einen Moment auf seine von Narben übersäten Handflächen - Narben, die er einer Behandlung mit Sekundenkleber verdankte. Dann erklärte er Sénéchal, wie glücklich er sei, sich endlich jemandem
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