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Habiru

Titel: Habiru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Gerhardt
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abends in den Nachrichten und lauschte gespannt der Moderation in RTL-Aktuell:
    »Weltweit demonstrierten heute ca. 11 Millionen Menschen gegen die Kriegspläne der USA. In Berlin fand mit 500.000 Menschen die größte Friedensdemonstration in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland statt. In den USA demonstrieren Hunderttausende, darunter allein in New York-City 500 000 und am Sonntag über 200.000 in San Francisco. Viele Demonstranten lobten mit Sprüchen wie »France - Merci, Germany - Danke« und »Vive La France« auf ihren Protestplakaten die Anti-Kriegshaltung Deutschlands und Frankreichs. In London demonstrierten über eine Million Menschen gegen einen Irak-Krieg. Es war die größte Demonstration der britischen Geschichte.«
    Dabei wurden Bilder dieser weltweiten Demonstrationen gezeigt. Ihr Vater sagte: »Na endlich, gibt es mal etwas Druck von der Straße. Wurde auch Zeit, dass die Leute aufwachen.«
    Sarah empfand ähnlich, wenngleich sie schon ahnte, dass auch diese Demonstration weltweiten Friedenswillens nichts an den Kriegsplänen der US- Regierung ändern würde. Und außerdem war es doch auch sehr bequem, immer nur andere agieren zu lassen, während man selbst bequem im Sessel saß. Allerdings hatte sie vorher überhaupt nichts von geplanten Demonstrationen gehört, es war ihr unerklärlich, wie das an ihr vorbeigehen konnte. Wahrscheinlich wurde alles per Internet organisiert, denn wie sollte man sonst eine weltweit koordinierte Demo organisieren.
    Das Internet. Irgendwie bewunderte sie diese weltweite Vernetzung von Menschen und Informationen. Sie brauchte wieder Zugang dazu, sie wollte unbedingt den Schlüssel finden.
    Am Abend hatte sie eine gute Idee, wie ihr es gelingen könnte. Sie wollte endlich nicht nur wissen, was es nun mit den Habiru auf sich hatte, sondern sie vermisste Schena regelrecht.
    Aber auch das Erwachen am Montag brachte sie nicht zurück nach Eridu. So musste sie wieder zur Schule. Aber dieser Tag war ganz OK. Es lag an ihrem Klassenlehrer. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, in seiner Stunde mit der Klasse über den gerade beginnenden Irakkrieg zu diskutieren. Sarah wurde sofort hellwach und neugierig. Sie wollte wie alle wissen, warum es schon wieder einen Krieg in der Welt gab, dort, in dem Land, in dem Schena und all die anderen früher so friedlich lebten.
    Er fing damit an, in dem er mit dem Overheadprojektor ein Bild auf die Leinwand warf. Es war, wie sich herausstellte, ein Auszug aus der UN-Charta von 1945, das geltende Völkerrecht. »Wer möchte das vorlesen? Ja, Tobias?« Tobias las langsam und sorgfältig vor:
    »Hauptregel des modernen Völkerrechts, Artikel 2, Absatz 4 der Charta der Vereinten Nationen von 1945: »Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.« Von diesem umfassenden Gewaltverbot kennt das Völkerrecht nur zwei Ausnahmen. Die erste ist das naturgegebene Selbstverteidigungsrecht jeden Staates (Artikel 51 der Charta). Die zweite Ausnahme betrifft die kollektiven Zwangsmaßnahmen der Vereinten Nationen nach Artikel 42 und 53 der Charta: Danach kann der UN-Sicherheitsrat bestimmten Mitgliedsstaaten oder auch regionalen Bündnissen den Einsatz von Gewalt erlauben. Ein Angriffskrieg im Alleingang verstößt gegen das Völkerrecht.«
    Tobias war fertig mit Lesen, und Herr Schmidt fragte die Klasse:
    »Also, was meint ihr zum drohenden Irak-Krieg?«
    Obwohl die meisten in der Klasse zwischen 14-16 Jahren alt waren, also in einem Alter, in dem man eher andere Interessen hatte, meldete sich Sebastian gleich zu Wort. »Der Saddam ist ein böser Mann, das ist schon richtig, dass er weg kommt.«
    Der Lehrer stellte gleich die Frage an alle. »Saddam ist unzweifellos ein Despot und Tyrann, und auch ein Massenmörder. Dass es besser für das irakische Volk wäre, wenn er weg wäre, ist ziemlich eindeutig. Aber darf ein anderer Staat das allein entscheiden und in einen souveränen anderen Staat einmarschieren? Ihr habt eben ja gehört, was in der UN Charta steht.«
    Tobias meldete sich.
    »Ja?«
    »Das Problem ist wirklich, hier einen Präzedenzfall zu schaffen.«
    Allgemeines Gemurmel in der Klasse.
    »Das Wort musst du erklären, es scheint nicht jeder zu kennen.«
    »Also, ein Präzedenzfall ist ein Fall, der so bisher noch nie vorkam,

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