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Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)

Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)

Titel: Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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nichts zu tun.«
    »Was ist denn mit meinem Charakter?«, fragte ich mit unguten Gefühlen.
    »Na, nehmen wir nur deinen Vater«, sagte Sven. »Du bist so … lieb zu ihm.«
    »Inwiefern?«, fragte ich begriffsstutzig.
    »Na, die verständnisvolle Art, wie du ihn aufgenommen hast. Ich glaube nämlich keine Sekunde, dass bei ihm zu Hause renoviert wird. Ich weiß genau, warum er bei uns einziehen wollte.«
    Ich erschrak. »Hat er es dir erzählt?«
    »Das war gar nicht nötig. Ich habe die beiden heute Morgen beim Frühstück gesehen. Da war mir sofort alles klar.«
    Ich versteifte mich. Diese verdammten Russen litten wirklich unter chronischer Distanzlosigkeit! Konnten die nicht einfach noch eine Woche warten, bis sie ihr Geld kriegten?
    »Sie waren schon zum Frühstück da?«, fragte ich mühsam beherrscht. »Haben sie irgendwas gesagt?«
    »Nicht viel. Aber immer, wenn ich nicht hingeguckte, haben sie rumgeknutscht.«
    Ich blinzelte kurz, weil ich auf der Leitung stand, dann stellte ich die richtigen Zusammenhänge her und begriff, dass wir aneinander vorbeigeredet hatten.
    »Ja, es stimmt, er ist total in Pauline verknallt«, sagte ich. »Alte Hütte brennt lichterloh.«
    Sven lachte. »Ach, er ist doch gar nicht so alt.«
    »Er ist mein Vater. Väter sind immer irgendwie … na ja, eben Väter. Man macht sich keine Gedanken darüber, ob sie alt oder jung sind. Sie sind sozusagen zeitlos.«
    »Da hast du Recht.« Er hielt inne, und ich spürte fast körperlich die Trauer, die ihn erfasste, vage, fast nur ein Hauch, aber ich merkte es und umarmte ihn fester. Er vermisste seinen Vater immer noch.
    »Meinst du, das wird was zwischen den beiden?«, wollte er wissen.
    »Sie wollen heiraten«, sagte ich düster.
    »Wirklich?«, fragte Sven perplex. »Warum das denn?«
    »Das habe ich auch noch nicht so ganz durchschaut.«
    »Du bist wohl nicht so sehr dafür, oder?«
    »Nicht wirklich.«
    Er strich mir sanft übers Haar. »Verzeih mir.«
    Jetzt war es an mir, verblüfft zu sein. »Wofür?«
    »Dass ich das Thema überhaupt angeschnitten habe.«
    Genau genommen hatte ich das Thema angeschnitten, aber im Moment interessierte mich nur, warum er mich um Verzeihung gebeten hatte. Ich wollte ihn danach fragen, doch er hob von sich aus an, es mir zu erklären.
    »Nach dem Schlag, den du erlitten hast, willst du von dem Thema Heiraten natürlich nichts mehr wissen.«
    »Na ja, es ist immerhin mein Job«, gab ich zu bedenken. »Ich lebe schließlich davon, dass möglichst viele Leute heiraten.«
    »Ja, sicher. Ich meinte es auch eher in privater Hinsicht. Bezogen auf deinen Vater, aber vor allem auf dich selbst. Es wird wahrscheinlich für lange, lange Zeit ein sehr neuralgischer Punkt bei dir sein. Eine Art Tabu. Ich verstehe das. Mir ist klar, dass du jetzt nur noch deiner Lust frönen willst, ohne den Hintergedanken einer festen Bindung, geschweige denn einer Ehe. Es ist eine ganz logische Reaktion von dir, jeden Gedanken daran weit von dir zu weisen. Es würde mich nicht wundern, wenn du niemals heiratest.«
    »Ach«, sagte ich lahm.
    »Was du neulich erlebt hast, muss jedem Menschen ein für alle Mal die Lust am Heiraten verderben.«
    »Also, ich könnte vielleicht eines Tages …«
    »Ich kann das nachvollziehen«, fiel er mir ins Wort. »Wir hatten uns ja schon mal drüber unterhalten. Ich empfand es aus meiner Sicht ebenfalls immer als höchstes Prinzip menschlicher Vernunft, einer Ehe aus dem Weg zu gehen.«
    Eilig unterbrach ich ihn, bevor er weiterreden konnte. »Können wir über was anderes sprechen?« Ich musste schlucken, weil mein Hals auf einmal so trocken war.
    »Gerne. Worüber?«
    »Ich glaube, ich habe einen Wahnsinnshunger.«
    Das war gelogen. Der Appetit war mir vergangen, und ich wusste nicht mal, wieso.
    *

Wir gingen auf die Schnelle einen Hamburger essen, dann fuhr er mich nach Hause. Es war fast sieben, als er mich in der Störtebekerstraße absetzte. Er musste noch mal nach Heidelberg, ein paar Akten aus der Kanzlei holen, in der er arbeitete. Morgen hatte er wieder Gerichtstermine und musste noch ein paar wichtige Schriftsätze überfliegen, doch er versprach, spätestens bis neun Uhr wieder zu Hause zu sein, um dann richtig mit mir zu Abend zu essen.
    Ich nickte nur und duldete es stumm, dass er mich kurz auf die Wange küsste, bevor ich ausstieg. Als Sven losfuhr, schaute ich dem Wagen nach, bis er um die nächste Straßenecke verschwunden war.
    Ich fühlte mich ziemlich mies, konnte aber nicht

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