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Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)

Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)

Titel: Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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den Finger auf den Grund meiner gedrückten Stimmung legen. Der Sex mit Sven war einfach genial gewesen, daran konnte es nicht liegen. In dem Punkt waren wir wirklich wie Yin und Yang. Bis vor ein paar Tagen hätte ich mir im Traum nicht vorstellen können, dass ich jemals in die Verlegenheit käme, mich komplett um den Verstand zu vögeln. Nun, heute hatte ich es getan. Genau wie letzte Nacht. Es war einfach gigantisch gewesen! Warum war ich dann bloß so fertig mit den Nerven?
    Niedergeschlagen ging ich ins Haus.
    In der Küche stieß ich prompt auf Pauline und meinen Vater, die gemeinsam am Herd standen und in einträchtiger Romantik ihre in der Pfanne brutzelnden Steaks betrachteten, als hätten sie das achte Weltwunder vor sich. Was in etwa sogar stimmte, denn noch nie hatte ich Pauline oder meinen Vater bei derlei profaner Verrichtung wie dem eigenhändigen Braten eines Stücks Fleisch erlebt. Entweder gingen sie essen oder ließen sich bekochen.
    »Hallo«, sagte ich schlecht gelaunt.
    »Hallo«, sagten beide einstimmig und geradezu ekelhaft fröhlich.
    »Willst du mitessen?«, fragte Pauline. Ihre Augen taten mir deutlich kund, dass nur eine Antwort die richtige war.
    »Nein, danke.« Ich verdrückte mich wieder und überließ die beiden ihrer Love-und-Koch-Story.
    Die Handwerker waren für heute abgezogen, und es war deutlich zu sehen, dass die Renovierung dem Ende zustrebte. Der Kanzleibereich war so gut wie fertig. Im Wohnzimmer waren Regalwände eingebaut worden, und es stand sogar schon Svens Schreibtisch dort, ein ausladendes Riesenmöbel aus Mahagoni mit einem angebauten, halbrunden Konferenztisch, um den ein paar sehr edel aussehende Lederstühle gruppiert waren. Der Chefsessel war ein hochlehniges Ungetüm, ebenfalls mit Leder bespannt. An der gegenüberliegenden Wand hingen zwei professionell angebrachte, expressionistische Gemälde, die nicht nur von einigem Kunstverstand kündeten, sondern vermutlich auch jedes Jahr Unsummen an Versicherungsbeiträgen kosteten.
    Vor dem Fenster stand eine gepflegte, fast zwei Meter hohe Palme, und mitten im Raum prangte ein dreimal drei Meter großer Perserteppich in leuchtenden Rottönen, der neu und sehr teuer aussah.
    Gemütlich wirkte der Raum nicht gerade, aber der Gesamteindruck war gediegen und harmonisch, eine Mischung aus Stilsicherheit, Souveränität und fachlicher Kompetenz. Qualitativ hochwertig und dem Zweck angemessen, dabei aber kein bisschen überkandidelt, vermittelte die Ausstattung dieses Arbeits- und Besprechungszimmers dem Betrachter durchaus das Gefühl, hier bestens beraten zu sein. Ich verstand zwar nicht viel von Anwaltskanzleien, aber diese hier fand ich einfach toll.
    Das angrenzende Esszimmer, das als Empfangs- und Sekretariatsraum dienen sollte, war noch nicht ganz fertig. Die Schreibtische waren schon aufgebaut, aber auf dem Boden lagen die Teile für die Regale und Aktenschränke noch stapelweise herum, und die Lampen waren noch nicht ausgepackt. Hier würde der Rest vermutlich morgen erledigt werden.
    Die ehemalige Besenkammer war mit allerlei technischen Geräten voll gestellt und sah aus, als könnte der Kanzleibetrieb jederzeit losgehen. Das Gästeklo war funkelnagelneu ausgestattet, aber dafür fehlten in der Diele noch ein paar Kleinigkeiten, zum Beispiel die Garderobe, die ebenfalls noch in sämtliche Einzelteile zerlegt auf dem Fußboden lag.
    Ich ging nach oben und begutachtete dabei die Fortschritte im Treppenhaus. Das Geländer glänzte frisch lackiert, und die im Laufe des Tages fertig tapezierten Wände ließen alles wie neu aussehen. Es war schon erstaunlich, was eine fleißige Kolonne von Handwerkern alles in weniger als einer Woche erledigen konnte.
    Als ich die Tür zu Annabels Zimmer öffnete, dachte ich eine Sekunde lang absurderweise, die Arbeiter hätten mit dem Raum ebenfalls irgendwas angestellt, doch dann wurde mir klar, dass Annabel diejenige gewesen war, die ihrem Dekorationstrieb hier freien Lauf gelassen hatte. Mit dem Krimskrams, den ich aus der Stadt und vom Bauernhof mitgebracht hatte, war in einer Ecke des Zimmers eine fantastische Märchenkulisse entstanden, fast wie die geheime Kammer, in der Rumpelstilzchen für die Müllerstochter Stroh zu Gold gesponnen hatte.
    Annabel passte in die Szenerie wie hineingemalt. Sie hatte sich ein veritables Prinzessinnengewand in einem traumhaften Blau in der Farbe ihrer Augen übergestreift. Es hatte eine Schleppe und war über und über mit Spitzen besetzt. Davon

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