Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)
Kukidentbecher holte. Danach räumte sie die schmutzige Wäsche zusammen, machte im Wohnzimmer den Fernseher an und drückte Herrn Weberknecht die Fernbedienung in die Hand, bevor wir uns von ihm verabschiedeten.
»Bleibt er jetzt alleine?«, fragte ich.
»Nachher kommt seine Schwester, die kocht ihm Mittagessen und kümmert sich bis heute Abend um ihn. Und morgen Früh bin ich wieder dran. Drei Tage die Woche. Den Mittwoch und den Wochenenddienst machen die Zivis, aber er mag es lieber, wenn ich ihn pflege.«
Ich schaute sie von der Seite an, während wir zu ihrem Wagen gingen. »Du bist toll, Annabel.« Ich sagte es aus tief empfundener, ehrlicher Bewunderung.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin schwach«, sagte sie mit gepresster Stimme. »Schwach und dumm und naiv. Ich liebe einen Mann, der mir furchtbar wehgetan hat, und ich kann ihn nicht vergessen.«
Ich war bestürzt. »Mein Gott, nimm es dir doch nicht so zu Herzen!«
»Das tue ich aber und kann es nicht ändern.«
»Liebst du ihn denn wirklich so sehr?«
Sie nickte stumm und schloss die Fahrertür von dem Smart auf. »So sehr, dass es mich fast umbringt. Ich weiß nicht warum, aber manchmal denke ich, es ist sogar noch stärker geworden seit … seit dem Zwischenfall. Ich träume jede Nacht von ihm.«
Mein schlechtes Gewissen stellte irgendwas Unangenehmes mit meinen Eingeweiden an, es rumorte und gluckerte in meinem Magen, und ich überlegte ernsthaft, noch schnell bei Herrn Weberknecht aufs Klo zu gehen. Doch Annabel hatte bereits den Wagen angelassen, sodass ich notgedrungen einsteigen und mir alles Weitere verkneifen musste.
»Bist du sicher, dass du dich da nicht total in was reingesteigert hast?«, fragte ich. Wenn sie jemals rauskriegte, dass ihr Traummann und ich fröhlich hinter ihrem Rücken den tollsten Sex aller Zeiten gehabt hatten, würde sie vielleicht doch noch eine Affekttat begehen. »Du hast doch nie eine wirkliche Beziehung zu ihm aufbauen können. Es war doch mehr so eine Art … Einbildung.«
»Wie kommst du auf die Idee?«, fragte sie ärgerlich. »Was hat das mit Einbildung zu tun?« Sie schnaufte, ein sicheres Zeichen dafür, dass ihre Wut eher zu- als abnahm. »Er ist immerhin mein Mann!«
»Ähm … Moment, er ist … uh … dein Mann ?«
Ich stand auf der Leitung, oder besser, meine Leitungen waren noch reichlich mit Restalkohol gefüllt. Doch ein böser Blick aus Annabels eisblauen Augen verdampfte blitzartig meine letzten Promille, und die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag.
Sie hatte gar nicht von Sven gesprochen, sondern von Klaus! Er war es, nach dem sie sich sehnte! Er war immer noch der Mann ihrer Träume!
Ich holte Luft, um meinem armen, überstrapazierten Hirn ein bisschen zusätzlichen Sauerstoff zuzuführen.
»Was ist los mit dir?«, wollte sie wissen. »Ist dir übel? Kotz mir bitte nicht ins Auto!«
»Sekunde mal«, sagte ich langsam. »Du willst dich überhaupt nicht scheiden lassen?«
»Ich weiß selber, dass ich es tun sollte, weil er nichts anderes verdient hat. Aber ich kann es nicht.« In ihren Augen standen Tränen, und ich sah mit Bestürzung, dass ihre Unterlippe zitterte. Behutsam griff ich nach ihrer Hand. »Schlimm?«
Sie nickte stumm.
»Aber was sollte dann dieser ganze Unfug mit Sven?«, fragte ich.
Annabel zuckte die Achseln. »Ich dachte eine Zeit lang, ich könnte es.«
»Mit ihm ins Bett gehen?«
Sie runzelte befremdet die Stirn. »Häh? Wieso ins Bett? Du liebe Zeit, nein. Ich meinte, ihn als Scheidungsanwalt beauftragen.«
»Und sonst wolltest du gar nichts von ihm?«
»Nein«, sagte sie lapidar.
Ich konnte es immer noch nicht glauben. »Wieso hast du mich dann ständig gefragt, ob ich ihn erotisch finde? Und weshalb hast du andauernd so getan, als könnte ich kochen?«
Sie musterte mich erstaunt. »Na, deinetwegen natürlich! Wenn du ihn nicht toll gefunden hättest, wäre das Ganze doch witzlos gewesen. Und umgekehrt finden Männer es klasse, wenn eine Frau gut kocht, deshalb habe ich dich in dem Punkt ein bisschen aufpoliert. Hat ja auch geholfen, oder?«
Ich massierte meine schmerzenden Schläfen. »Du hast … Wieso eigentlich?«
»Leidest du an Gedächtnisschwund oder was? Wir haben ihn doch für dich hergezaubert!«
*
Das verschlug mir nachhaltig die Sprache. Dafür redete Annabel umso mehr. Während wir ihren zweiten Patienten versorgten, erzählte sie mir unablässig, wie prima doch alles hätte klappen können, wenn nicht Serena, die Sirene, mal wieder
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