Haut
Freunde brauchen, wenn du irgendwann hier rauskommst.«
»Die behalte ich, indem ich nicht mit Bullenschweinen wie Ihnen rede.«
»Weißt du, was ich glaube? Ich glaube, da war noch etwas in dem Loch, in dem wir dich gefunden haben, wovon du uns nicht erzählt hast.«
Mallows' Augen flackerten. Er sah Caffery nicht an, aber etwas hatte sich verändert. Eine winzige Erweiterung der Pupillen, der Kapillargefäße, die verriet, dass Cafferys Worte ins Schwarze getroffen hatten.
Caffery atmete ein, und sein Puls schlug schneller. Er beugte sich vor und sagte mit leiser Stimme: »Ich habe recht, nicht wahr? Da war etwas in diesem Loch, das du dir nicht erklären konntest.«
Eine Ader pulsierte blass an Mallows' Schläfe.
»Ian.« Caffery flüsterte fast. »Hat jemand dir gesagt, wie viele Leute da rausgekommen sind? Das warst du. Nummer eins.« Er zählte an den Fingern ab. »Dann dieses Stück Scheiße, das hinter der ganzen Sache stand. Der Mann, den ihr Onkel genannt habt. Zwei.«
»Ich hör gar nicht zu.«
»Da war dein kleiner Freund Clement. Drei. Und da war eine Leiche. Dundas. Einer, zwei, drei und du - das sind vier... Ach, das überrascht dich, ja? Du hast gedacht, ich zähle bis fünf.«
»Mir geht's nicht gut. Rufen Sie 'ne Schwester.« Mallows hob beide Arme und versuchte den Klingelknopf zu erreichen, der an der Stange über dem Bett baumelte. »Ich brauch die Bettpfanne.«
Caffery stand auf, knotete das Kabel los und hielt den Klingelknopf gerade so weit weg, dass Mallows ihn nicht erreichen konnte.
»Geben Sie mir das Ding. Ich brauch 'ne Schwester. Ich muss kacken.«
»Das sind nur Entzugserscheinungen.«
»Fuck, ich weiß, was das ist. Sie brauchen mir keinen Vortrag über Turkey zu halten, ja?«
»Geben sie dir denn nichts?«
»Doch, Methadon.«
»Wie oft?«
»Zweimal am Tag.«
»Und das ist nicht genug?«
»Was ist los? Wollen Sie hier rumhängen und zugucken, wie ich ins Bett scheiße? Ist das Ihr Ding? Komisch. Ich hätte nie gedacht, dass Sie auf so was stehen. Sie wissen doch, wovon ich lebe, oder? Wenn ich hier rauskomme, können wir ein bisschen miteinander quatschen, Sie und ich. Ich bin vernünftig.«
Caffery verschränkte die Arme und sah ihn geduldig an. »Du wirst mit mir reden müssen, Ian. Irgendwann wirst du reden.«
»Lecken Sie mich am Arsch.«
Caffery nickte gedankenverloren. »Ich weiß, wo deine Hände sind.«
Eine Pause trat ein. Lange blieb es still. Als Mallows aus dem Versteck in dem leer stehenden Sozialwohnungskomplex gezogen worden war, hatte er nur nach seinen Händen geschrien. Mehr als alles andere hatte er seine Hände wiederhaben wollen. Jetzt richtete er seine kalten blauen Augen auf Caffery. »Was?«
»Ich habe gesagt, ich weiß, wo deine Hände sind. Der Untersuchungsrichter kann sie nicht rausrücken, aber ich kann dir sagen, wo sie sind.«
»Wo denn?«
»Vorher musst du mir sagen, was da sonst noch war.«
»Nicht im Ernst.«
»Doch.«
»Ziehen Sie die Jacke aus.«
»Was?«
»Ich will sehen, ob Sie verkabelt sind.«
»Herrgott.« Caffery zog das Jackett aus, warf es auf das Bett und blieb mit ausgebreiteten Armen stehen. »Machen Sie das Hemd auf.«
Er knöpfte das Hemd auf, zog es von den Schultern herunter und drehte sich einmal um die eigene Achse. Mallows beobachtete ihn, betrachtete seinen nackten Bauch, seine Brust.
»Was ist? Gefällt dir, was du siehst?«
»Ich sag's echt nur einmal.« Mallows' Blick war hart. »Wenn das vor Gericht angesprochen wird, werde ich es bestreiten. Ich werde sagen, Sie hätten mich betatscht. Ich ganz wehrlos im Krankenhausbett.«
»Was für ein Armband hat er da gemacht?« Caffery zog das Hemd wieder an und setzte sich. »Wozu sollte das gut sein?«
Mallows schwieg eine Weile. »Zum Schutz«, murmelte er dann. »Vor bösen Geistern. Mit denen hatte er es dauernd. Hatte 'ne Scheißangst.«
»Angst? Wovor musste er denn Angst haben?«
Mallows' Blick verriet, dass Polizisten für ihn ein Rätsel waren, das er niemals lösen würde. Eine ganz andere Spezies. Und unter diesem prüfenden Blick begann Caffery, die Sache aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Er sah einen illegalen Einwanderer voller Angst davor, in ein Land abgeschoben zu werden, wo man ihm augenblicklich das Fell über die Ohren ziehen würde. Jetzt verstand er es, und es machte ihn verlegen, dass er so lange gebraucht hatte, um es zu begreifen.
»Was Clement angeht«, sagte er. »Weißt du, ob er Tiere gequält hat?«
»Jeder
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