Hawaii
»Das ist ein sehr schönes Schiff. Ich werde dieses Schiff für Malama kaufen, die Alii Nui, und Sie, Kapitän Janders, sollen unser Kapitän sein.«
Als Keoki die Worte übersetzt hatte, lachte Kapitän Janders nicht, sondern blickte Kelolo unentwegt an und nickte bedächtig mit dem Kopf. »Fragen Sie ihn, wieviel Sandelholz er mir für das Schiff beschaffen kann.«
»Ich habe mein Sandelholz gespart«, sagte Kelolo vorsichtig. »Es gibt noch viel mehr in den Bergen von Maui. Ich kann das Sandelholz zusammenbekommen.«
»Sagen Sie ihm, daß er das Schiff haben kann, wenn er das Sandelholz zusammenbekommt.«
Als Kelolo die Neuigkeit hörte, begann er auf amerikanische Art die Hände zu schütteln, aber Kapitän Janders hielt sich vorsichtig zurück. »Sagen Sie ihm, daß er die THETIS erst bekommt, wenn ich das Sandelholz nach Kanton geschafft und eine Ladung chinesischer Waren dafür zurückgebracht habe, die mein Eigentum sein soll, das ich frei verkaufen kann.«
»Das ist vernünftig«, stimmte Kelolo zu und streckte noch einmal seine Hand aus, um den Handel zu besiegeln. Diesmal ergriff Kapitän Janders die Hand und fügte schlau hinzu: »Collins, schreiben Sie in dreifacher Ausfertigung einen Vertrag. Setzen Sie hinein, daß wir die THETIS gegen eine Ladung Sandelholz verkaufen, die jetzt geliefert wird, und eine weitere, die nach unserer Rückkehr aus China fällig ist.«
Als die Bedingungen übersetzt wurden, stimmte Kelolo feierlich zu, worauf Collins seinem Kapitän zuflüsterte: »Das ist verteufelt viel Sandelholz.« Aber Janders antwortete nur: »Und dies ist ein verteufelt gutes Schiff. Es ist ein ehrlicher Handel.«
Während der gewaltige Häuptling den Kaufvertrag abschloß, hatte Abner Gelegenheit, ihn genauer zu betrachten, und er wurde auf ein Symbol der Macht aufmerksam, das Kelolo um den Hals trug. Von einem breiten Halsband, das anscheinend aus einer Baumfaser gewoben war, baumelte ein seltsam geformtes Stück Elfenbein, das ungefähr zwölf Zentimeter lang und drei Zentimeter breit war. Bemerkenswert war, daß das untere Ende gleich einer Zunge aufgebogen war, wodurch der Anhänger einem antiken Krummbeil zur Bearbeitung von Baumstämmen
ähnlich war.
»Was ist das?« flüsterte Abner leise Keoki zu.
»Das Zeichen eines Alii«, antwortete Keoki.
»Woraus ist es gemacht?«
»Aus einem Walroßzahn.«
»Er muß sehr schwer sein«, vermutete Abner, und Keoki nahm die Hand des jungen Missionars und führte sie zu dem Walroßzahn, damit er sich selbst von dessen erstaunlichem Gewicht überzeugen konnte.
»In früheren Zeiten«, sagte Keoki lachend, »wären Sie getötet worden, wenn Sie ein Alii berührt hätten.« Dann fügte er hinzu: »Das Gewicht stört ihn nicht, weil es von dem Halsband aus Menschenhaar getragen wird.«
»Ist das Haar?« sagte Abner überrascht, und wieder ließ Keoki ihn mit der Hand das Band betasten, das, wie er erklärte, aus zweitausend verschiedenen Zöpfchen gewoben, und daß jeder Zopf wiederum aus achtzig einzelnen Haaren geflochten war. »Dann ist ja die Gesamtlänge des Haares...«, begann Abner. »Es ist unfaßlich.«
»Und alle stammen von den Köpfen der Freunde«, sagte Keoki stolz. Noch ehe sich Abner zu diesem Barbarismus äußern konnte, wurde die Aufmerksamkeit der Missionare von einem Vorgang außerhalb der THETIS in Anspruch genommen. Vom Großmast wurden zwei starke Taue zum Kanu herabgelassen, in dem noch immer Malama, die Alii Nui, saß. An den Enden der Seile hing eine breite Segeltuchschlinge, die gewöhnlich um den Bauch der Pferde oder Kühe gelegt wurde, die an Bord gehievt werden sollen. Heute wurde aus der Segeltuchschlinge eine mächtige Wiege, in die die Männer auf dem Kanu ihre verehrte Fürstin legten. Arme und Beine hingen über die Schlinge herab, wodurch ihr Gleichgewicht gesichert wurde, und ihr gewaltiges Kinn ruhte auf dem Seil, das die Schlinge säumte.
»Ist sie gut verpackt?« fragte Kapitän Janders besorgt.
»Sie ist sicher verstaut«, rief ein Matrose.
»Laßt sie bloß nicht fallen!« warnte Janders. »Oder wir werden alle niedergemetzelt.«
»Langsam! Langsam!« sangen die Männer an den Seilen, und behutsam wurde die hünenhafte Alii Nui auf das Deck der THETIS gehoben. Als ihre großen dunklen Augen, die vor kindlicher Neugier funkelten, den oberen Rand der Reling erreicht hatten, winkte sie mit ihrer rechten Hand in einer großartigen Willkommensgeste und ließ ihr schönes Gesicht in einem zufriedenen
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