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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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Insel Schwester Urania leben wird, und da ihre Zeit nicht mit deiner zusammenfällt, könnt ihr euch vielleicht in einem Kanu besuchen, um einander beizustehen.«
    »Aber du versuchst doch, zurückzukommen?« fragte Jerusha. »Ich will alles daransetzen«, versprach Whipple. Dann suchten Jerusha Hale und Urania Hewlett einander auf und schüttelten sich feierlich die Hände. »Wenn unsere Zeit kommt, werden wir einander helfen.« Aber sie wußten, daß Meilen unwegsamer Gebirge und trügerischer Gewässer sie voneinander trennen würden.
    Jetzt verstärkte sich das Jammern noch, denn auf dem schattigen Weg, der von den Anwesen der Alii kam, wurde Malamas Kanu auf den Schultern ihrer Diener herangetragen, und die Frau in ihrem roten und blauen Kleid weinte mehr als alle. Nachdem sie aus ihrer Sänfte gestiegen war, ging sie von einem der aufbrechenden Missionare zum andern und sagte: »Wenn ihr dort auf den anderen Inseln keine Wohnung findet, so kommt nach Lahaina zurück, denn ihr seid meine Kinder.« Dann küßte sie einen jeden und weinte von neuem. Nur wurde die Feierlichkeit des Augenblicks ein wenig durch das Dutzend nackter Mädchen verdorben, die gerade, als die Missionare hinausrudern wollten, mit aufgelöstem Haar von der THETIS zurückkehrten. Als sie wieder an Land stiegen und jedes von ihnen einen Handspiegel trug, der hier kostbarer war, als Silber in Amsterdam, oder ein Band oder auch einen gestohlenen Hammer, wurden sie von Malama ebenso herzlich begrüßt, wie vorher die Christen verabschiedet wurden. Und dann gewahrten die Missionare im Osten, wo sich die starken Wellen an dem Korallenriff brachen und in einer donnernden, weiß schäumenden Brandung zur Küste hin ausliefen, zum erstenmal eines der Geheimnisse dieser Inseln. Große Männer und Frauen standen anmutig wie Götter auf schmalen Brettern. Indem sie geschickt ihre Füße bewegten und dabei ihr Gewicht verlagerten, lenkten sie diese Bretter immer wieder auf die Kämme der brechenden Wellen, um dann mit großer Geschwindigkeit über das Wasser zu schießen. Wenn die Wellen am Korallenstrand ausliefen, dann sanken auch die Wellenreiter mit ihren Brettern ins Wasser zurück, als wären sie ein Teil des Meeres.
    »Das ist unglaublich!« rief Dr. Whipple. »Die Schwungkraft schafft das Gleichgewicht.«
    »Könnte das auch ein Weißer?« fragte Amanda.
    »Natürlich!« antwortete ihr Mann, von dem Gefühl der Geschwindigkeit und Selbstdisziplin erregt, das diese Sportler in ihm wachriefen.
    »Könntest du es?« drängte Amanda.
    »Ich werde es versuchen, sobald wir nach Honolulu kommen«, sagte John. Einer der älteren Missionare runzelte die Stirn über diese Worte und betrachtete sie als einen neuen Beweis für die ausgesprochen leichtsinnige Haltung des Arztes dem Leben gegenüber. Er kam jedoch nicht dazu, seiner Befürchtung Ausdruck zu geben, da von der THETIS ein neuer Wellenreiter heranschoß. Es war diesmal nicht nur ein einfacher Wellenreiter, sondern eine Nymphe, ein nacktes Symbol allen Heidentums in den sieben Meeren. Es war ein großes Mädchen, dessen pechschwarzes Haar im Winde flog. Sie war nicht dick wie ihre Schwestern, sondern schlank und wohlgeformt. Als sie so auf ihrem Brett stand, schienen ihre langen, kräftigen Beine und ihre hübschen Brüste wie aus braunem Marmor gemeißelt zu sein. Sie war behend, und durch geschickte Bewegung ihrer Knie und Schultern ließ sie ihr Brett noch schneller und eleganter dahinfliegen als die andern. Den Missionaren wurde sie zu einer erschreckenden Vision, zur Personifikation all dessen, was sie ausrotten wollten. Ihre Nacktheit war eine Herausforderung, ihre Schönheit eine Gefahr, ihre ganze Lebensart abscheulich und ihre Existenz ein Greuel.
    »Wer ist das?« flüsterte Dr. Whipple, der im stillen ihr Geschick bewunderte.
    »Sie heißt Noelani«, erklärte stolz ein Eingeborener, der auf Walfängern gesegelt war und in den Häfen ein gebrochenes Englisch gelernt hatte. »Wahine gehört Malama. Wird mit der Zeit Alii Nui sein.« Während er sprach, lief die Welle in der Nähe des Strandes aus und die Wellenreiterin sank mit ihrem Fahrzeug zurück ins Meer. Aber auch als die Missionare sich abwandten, konnten sie doch die aufreizende Vorstellung dieses Mädchens nicht loswerden, diesen Geist der heidnischen Inseln, der über die Wellen glitt, so daß ein lästerlicher Gedanke John Whipple in den Sinn kam. Er war versucht, ihn auszusprechen, aber er wußte, daß niemand ihn verstehen

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