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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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voll Kleidern, die von Dienern gepflegt wurden, erinnerte, oder wenn sie an die beiden Wohnungen dachte, die Kapitän Rafer Hoxworth ihr in New-Bedford und auf seinem Schiff versprochen hatte, in ihrer Grashütte verständlicherweise ein wenig niedergeschlagen; aber sie ließ sich ihre Stimmung nicht anmerken, und ihre Briefe nach Hause waren immer frohgemut. Wenn die Tage am heißesten und die Arbeit am schwersten war, dann wartete sie bis zum Abend und schrieb erst dann an ihre Mutter, an Charity oder Mercy, um ihnen von ihren verlockenden Erlebnissen zu berichten. Aber obwohl diese Menschen ihr am nächsten standen, teilte sie ihnen doch nur belanglose Dinge mit, während sie allein Abners Schwester Esther, die sie nie gesehen hatte, alles ausschüttete, was ihr Herz bewegte. In einem ihrer frühesten Briefe schrieb sie: »Meine verehrte Schwester in Gott, liebe Esther. Ich fühle mich seltsam beklommen in diesen Tagen, denn manchmal ist die Hitze unerträglich in Lahaina, dessen Namen ich mir dann als Erbarmungslose Sonne übersetze, und wirklich scheint mir kein Name angemessener. Vielleicht liegen ungebührlich schwere Wochen hinter mir, denn Malama hat mich fortwährend gezwungen, sie zu unterrichten, und da sie nur eine Stunde lang aufmerksam folgen kann, läßt sie, sobald ihr Interesse erlahmt, ihre Diener kommen, um sich massieren zu lassen. Und während das geschieht, muß ich ihr Geschichten erzählen. So erzähle ich ihr von Maria und Esther und Ruth. Aber als ich das erste Mal von Ruth sprach und berichtete, wie Ruth ihr Elternhaus verließ, um in einem feindlichen Land zu leben, fielen mir, fürchte ich, Tränen aus den Augen, und Malama sah das und verstand meinen Schmerz.
    Sie trieb die massierenden Frauen fort, setzte sich zu mir, rieb sich die Nase mit mir und sagte: >Ich weiß zu schätzen, daß du gekommen bist, um mit uns in einem fremden Land zu leben.< Jedesmal, wenn sie nun eine Geschichte hören will, besteht sie wie ein Kind darauf, daß ich von Ruth erzähle, und wenn ich zu der Stelle komme, wo von dem fremden Land berichtet wird, dann weinen wir beide. Sie hat mir noch nie für irgend etwas gedankt, was ich für sie getan habe, und sie betrachtet mich als eine zusätzliche Dienerin. Aber ich liebe sie, und ich habe noch nie eine Frau gesehen, die so schnell lernt. Aus irgendeinem Grund drängte es mich in den letzten Tagen, mich mit Dir zu unterhalten, denn ich glaube, daß von allen Menschen, die ich in Amerika habe, Du derjenige bist, dessen Geist meinem eigenen am nächsten ist. Und ich wollte Dir, meine geliebte Schwester in Gott, zwei Dinge sagen. Erstens danke ich Dir täglich, daß Du mir diesen Brief über Deinen Bruder Abner geschrieben hast. An jedem Tag, der vergeht, entdecke ich in ihm einen stärkeren Mann und besseren Diener Gottes. Er ist sanft, geduldig, mutig und klug. In diesem Land, das er zu bekehren gedenkt, alle Bürden mit ihm zu tragen, ist mir eine Freude, von der ich mir in Amerika nicht einmal träumen ließ. Jeder Tag ist eine neue Herausforderung. Jeder Abend ist eine Segnung für gute Werke, die entweder begonnen oder vollendet wurden. In meinen Briefen an Dich habe ich nie von Liebe gesprochen, aber ich glaube, daß ich jetzt weiß, was Liebe ist, und mein innigster Wunsch ist, daß Du eines Tages einen christlichen Mann finden möchtest, der so ehrenwert ist wie Dein Bruder. Sein Hinken hat sich sehr gebessert, aber ich massiere seine Muskeln noch immer jeden Abend. Um genau zu sein, ich habe sie täglich massiert, denn seit kurzem hat eine dicke Eingeborene, die in Hawaii für ihr Lomilomi, die medizinische Massage der Inseln, sehr berühmt ist, das Amt übernommen. Ich höre gerade, wie diese fette, mütterliche Person ausruft: >Ich komme, Lomilomi, kleinen Mann.< Ich habe ihr wiederholt gesagt, daß sie meinen
    Gefährten und Führer mit >Makua< anreden soll; aber sie tut es nicht.
    Das zweite, was ich Dir anvertrauen wollte, ist meine wachsende Überzeugung, direkt unter Gottes Willen zu arbeiten. Es gab eine Zeit, da wußte ich nicht, ob ich wirklich eine Berufung zum Missionswerk hatte oder nicht. Aber während die Wochen dahingehen und ich sehe, welche Verwandlung wir auf diesen Inseln bewirken, steigt in mir die Gewißheit, daß ich die einzige wirklich befriedigende Beschäftigung gefunden habe. Ich freue mich bei jeder Morgendämmerung, denn viel Arbeit ist zu tun. Wenn ich um fünf Uhr morgens in unseren Hof hinausblicke, ist er schon

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