Hawaii
nicht!« brüllte er.
Abner, der von der Plötzlichkeit des Angriffs wie betäubt war, erhob sich unsicher auf seine Füße und betrachtete den nackten Riesen, der vor ihm den Altar bewachte. Er fand seinen Hut wieder, setzte ihn fest auf den Kopf und ging entschlossen auf den Steinhaufen zu. »Kelolo«, sagte er feierlich, »das ist ein böser Ort. Ihr wollt mich nicht die Kirche bauen lassen und haltet statt dessen an Euren alten, bösen Göttern fest. Das ist schlimm.« Er streckte seinen rechten Zeigefinger aus und deutete auf den Häuptling. »Es ist hewa.« Der nackte Kämpfer und Kriegsheld hätte diesen lästigen kleinen Mann am liebsten ergriffen und zerschmettert, aber Abners feierliche Art verwehrte es ihm. So starrten sich die beiden Männer unter dem Kou-Baum an, schließlich lenkte Kelolo ein, indem er sagte: »Makua Hale. Ich habe dir Land für eine Kirche versprochen, aber ich muß warten, bis mir mein König die Erlaubnis dazu aus Honolulu schickt.«
»Sollen wir diesen bösen Ort niederreißen?« fragte Abner ruhig. »Nein, Makua Hale«, sagte Kelolo fest. »Dies ist meine Kirche nach der alten Weise. Ich werde dir helfen, deine Kirche nach der neuen Weise zu bauen.« Leise sagte Abner: »Wenn ich neben diesen Steinen stehe, Kelolo, dann kann ich die Stimmen all jener Opfer hören, die hier verbluteten. Das ist eine böse Erinnerung.«
»Es war nicht solch ein Tempel, Makua Hale«, erwiderte Kelolo eindringlich. »Dies ist ein Tempel der Liebe und des Schutzes. Ich kann ihn nicht preisgeben.« Abner spürte, daß er sich dieser Entscheidung beugen mußte; aber er tat es auf eine Art, die Kelolo niemals vergaß. Ehrerbietig hob der kleine Missionar einen Stein, betrachtete ihn und sagte: »Wenn Ihr das für den Stein eines Tempels der Gnade haltet, dann verstehe ich, warum Ihr ihn erhalten wollt. Ich aber werde eine Kirche bauen, die wirklich ein Tempel der Gnade ist, und ihr werdet den
Unterschied sehen. In Euren Tempel durften nur die starken Alii kommen. In meinem Tempel werden alle Schwachen und Armen Gnade finden. Und wenn Ihr die Gnade erkennt, die von meinem Tempel ausgehen wird, Kelolo, glaubt mir, Ihr werdet hingehen und diesen Haufen Stein für Stein ins Meer schleudern.«
Und Abner schritt, so würdig er mit dem hinkenden Fuß nur konnte, an das Meer, holte weit aus und schleuderte den einzelnen Stein in die Wellen. Dann kam er zurück und sagte, während er sich den Hut hielt: »Wir werden meine Kirche bauen.«
Der große Häuptling hielt sein Versprechen. Er wickelte sich in seinen Tapa-Stoff und ging durch die Sonnenhitze zu einem schönen Stück Land nördlich des Missionarshauses. Dort schritt er eine reichlich bemessene Grundfläche ab und sagte: »Hier kannst du deine Kirche bauen.«
»Das ist nicht genug Land«, protestierte Abner.
»Genug für einen Gott«, antwortete Kelolo.
»Eure eigenen Tempel brauchen mehr Raum«, erwiderte Abner.
»Aber sie enthalten auch mehr Götter«, erklärte Kelolo.
»Mein Gott ist größer als all die Götter Hawaiis.«
»Wieviel Land braucht er?«
»Er will eine Kirche von dieser Größe«, erklärte Abner und schritt eine größere Fläche ab. Kelolo war erstaunt. Schließlich willigte er aber ein und sagte: »Gut. Ich werde die Kahunas einberufen, damit sie bestimmen, wie die Kirche eingerichtet werden soll.«
Abner verstand Keokis Übersetzung nicht und fragte: »Was will er tun?«
»Die Kahunas einberufen«, wiederholte Keoki.
»Wofür?« fragte Abner erstaunt.
»Die Kahunas haben zu bestimmen, wo die Tür sein soll, wo das Volk sitzt«, erläuterte Keoki.
Kelolo, der einem Widerspruch Abners zuvorkommen wollte, sagte rasch: »Du kannst eine Kirche nicht ohne die Erlaubnis der Kahunas bauen.«
Abner schwindelte es. Oft seit seiner Ankunft im Mai war er schon in völlige Verwirrung geraten. Malama und Kelolo wollten beide das Christentum für ihre Insel, und jeder hatte bewiesen, daß er bereit war, der neuen Religion manches zu opfern. Aber dann hatten sie auch wiederholt angedeutet, daß sie das Christentum gar nicht als eine neue Religion betrachteten, nicht als eine Wahrheit, die die alten Gebräuche erschüttert und die Erlösung bringen würde, sondern nur als eine bessere Religion, gemessen an der, die sie schon hatten. Einmal hatte Kelolo gesagt: »Wenn Jesus Christus euch große Schiffe mit vielen Segeln geben kann, und Kane uns nur Kanus gibt, dann muß Jesus Christus viel besser sein. Er sei uns willkommen.« Malama,
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