Hawaii
und als sie gegangen waren, führte er die mächtige Fürstin und Keoki zu einem Rasenplatz im Schatten eines Kou-Baumes. Sie ließen sich dort nieder, und dann sagte er eindringlich: »Ich habe diesen Spaziergang mit Euch gemacht, um Euch zu zeigen, daß Gott mit gutem Grund eine Frau als Alii Nui erwählt. Er verleiht ihr große Macht, damit sie Gutes wirkt. Von Euch wird mehr erwartet als von den gewöhnlichen Leuten.«
Das erschien Malama vernünftig, denn die Grundsätze ihrer alten Religion waren davon nicht sehr verschieden - nur ihre Auslegung. Wenn ein Mann Alii war, wurde von ihm erwartet, daß er in der Schlacht starb. Eine Alii-Frau mußte würdig erscheinen und sehr viel essen, damit sie größer aussah, als sie wirklich war. Alle Religionen hatten ihre Pflichten, aber sie war nicht auf die vorbereitet, die ihr der kleine Missionar jetzt eröffnete. »Ihr werdet niemals in den Stand der Gnade treten,
Malama«, begann Abner vorsichtig, »solange Ihr Euch eines der schwersten Vergehen in der Geschichte der Menschheit schuldig macht.«
»Was für ein Vergehen ist das?« fragte sie.
Abner zögerte. Das Thema, das er nun berühren sollte, war ihm so zuwider, daß er aufstand und einige Schritte zurücktrat. Dann deutete er auf die Alii Nui und sagte: »Ihr habt Euren eignen Bruder zum Mann. Ihr müßt Kelolo fortschicken.«
Malama war über dieses Ansinnen entsetzt. »Kelolo - aber er... «
»Er muß fort, Malama.«
»Aber er ist mein bevorzugter Ehegemahl«, protestierte sie.
»Diese Beziehung ist von Übel. Sie wird in der Bibel verboten.«
Bei dieser Mitteilung strahlte Malamas Gesicht verständnisvoll auf. »Du meinst, sie ist kapu!« sagte sie freundlich.
»Sie ist nicht kapu«, beharrte Abner. »Sie ist verboten durch Gottes Gesetz.«
»Das bedeutet gerade kapu«, erklärte Malama geduldig. »Jetzt verstehe ich. Alle Götter haben ihr Kapu. Du darfst diesen Fisch nicht essen. Er ist kapu. Du darfst nicht mit einer Frau schlafen, die ihre Regel hat. Sie ist kapu. Du darf st nicht...«
»Malama!« donnerte Abner. »Mit seinem Bruder verheiratet zu sein ist nicht kapu! Es ist kein gleichgültiger Aberglaube. Es ist ein Gesetz Gottes.«
»Ich weiß. Ich weiß. Kein kleines Kapu wie bestimmte Fische, sondern ein großes Kapu wie das Betreten des Tempels, wenn man unrein ist. Alle Götter haben große und kleine Kapus. Kelolo ist ein großes Kapu, und er muß fort. Ich verstehe.«
»Ihr versteht nicht«, begann Abner, aber Malama war so erfreut, wenigstens diesen Aspekt des neuen Gottes erfaßt zu haben, daß sie sogleich zur Tat schritt und mit lauter Stimme nach ihren Dienern rief. »Kelolo wird nicht mehr in diesem Haus wohnen! Er wird von nun an in jenem wohnen!« Und sie deutete auf ein Haus des Anwesens, das sieben Meter von dem früheren entfernt lag. Nachdem dies verfügt war, sah sie Abner strahlend an.
»Das ist nicht genug, Malama. Er muß aus der Umfriedung hinausziehen.«
Hier sagte Malama etwas zu Keoki, was der junge Mann vor Verlegenheit nicht übersetzen wollte. Aber Abner bestand darauf, und Keoki berichtete errötend: »Meine Mutter sagt, daß sie schon seit Jahren nicht mehr mit ihren vier anderen Männern schläft, und Sie brauchten nicht zu fürchten, daß sie sich schlecht benehmen würde...« Keoki verstummte, denn ihm fehlten die Worte. »Jedenfalls sagt sie, daß Kelolo ein freundlicher Mann ist und daß sie hofft, ihn in ihrem Anwesen behalten zu dürfen.«
Ärgerlich stampfte Abner auf und rief: »Nein! Das ist ein Übel. Sagt ihr, daß es das größte Kapu von allen ist...Warte, gebrauche nicht dieses Wort. Sagt ihr, daß Gott vor allem darauf besteht, daß Kelolo das Anwesen verläßt.«
Malama begann zu weinen und erwiderte, daß ihr Kelolo mehr sei als ein Gemahl oder ein Bruder und daß... Abner unterbrach sie und sagte einfach: »Wenn er nicht auszieht, Malama, könnt Ihr nie ein Mitglied der Kirche werden.«
Sie verstand nicht und fragte: »Mir wird nicht erlaubt sein, in die große neue Kirche zu kommen, die Kelolo bauen will?«
»Ihr dürft kommen«, sagte Abner sanft. »Auch der schlimmste Sünder darf kommen und zuhören. Ihr dürft auch singen. Aber Ihr werdet nie ein Mitglied der Kirche werden - so wie Keoki ein Mitglied ist.«
Malama überlegte eine Weile und sagte dann schlau: »Gut. Ich werde singen und Kelolo behalten.« »Und wenn Ihr sterbt«, sagte Abner, »werdet Ihr für alle Zeiten in der Hölle brennen.«
Malama wußte, daß sie in die
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