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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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im Rat der Edlen von Maui saß. Und wenn der letztere Prophet zuweilen mit einer Autorität auftrat, die den Eingeborenen Hawaiis großen Verdruß bereitete, so glaubte Abner, daß die Alten aus Juda dieselben Schwierigkeiten mit den Predigten Hesekiels gehabt haben mußten. Aber dort stand in unverwischbaren Worten: »Und er rief mit lauter Stimme vor meinen Ohren und sprach...« Ein Mann brauchte keine größere Autorität.
    Im Jahre 1825 brachte Jerusha ihr zweites Baby zur Welt, das kecke kleine Mädchen Lucy, das in späteren Jahren Abner Hewlett heiraten sollte, dem ebenfalls ihr Vater auf die Welt geholfen hatte. Als Kelolos große Kirche fast fertiggestellt war, sah sich Abner einem schwierigen Problem gegenüber. Er hatte sich nämlich vorgenommen, daß nach der Einweihung der Kirche alle Eingeborenen, die sie betraten, auch wie anständige Christen gekleidet sein sollten. »Ich dulde keine Nacktheit in der Kirche«, verkündete er. »Wir wollen auch nicht die Laubkränze mit ihrem verwirrenden Duft. Die Frauen werden Kleider tragen und die Männer Hosen.«
    Aber schon, als er dieses Gesetz bekanntgab, fragte er sich, wie genügend Stoff beschafft werden sollte, um die Heiden in Christen zu verwandeln. Die Alii, denen die Ladungen aus China zur Verfügung standen, waren schon versorgt. Sie hatten sich rasch zu der anständigen Kleidung bekehrt, und in den letzten Monaten war der Kapitän manch eines Kriegsschiffes, das in Lahaina anlegte, erstaunt gewesen über die würdigen und hünenhaften Adligen, die ihn an der kleinen Mole begrüßten. »Sie hätten der City von London alle Ehre gemacht«, berichtete ein Engländer an seine Vorgesetzten. »Die Männer trugen schwarze Röcke, passende Hosen und einen gelben Umhang. Die Frauen waren sonderbar, aber recht vorteilhaft angezogen. Ihre Kleider hatten breite Kragen, und der kostbare Stoff fiel ihnen in einer ununterbrochenen Linie vom Busen zu den Knöcheln. Wenn sie sich bewegten, wirkten die Männer und Frauen gleicherweise wie Götter, so aufrecht und hochmütig war ihre Haltung. Sie vertrauten mir insgeheim an, daß ein Missionar aus Boston ihnen gesagt habe, wie sie die ankommenden Schiffe zu begrüßen hätten. Wenn er auf ihre Seelen einen ebenso guten Einfluß hat wie auf ihr Benehmen, dann ist dieser Mann nur zu loben. Aber letzteres bezweifle ich, denn ich habe selten in einem Hafen so viel unverhohlene Unzucht gesehen wie in Lahaina.«
    Die Kleider für die armen Leute machten Abner Kopfzerbrechen, und dann kam ihm die Rettung von den Küsten Chinas. Der Briggschauer THETIS kehrte von seiner Sandelholzexpedition zurück und war beladen mit Waren, die für die Märkte der Inseln bestimmt waren, Kapitän a. D. Janders, der sich bereit gefunden hatte, sein Schiff an Kelolo zu verkaufen, war nun entschlossen, ein Handelsunternehmen zu beginnen und hatte den ganzen Sandelholzerlös in Kanton in Waren angelegt, die die Eingeborenen, wie er glaubte, zu schätzen wußten. Es wurde deshalb zu einem aufregenden Ereignis, als er seinen Laden neben Murphys Kneipe eröffnete und seine Ballen aus China auszuladen begann.
    Für die Männer hatte er derben Gabardine, glänzende Seidenhemden, knielange Hosen, wie sie dreißig Jahre früher in Frankreich Mode gewesen waren, Seidenstrümpfe und Schuhe mit auffälligen Schnallen gebracht. Es gab Zigarren aus Manila, Branntwein aus Paris und eine Kiste voll Konfektionsanzüge, die Kapitän Janders bei Schneidern in Kanton hatte anfertigen lassen, nachdem er sie ermahnt hatte »Macht jeden Anzug so groß, daß drei Chinesen hineingehen. Sie sind für die Eingeborenen von Hawaii.« Für Frauen war das Angebot des Kapitäns unwiderstehlich: Ballen des schönsten Brokats, Seide, Kleider aus Samt, Meter um Meter grünen und roten Stoff, Schachteln voll Spitzen, glitzernde Perlen, Broschen und Ringe, Fächer für heiße Nächte und Parfüms von den Gewürzinseln. Am meisten schätzten die Alii aber die großen Spiegel, die aus Frankreich stammten, und die schweren Mahagonimöbel, die in Kanton nach englischen Vorbildern angefertigt worden waren. Jede vornehme Familie hielt es für unerläßlich, einen Sekretär zu besitzen, der zwei Lampenständer und unzählige Fächer hatte. Auch das feine Porzellan war sehr begehrt, vor allem weißes mit blauem Muster. Mehr als für das Tafelgeschirr interessierte man sich jedoch für die strahlendweißen Nachttöpfe mit rosa Blumenmustern. Für das gewöhnliche Volk gab es
    Hunderte von

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