Hawaii
und er wurde in seinen Behauptungen immer kühner, bis er schließlich sogar die Japaner Hawaiis mit einbezog. Die Rede wurde begeistert aufgenommen und viele Obligationsscheine verkauft. Am nächsten Tag erschien in der Zeitung Hong Kongs Bild mit der Überschrift: »Patriotischer chinesischer Führer kritisiert Japaner.«
Nur in einem Haus wurde die Rede nicht als Erfolg angesehen. In ihrem kleinen, häßlichen Holzhaus in der Nuuanu hörte Hong Kongs Großmutter, die damals sechsundneunzig Jahre alt war, voll Abscheu zu, als ihr eine ihrer Urenkelinnen den Bericht über Hong Kongs Rede aus der Zeitung vorlas. »Bring ihn sofort hierher!« stürmte sie. Als dann der mächtige Bankier in ihrem Zimmer stand und die Türe wohlverschlossen war, erhob sich Nyuk Tsin, ging auf ihren Enkel zu und versetzte ihm vier schallende Ohrfeigen. »Du Tor!« schrie sie. »Du Dummkopf! Du verdammter Dummkopf!«
Hong Kong wich vor diesem Angriff zurück und versuchte sein Gesicht vor ihren Schlägen zu schützen. Aber da begann die feurige kleine Großmutter ihn gegen die Brust zu stoßen. Immer wieder rief sie: »Du Dummkopf!« bis er schließlich gegen einen Sessel stolperte und hineinfiel. Sie hielt inne, wartete bis er die Hände vom Gesicht nahm, und starrte ihn bekümmert an. »Hong Kong«, begann sie von neuem, »gestern hast du eine große Dummheit begangen.«
»Warum?« fragte er schwach.
Sie zeigte ihm die Zeitung und das Bild, auf dem er grinsend in einem Halbkreis von Haoles stand. Sie konnte nicht lesen, aber sie erinnerte sich an das, was ihre Urenkelin vorgelesen hatte, und wiederholte jetzt seine Phrasen mit bitterem Sarkasmus. »Wir können den Japanern nicht trauen!« Sie spie auf ihren eignen Fußboden. »Sie sind hinterhältige und verbrecherische Leute.« Abermals spie sie aus. Dann warf sie die Zeitung zu Boden und trampelte darauf herum, denn ihre Wut war groß. Sie schrie ihren Enkel an: »Was hast du dir davon versprochen, ein paar Minuten lang unter den Haoles zustehen?«
»Ich wurde gebeten, die chinesische Bevölkerung zu repräsentieren«, erwiderte Hong Kong unsicher.
»Wer hat dich zu unserem Repräsentanten ernannt, du dummer Junge?«
»Ich dachte, da wir gegen Japan kämpfen, sollte jemand von uns... «
»Du hast nicht nachgedacht!« fuhr ihn Nyuk Tsin an. »Du hast nicht genug Hirn im Kopf, um nachzudenken. Für den Ruhm, einen Augenblick lang unter den Haoles zu stehen, hast du alles zunichte gemacht, was sich die Chinesen in Honolulu langsam aufgebaut haben.«
»Einen Augenblick, Tante!« protestierte Hong Kong. »Genau das Gegenteil habe ich im Sinn gehabt, als ich mich bereit erklärte, diese Ansprache zu halten. Es war eine Gelegenheit, die Chinesen vor den Haoles, die die Insel regieren, in einem besseren Licht erscheinen zu lassen.« Nyuk Tsin sah ihren Enkel verwundert an. »Hong Kong!« brauste sie auf. »Glaubst du denn, daß die Haoles nach dem Krieg weiter in Hawaii regieren werden?«
»Sie haben die Banken, die Zeitungen...«
»Hong Kong! Wer ist in den Krieg gezogen? Welche Männer sind in Uniform? Wer wird auf diese Inseln zurückkehren und ihre politische Führung an sich reißen? Sag es mir, Hong Kong?«
»Meinst du die Japaner?« fragte er schwach.
»Ja!« schrie sie, und ihre Hakka-Wut erreichte ihren Höhepunkt. »Das ist es genau, was ich meine. Sie gewinnen den Krieg, und glaub' mir, Hong Kong. wenn sie die Verwaltung übernehmen, werden sie sich an die schlimmen Dinge erinnern, die du gestern gesagt hast, und jeder Kee in Honolulu wird es ein wenig schwerer haben wegen deiner Dummheit.«
»Ich hatte nicht die Absicht... »
»Sei still, du dummer Junge. Wenn nach dem Krieg Sam einen Laden eröffnen will, wo muß er dann die Erlaubnis einholen? Bei einem Japaner. Wenn Ruths Mann eine Buslinie einführen will, wer wird ihm die Konzession erteilen? Irgendein Japaner. Und sie werden uns wegen dem, was du gestern gesagt hast, hassen. Deine Worte haben sich in ihr Bewußtsein gegraben.«
Der Schatten einer Regierung, in der alle Anträge von
Japanern begutachtet wurden, legte sich schwer auf Hong Kong, und er fragte: »Was sollen wir tun?« Es war bezeichnend für einen Kee, daß er, wenn er etwas zu Unüberlegtes unternommen hatte, sogleich eingestand: »Ich habe das getan«, daß er aber, wenn ausgleichende Maßnahmen ergriffen werden mußten, immer zu Wu Chows Tante ging und fragte: »Was sollen wir tun?« Die alte Frau sagte: »Du mußt durch Honolulu gehen und
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