Hawaii
später erlaubt, den Verstand zu verlieren, als wären später alle Männer dazu berechtigt, eingeschlossen Whipple selbst.
Goro kam zur Besinnung, und seine Hand hörte auf zu zittern. In stummer Verzweiflung sah er den Oberst an, versuchte sich auf das gegenwärtige Problem zu konzentrieren, aber vermochte es nicht. Er sah nur seinen Bruder, der auf die Tannennadeln der Vogesen niedergesunken war. Dann erwachte sein kalter Verstand, und er zog den Revolver. Er packte Shigeo bei den Schultern und sagte: »Du gehst mir nach.« Dann brüllte er seinen Leuten auf japanisch zu: »Wir bleiben nicht stehen!« Und mit unaufhaltbarer Macht zogen er und seine Leute weiter durch den Wald. Das letzte Stück des Aufstiegs zu dem Höhenrücken wurde zu einem verzweifelten, entsetzlichen Kampf Mann gegen Mann. Shigeo, der seinem rasenden Bruder auf den Fersen folgte, entwickelte eine Tapferkeit, die er selber nicht für möglich gehalten hätte. Er ging direkt auf die deutschen Stellungen zu und sprengte sie mit Handgranaten in die Luft. Er duckte sich wie ein erfahrener Kämpfer hinter die Bäume, und als die letzte Stellung drohend und todbringend vor ihnen lag, ging der sanfte Shigeo, der Stillste unter den Sakagawa-Jungen, von denen es nur noch zwei gab, sie mit verteufelter Geschicklichkeit an. Er zog das Feuer auf sich, um ihre Bestückung abzuschätzen, und drang dann mit Handgranaten und Maschinenpistole auf sie ein.
Er tötete elf Deutsche, und als seine Kameraden an ihm vorbeistürmten, um endlich zur Rettung der Leute aus Texas zu eilen, lehnte er sich aus dem Nazi-Loch und jubelte wie ein Schuljunge.
»Du bist Leutnant!« rief Oberst Whipple, als er nach vorne ging, um die befreiten Truppen zu begrüßen, und ein Junge aus Maui sah Shigeo an und rief auf Pidgin: »Jesses, Krauts alle kaputt!«
In aufgelöster Formation gingen die Japaner unter Führung von Leutnant Sakagawa den Truppen aus Texas entgegen. Major Burns, ein großer Mann aus Houston, stolperte ihnen mit einem verletzten Knöchel entgegen und versuchte zu salutieren, aber die Bewegung überwältigte ihn. Er war fast verhungert und verdurstet, und ehe er Goro noch erreichte, fiel er in den Staub. Dann erhob er sich auf ein Knie und sagte in dieser Stellung: »Gott sei Dank. Seid ihr Jungen von der Japsen-Truppe?«
»Japanisch«, verbesserte Goro gleichmütig. Er beugte sich vor, um dem Mann aus Texas auf die Beine zu helfen, und sah, daß er mindestens dreißig Zentimeter größer als er selber war. All die Männer aus Texas, so verhungert und verdurstet sie auch sein mochten, waren riesige Kerle, und es wirkte fast peinlich, daß ein Haufen untersetzter kleiner Reisesser sie hatte herausschlagen müssen.
Gegen seinen Willen begann Major Burns, der ein sehr tapferer Mann war und der vor allem durch sein Vorbild und seinen außerordentlichen Charakter die Truppen am Leben erhalten hatte, zu weinen. Dann, als schäme er sich, biß er sich auf die Lippen, daß sie fast bluteten, und fragte: »Könnten meine Leute etwas Wasser bekommen?« Er wandte sich seiner Truppe zu und rief: »Bietet den Japsen einen fröhlichen Empfang.« Goro packte den Major, als wären sie Schulkinder in Kakaako und schrie in plötzlich hervorbrechender Wut: »Nenn uns bloß nicht Japsen!«
»Goro!« rief Oberst Whipple scharf.
»Was, Herr Oberst?« Er hatte schon vergessen, was er gesagt hatte. »Schon gut«, erwiderte Whipple. »Wir wollen machen, daß wir von hier fortkommen.«
Die Japaner stellten sich in zwei Reihen am Ausgang des Talkessels auf, in dem ihre Kameraden eingeschlossen worden waren, und als die riesigen Männer aus Texas zwischen den Japanern hindurch ihrer Freiheit entgegengingen, begannen sie zu lachen. Bald hallte der Kessel von ihrem Jubel wider. Die geretteten Männer umarmten ihre Befreier, küßten sie und warfen sie in die Luft. »Ihr kleinen Burschen habt Mumm in den Knochen!« brüllte ein mächtiger Kerl aus Abilene. »Ich dachte schon, wir müßten dran glauben.« Leutnant Sakagawa stimmte nicht in den allgemeinen Jubel ein. Er betrachtete seine Leute und dachte trübsinnig, daß von den tausendzweihundert Mann, die ausgezogen waren, um den Höhenzug zu stürmen, zwei Drittel entweder gefallen oder schwer verwundet waren. Diese furchtbare Verlustziffer, in der sein Bruder Minoru eingeschlossen war, überstieg das Maß des Ertragbaren, und er begann zu murmeln: »Warum mußten wir so viele kleine Burschen opfern, um diese paar großen zu
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