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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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Jeder bestätigte das, und sein Tod hinterließ sowohl in seiner Familie wie in Hawaii eine Lücke, die nicht zu schließen war. In den letzten Briefen, die er schrieb, als der launische Tod in seinem Geschwader schon so zur Tagesordnung gehörte, daß alle Piloten bedrückt waren, hatte er seinem Vater anvertraut, was er nach dem Krieg, der bald zu Ende sein mußte, vollbringen wollte.
    Von seinem Zelt in Iwoschima hatte er geschrieben: »Wir mußten unser riesiges Flugzeug hier in der Nähe auf Wasser setzen, und mit Gottes Hilfe wurden wir alle gerettet. Aber als ich niederging und an dem Steuerknüppel arbeitete, dachte ich weniger an eine glatte Bauchlandung als an das, was ich mir damals in meinem letzten Jahr auf Punahou vorgenommen hatte. Ich bin entschlossen, einen Roman über - Du wirst es nicht glauben - Tante Lucinda Whipple zu schreiben. Ich will sie am späten Nachmittag in ihrem Haus im Nuuanu-Tal sitzen lassen, und jeden Tag, wenn die Mittagsregen vom Pali herunterfegen und weißer Schimmel alles überzieht, wird sie die zerstreuten Mitglieder unserer Familie um sich versammeln. Mir schien immer, als sei Tante Lucinda die Tante eines jeden und als kämen alle zu ihr, um ihrer eintönigen Plauderei über vergangene Zeiten zuzuhören. Nichts von dem, was ich schreibe, wird einen Sinn haben - mehr als nur endloses Weibergeschwätz sein -, wenn es sich nicht zu einem eignen Zauber verwebt, einem solchen Zauber wie dem, unter dem Du und ich immer gestanden haben. Ich werde Tante Lucinda genauso darstellen wie sie ist: fromm, standesbewußt, stolz, unachtsam, unwissend, geschwätzig und unglaublich liebenswürdig. Für mich ist sie ein Spinnweb, eine fatale Ausgeburt, ein Alptraum; und als unsere Maschine auf dem Wasser aufsetzte, hörte ich nicht auf meinen zweiten Piloten, der verteufelt aufgeregt war, sondern auf die liebe, alte Tante Lucinda. Wie haßte sie Flugzeuge und schnelle Automobile und Japaner. Übrigens, wenn Du Dir die Mühe machst, der Sache auf den Grund zu gehen, dann haßte sie, glaube ich, alle außer den Whipples, den Janders, den Hales, den Hewletts und den Hoxworths. Aber sogar über sie mußte sich Tante Lucinda Sorgen machen, denn sie betonte ja stets, daß sie von jener Linie der Whipples stammte, in der kein Tropfen hawaiisches Blut floß, und in ihrer Vorstellung trennte sie diejenigen von ihrer großen Familie ab, die in dieser Hinsicht belastet waren. Dir und mir begegnete sie immer mit Mißtrauen, weil wir nicht rein englischer Abstammung waren; und natürlich waren in ihren Augen alle Hoxworths und die Hälfte der Hewletts befleckt. Oft, wenn ich mich mit ihr unterhielt, zögerte sie plötzlich, und dann hatte ich das deutliche Gefühl, daß sie im stillen dachte: Ich sage ihm lieber nichts davon, denn schließlich ist er doch nur einer der Befleckten. Und aus Tante Lucindas endlosen Hirngespinsten möchte ich ein Bild Hawaiis und all der Leute, die es mitbauten, schaffen. Ich möchte von dem ersten Vulkan und dem letzten Zuckerstreik erzählen. Du wirst meinem Roman vielleicht nichts abgewinnen, aber er wird genau sein, und ich glaube, das ist schon etwas wert. Es ist seltsam, daß ich hier über Tante Lucinda schreibe, als wäre sie schon tot. Aber sie
    lebt noch, und vielleicht bin ich es, der tot sein wird.«
    Dieser furchtbare Schmerz wich nie aus Hoxworths Herz. Er begann, über Tante Lucindas Grillen nachzusinnen, und nahm die Gedanken seines Sohnes auf: Wir leben in einem Spinnweb. Zuckerrohr, hawaiische Geister, Ananas, Schiffe, Straßenbahnlinien, japanische Arbeitergewerkschaften, Tante Lucindas Erinnerungen. - Das Spinnweb wurde immer feiner und gleichzeitig grausam bedrückend, wenn es die Räume der oberen Stockwerke einbezog, in denen einige der großen Familien zarte Frauen verschlossen hielten, deren Geist in unzulässigem Maße auschweifend geworden war. In einem solchen Zimmer verbrachte auch Hoxworths Frau ihre Tage. In den zwanziger Jahren, auf Punahou, war Malama Janders, wie sie damals hieß, eine lachende, poetische junge Dame gewesen, die Sinn für Musik und Jungen hatte. Aber im Laufe der Jahre und vor allem seit dem Kriege hatte ihr Geist jeden Halt verloren. Sie weigerte sich, zu begreifen, was ihrem Sohn Bromley widerfahren war und was ihre hinreißend schöne Tochter Noelani tat. Ihre einzige Freude bestand darin, sich zuweilen das Nuuanu-Tal zu Tante Lucinda hinauffahren zu lassen. Dort saßen dann die beiden Frauen an regnerischen Nachmittagen

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