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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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und ohne Schonung, und ich weiß von meiner Mutter, wie schwer es ein solcher Mann seiner Frau gelegentlich machen kann. Aber während meines ganzen Lebens habe ich nicht bemerkt, daß mein Vater sich sehr geändert hätte, und so muß ich annehmen, daß das eine Eigenschaft ist, die die Frauen angeht. Ich habe während neunzehn Jahren in engstem Vertrauen mit ihm gelebt, wir haben alle unsere Geheimnisse miteinander geteilt, und nie ist es ihm in den Sinn gekommen, mir etwas anderes zu schenken als einige Gebrauchsgegenstände wie ein Lineal oder ein Tagebuch. Ich bin sicher, er weiß nicht, daß es Blumen gibt, obwohl unser Herr darauf sah, daß sein Tempel in Jerusalem aus dem besten Material und aus duftenden Hölzern errichtet wurde. Auch hierin gleicht er ganz seinem Vater. Drittens ist er kein schöner Mann, und seine Angewohnheit, sich nicht aufrecht zu halten, trägt dazu bei, ihn noch weniger schön erscheinen zu lassen. Er ist nachlässig in seiner Kleidung und in der Pflege seines Körpers, obwohl er seinen Mund oft spült, um hiermit kein Ärgernis zu erregen. Täglich begegnen mir in Marlboro junge Männer, die hübscher sind als er, und wahrscheinlich werde ich eines Tages einen von ihnen heiraten; aber ich habe nicht die geringste Hoffnung, daß diese hübscheren Männer ebenso viele vorteilhafte Eigenschaften haben, wie ich sie eben bei ihm aufgezählt habe. Doch weiß ich auch, daß Du Dir oft wünschen wirst, Abner möchte sich etwas aufrechter halten und weißere Wäsche tragen und eine eindrucksvollere Erscheinung abgeben. Er wird niemals diese Tugenden besitzen, und wenn Du sie vor allem suchst, wirst Du schwer enttäuscht sein. Zum Schluß, liebe Schwester Jerusha - ich wage Dich so zu nennen, weil es mein sehnlichster Wunsch ist, daß Du meinen Bruder annehmen mögest, denn er braucht dringend diesen Geist der Freude, der sich in Deinem Brief ausdrückt -, zum Schluß möchte ich Dir also sagen, daß er sowohl ernst als auch eitel ist, und wenn er nicht zum Geistlichen bestimmt wäre, so müßten diese Charakterzüge tatsächlich unerträglich sein. Aber sein Ernst und seine Eitelkeit stammen aus derselben Wurzel. Er weiß, daß Gott zu ihm persönlich gesprochen hat, wie es wirklich der Fall war, und er weiß, daß er dadurch von allen anderen Menschen abgesondert wurde. Das ist eine sehr unangenehme Seite meines Bruders, und das darf ich jetzt aussprechen, weil Gott auch zu mir gesprochen hat, und wie ich Deinem Brief entnehme, auch zu Dir einst gekommen ist, und doch bist weder Du noch ich in jene Eitelkeit verfallen, die meinem Bruder so sehr schadet. Ich habe in Gottes Gegenwart eine Süße gefunden, wie ich sie nie vorher gekannt habe. Sie macht mich sanfter gegenüber meinen Schwestern, gibt mir mehr Verständnis für meine kleinen Brüder. Die Hühner zu füttern und die Butter zu stoßen, macht mir jetzt größere Freude. Wenn nur Abner in Gottes Gegenwart seine Eitelkeit ablegen könnte, er wäre ein nahezu vollkommener Ehemann für Dich, Jerusha. Wie die Dinge liegen, ist er ein guter Mann, und wenn Du ihn Dir erwählst, so behalte diesen Brief bei Dir, und Du wirst mit den Jahren finden, daß Deine ungekannte Schwester Dir die Wahrheit gesagt hat.«
    Ein anderer Brief wartete auf ihn in Marlboro. Er kam von Pastor Eliphalet und enthielt nur folgende Worte: »Arbeiten Sie, solange Sie bei Ihrem Vater sind, täglich in der Sonne ohne Hut. Wenn Jerusha Sie erwählt, werde ich die Trauung vollziehen.«
    So arbeitete Abner zwei Wochen lang auf dem Feld, wie er es als Junge getan hatte. Die Sonne bräunte ihn, und die bleiche Haut unter seinen tiefliegenden Augen straffte sich, und als dann die Zeit des Abschieds von der großen, lieben Familie kam, sah er so gut aus, wie es bei ihm nur möglich war. Aber die Entspannung seines finsteren Wesens, die seine Schwester Esther in ihm hatte hervorrufen wollen, war nicht eingetreten. Der Grund hierfür lag zum Teil in der Vorahnung des jungen Geistlichen, es sei das letzte Mal auf Erden, daß er diese elf Leute sehen würde, diese Scheune, dieses Feld, wo er bekehrt worden war, diese innige Gemeinschaft einer christlichen Familie. Er schüttelte seiner Mutter die Hände, denn er verstand nichts von zärtlichen Umarmungen, dann seinem Vater, und der meinte verschämt: »Da du uns nun verläßt, sollte ich vielleicht anspannen.«
    Doch war er erleichtert, als sein Sohn antwortete: »Nein, Vater. Es ist ein schöner Tag. Ich werde zu Fuß

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