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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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Tür klickte sanft hinter ihr zu. Koi wandte sich zu den übrigen um.
    »Nun schlage ich vor, dass wir uns ein paar Minuten nehmen, um unseren Geist zu klären, denn sobald die Sache steht und läuft, leben wir in der Virtualität, bis alles vorbei ist. Mit etwas Glück sind wir vor heute Abend fertig, Realzeit, und schon wieder auf dem Weg. Und Kovacs… das ist nur meine persönliche Ansicht, aber ich finde, Sie sind zumindest einigen von uns eine Erklärung schuldig.«
    Ich begegnete seinem Blick, und ich tat es mit plötzlichem Abscheu vor seiner beschissenen Wir-werden-Geschichte- schreiben-Politik.
    »Sie haben ja so Recht, Soseki. Das ist Ihre persönliche Ansicht. Also sollten Sie sie vielleicht für sich behalten.«
    Virginia Vidaura räusperte sich. »Tak, ich glaube, wir sollten runtergehen und einen Kaffee trinken.«
    »Ja, das wäre eine gute Idee.«
    Ich starrte Koi noch ein letztes Mal an und ging dann zur Tür. Ich sah, wie Vidaura und Brasil einen Blick wechselten, bevor sie mir nach draußen folgte. Keiner von uns beiden sagte etwas, während wir mit dem transparenten Lift durch einen von Licht erfüllten Innenhof nach unten fuhren. Auf halbem Wege sah ich Tudjman in einem großen, von Glaswänden umgebenen Büro, wie er unhörbar eine ungerührte Sierra Tres anbrüllte. Offenbar stieß die Forderung nach einer höheren virtuellen Ratio nicht auf positive Resonanz.
    Der Aufzug entließ uns in ein Atrium mit offener Front. Ich durchquerte die Lobby und trat hinaus in die Mengen der Touristen auf der Promenade. Dann hob ich den Arm und winkte ein Autotaxi heran. Virginia Vidaura griff nach meinem anderen Arm, als sich das Fahrzeug zu Boden senkte.
    »Was soll das? Wohin willst du?«
    »Du weißt genau, wohin ich will.«
    »Nein.« Sie ließ nicht locker. »Nein, das wirst du nicht tun. Koi hat Recht, dafür haben wir keine Zeit.«
    »Es wird so schnell gehen, dass es sich nicht lohnt, sich deswegen Sorgen zu machen.«
    Ich wollte mich auf die geöffnete Tür des Autotaxis zubewegen, aber es ging nicht, sofern ich nicht bereit war, Nahkampftechniken einzusetzen. Und diese Möglichkeit kam im Fall von Vidaura einfach nicht infrage. Verärgert wandte ich mich ihr wieder zu.
    »Virginia, lass mich gehen!«
    »Was passiert, wenn etwas schief geht, Tak? Was ist, wenn dieser Priester…«
    »Es wird nichts schief gehen. Ich töte diese verdammten Arschlöcher jetzt schon seit über einem Jahr und…«
    Ich verstummte. Vidauras Surfer-Sleeve war fast genauso groß wie meiner, und unsere Augen waren nur eine Handbreit voneinander entfernt. Ich spürte ihren Atem auf meinen Lippen und die Spannung ihres Körpers. Ihre Finger gruben sich in meinen Arm.
    »Es reicht jetzt«, sagte sie. »Hör auf damit. Rede mit mir, Tak. Du hörst jetzt damit auf und erzählst mir davon, verdammt!«
     
    »Was gibt es also zu erzählen?«
    Sie lächelt mich über den Spiegelholztisch hinweg an. Ihr Gesicht hat nicht viel mit dem zu tun, an das ich mich erinnere – zum einen ist es etliche Jahre jünger, aber es gibt Echos im neuen Sleeve des Körpers, der vor meinen Augen in einem Hagel aus Kalaschnikow-Feuer starb, in einem früheren Leben. Die gleiche Länge der Gliedmaßen, der gleiche seitwärtige Fall des rabenschwarzen Haars. Etwas in der Art, wie sie den Kopf neigt, sodass ihr Haar vom rechten Auge zurückfallt. Die Art, wie sie raucht. Die Art, wie sie immer noch raucht.
    Sarah Sachilowska. Aus der Einlagerung geholt, wieder lebendig.
    »Eigentlich nichts. Falls du glücklich bist.«
    »Ich bin glücklich.« Sie wischt den Rauch vom Tisch weg, ist für einen kurzen Moment gereizt. Es ist ein winziger Funke der Frau, die ich gekannt habe. »Ich meine, würde es dir nicht genauso gehen? Strafe in angemessene Geldsumme umgewandelt. Und das Geld fließt immer noch herein, es wird genug Arbeit mit der Biocodierung für das nächste Jahrzehnt geben. Bis sich der Ozean wieder beruhigt hat, gibt es für uns ganz neue Levels des Flusses zu domestizieren, und das nur lokal. Jemand muss noch den Zusammenstoß modellieren, wo der Mukuni-Strom auf das warme Wasser trifft, das von Kossuth heraufkommt, und dann etwas dagegen tun. Wir bewerben uns für das Projekt, sobald die staatliche Finanzierung steht. Josef sagt, bei unserem gegenwärtigen Tempo werde ich die Gesamtstrafe in zehn Jahren abbezahlt haben.«
    »Josef?«
    »Ach ja, ich hätte es dir sagen sollen.« Das Lächeln kommt wieder hervor, diesmal breiter. Offener. »Er ist

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