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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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ist hier. Sei realistisch.
    Also gut, dann ist er eben hier. Und sie ebenfalls. Genauso wie Aiura und ein paar hundert handverlesene Faktoten der Harlan-Familie. Mach dir wegen so was Sorgen, nachdem du den Gipfel erstiegen hast.
    Ein Feuerwerkskahn glitt im Mondlicht vorbei, unterwegs zu einer Abschussposition weiter draußen im Reach. Am Heck stapelten sich Kisten, Gurte und Heliumzylinder. Auf den abgesägten Bugaufbauten drängten sich Gestalten an der Reling, die winkten und Leuchtkugeln in die Nacht feuerten. Beim Vorbeifahren stieß das Gefährt ein lautes Hupen aus, Harlans Geburtstagshymne mit den Tönen des dröhnenden Kollisionsalarms gespielt.
    Herzlichen Glückwunsch, Scheißkerl.
    »Kovacs?«
    Es war Sierra Tres. Sie war zum Cockpit gekommen, ohne dass ich etwas bemerkt hatte, was entweder eine Menge über ihre Fähigkeiten des heimlichen Anschleichens oder meinen Mangel an Aufmerksamkeit aussagte. Ich hoffte, dass Ersteres der Fall war.
    »Alles in Ordnung?«
    Ich dachte einen Moment darüber nach. »Sehe ich aus, als wäre mit mir nicht alles in Ordnung?«
    Sie machte eine typische lakonische Geste und setzte sich in den zweiten Pilotensessel. Eine ganze Weile sah sie mich nur an.
    »Also, was ist mit dir und dem Kind?«, fragte sie schließlich. »Suchst du nach deiner verlorenen Jugend?«
    »Nein.« Ich stach einen Daumen in Richtung Süden. »Meine verlorene Jugend rennt irgendwo da draußen rum und versucht mich zu töten. Mit Isa läuft nichts. Ich bin kein Scheißpädophiler.«
    Eine weitere längere Pause. Der Feuerwerkskahn glitt in den Abend davon. Wenn ich mit Tres sprach, war es immer so. Unter normalen Umständen hätte ich darauf gereizt reagiert, aber jetzt, in der Ruhe vor Mitternacht gefangen, hatte es etwas seltsam Beschwichtigendes.
    »Was glaubst du, wie lange dieses Virus schon an Natsume gekoppelt war?«
    Ich zuckte die Achseln. »Schwer zu sagen. Du meinst, ob es eine langfristige Beschattung oder eine speziell für uns aufgebaute Falle war?«
    »Zum Beispiel.«
    Ich schnippte Asche von der Zigarre und starrte auf die Glut. »Natsume ist eine Legende. Zwar keine ausgesprochen berühmte, aber ich erinnere mich an ihn. Das Gleiche gilt für die Kopie von mir, die die Harlans angeheuert haben. Inzwischen weiß er wahrscheinlich auch, dass ich in Tekitomura mit ein paar Leuten geredet habe und weiß, dass Sylvie in Rila festgehalten wird. Mit diesen Informationen kann er sich denken, was ich tun werde. Den Rest erledigt die Envoy-Intuition. Wenn er auf der gleichen Wellenlänge schwingt, dann könnte es tatsächlich sein, dass sie Natsume virale Wachhunde angehängt haben, die nur darauf warten, dass ich aufkreuze. Mit der Rückendeckung, die er jetzt hat, dürfte es nicht schwierig sein, ein paar Persönlichkeitshüllen zu schreiben und sie mit gefälschten Referenzen von einem anderen Kloster der Entsagenden einzuklinken.«
    Ich zog an der Zigarre, spürte den beißenden Rauch und stieß ihn wieder aus.
    »Aber es wäre natürlich denkbar, dass Natsume schon vor längerer Zeit von der Harlan-Familie präpariert wurde. Es ist eine ziemlich nachtragende Bande, und sie dürften ihm nie verziehen haben, dass er einfach so Rila erklettert hat und sie wie die letzten Idioten aussahen, auch wenn es kaum mehr als eine Quelljungen-Mutprobe war.«
    Sierra schwieg und starrte durch die Windschutzscheibe des Cockpits.
    »Letztlich läuft es auf dasselbe hinaus«, sagte sie schließlich.
    »So ist es. Sie wissen, dass wir kommen.« Seltsamerweise musste ich lächeln, als ich das sagte. »Sie wissen nicht genau, wann oder wie, aber sie wissen es.«
    Wir beobachteten die anderen Schiffe um uns. Ich rauchte die Erkezes bis zum Stummel herunter. Sierra Tres saß stumm und reglos da.
    »Ich schätze, Sanction IV war verdammt hart«, sagte sie etwas später.
    »Da schätzt du richtig.«
    Endlich hatte ich sie in ihrem wortkargen Spiel geschlagen. Ich warf die aufgerauchte Zigarre fort und zog zwei neue hervor. Eine bot ich ihr an, doch sie schüttelte den Kopf.
    »Ado gibt dir die Schuld«, sagte sie zu mir. »Genauso wie ein paar der anderen. Nur Brasil nicht, glaube ich. Er scheint dich zu mögen. Schon immer, glaube ich.«
    »Ich bin ja auch ein liebenswerter Kerl.«
    Ein Lächeln verzog ihren Mund. »Scheint so.«
    »Was soll das heißen?«
    Sie wandte den Blick ab und schaute über das Vorderdeck des Trimarans. Das Lächeln war schon wieder verschwunden, hatte sich in eine katzengleiche Ruhe

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