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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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zurückgezogen.
    »Ich habe dich gesehen, Kovacs.«
    »Wo?«
    »Mit Vidaura.«
    Das hing eine Weile zwischen uns. Ich erweckte meine Zigarre zum Leben und paffte genug Rauch, um mich darin verstecken zu können.
    »Hast du etwas gesehen, das dir gefallen hat?«
    »Ich war nicht im Zimmer. Aber ich habe gesehen, wie ihr zusammen hineingegangen seid. Und es machte nicht den Eindruck, als hättet ihr ein Arbeitsessen im Sinn gehabt.«
    »Nein.« Die Erinnerung, wie Vidauras virtueller Körper mit meinem zusammengestoßen war, jagte ein scharfes Stechen durch meine Magengrube. »Nein, das hatten wir nicht.«
    Wieder Schweigen. Schwache Bassrhythmen von den geballten Lichtern im Süden von Kanagawa. Marikanon schob sich hinauf und gesellte sich zu Daikoku am nordöstlichen Himmel. Während wir gemächlich südwärts trieben, konnte ich das beinahe infraschalltiefe Dröhnen des vollen Mahlstroms hören.
    »Weiß Brasil davon?«, fragte ich.
    Jetzt war sie es, die die Achseln zuckte. »Keine Ahnung. Hast du es ihm gesagt?«
    »Nein.«
    »Hat sie?«
    Und wieder Schweigen. Ich erinnerte mich an Virginias kehliges Lachen und die scharfen, unzusammenhängenden Scherben der drei Sätze, mit denen sie meine Bedenken zerstört und die Fluttore geöffnet hatte.
    So etwas würde Jack nicht stören. Dabei ist es hier nicht einmal real, Tak. Außerdem muss er es nicht erfahren.
    Inmitten von Bombeneinschlägen und Sunjet-Feuer auf siebzehn Welten hatte ich mich daran gewöhnt, ihrem Urteil zu vertrauen, aber in diesem Fall schien etwas nicht zu stimmen. Virginia Vidaura war genauso gut mit Virtualitäten vertraut wie jeder andere von uns. Das, was sich dort abgespielt hatte, als nicht real abzutun, kam mir wie ein Ausweichmanöver vor.
    Auf jeden Fall hat es sich verdammt real angefühlt, als wir gefickt haben.
    Ja, aber anschließend hast du dich genauso geil und unbefriedigt gefühlt wie zuvor. Es war letztlich nicht realer als deine phantasievollen Tagträume von ihr während deiner Zeit als frischer Rekrut.
    He, sie war auch dabei!
    Nach einer Weile stand Sierra auf und streckte sich.
    »Vidaura ist eine bemerkenswerte Frau«, sagte sie kryptisch und schlenderte Richtung Heck zurück.
     
    Kurz vor Mitternacht kappte Isa uns von der Reach-Verkehrskontrolle, und Brasil übernahm im Schönwetter-Cockpit das Ruder. Zu diesem Zeitpunkt war das konventionelle Feuerwerk bereits losgegangen und hing wie grüne, goldene und rosafarbene Sonarortungen über der Skyline von Millsport. So ziemlich jede Insel und Plattform verfügte über ein eigenes Arsenal, und auf den größeren Landmassen wie New Kanagawa, Danchi und Tadaimako gab es sie in jedem Park. Selbst einige der Schiffe auf dem Reach hatten Feuerwerk an Bord, und von verschiedenen benachbarten Fahrzeugen zogen Raketen betrunkene Linien aus Funken über den Himmel. Anderswo wurden ersatzweise Rettungsleuchtgeschosse abgefeuert. Auf dem allgemeinen Radiokanal leierte irgendein hirnrissiger Reporter vor einem Hintergrund aus Musik und Partylärm sinnlose Beschreibungen des Ganzen herunter.
    Die Boubin schwankte etwas, als Brasil das Tempo erhöhte und wir auf Südkurs durch die Wellen schnitten. So weit unten im Reach trug der Wind einen feinen Nebel aus Gischt heran, die vom Mahlstrom aufgewirbelt wurde. Ich spürte sie zart wie Spinnenweben an meinem Gesicht, dann kalt und feucht, als sie sich wie Tränen sammelten und herabrannen.
    Nun begann das eigentliche Feuerwerk.
    »Schau mal«, sagte Isa. Ihr Gesicht erstrahlte in kindlicher Begeisterung, als für einen Moment ihre coole Teenagermaske von ihr abfiel. Genauso wie alle anderen war sie an Deck gekommen, weil sie den Anfang der Show auf keinen Fall verpassen wollte. Mit einem Nicken deutete sie auf die abgeschirmten Radarmonitore. »Da zischen die ersten ab. Start.«
    Auf dem Display sah ich mehrere Leuchtpunkte nördlich von unserer Position im Reach, jede mit dem alarmroten Blitzsignal markiert, das eine Flugbahn anzeigte. Wie jedes Spielzeug reicher Leute war die Boubin extrem redundant instrumentiert, was mir verriet, auf welcher Ebene sich die Eigentümer bewegten. Ich sah zu, wie sich die Zahl neben jedem Punkt erhöhte, und unwillkürlich spürte ich ein leichtes Zucken der Ehrfurcht in der Magengrube. Das Erbe von Harlans Welt – wer auf diesem Planeten aufwuchs, konnte es nicht abschütteln.
    »Und nun hat man die Seile gekappt«, teilte der Kommentator uns fröhlich mit. »Die Ballons steigen auf. Ich sehe,

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