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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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wie…«
    »Müssen wir uns das anhören?«, fragte ich.
    Brasil zuckte die Achseln. »Such einen Kanal, auf dem nicht derselbe Mist gesendet wird. Ich jedenfalls schaffe es nicht.«
    Im nächsten Moment brach der Himmel auf.
    Mit der Ladung aus explosivem Ballast hatte die erste Staffel Heliumballons die Vierhundert-Meter-Marke erreicht. Mit unmenschlicher Präzision und maschinenschnell wurde sie vom nächsten Orbital bemerkt, das einen langen, stotternden Finger aus Engelsfeuer entließ. Er riss die Dunkelheit auseinander, brannte sich durch die Wolkenbänke am westlichen Himmel, tauchte die zerklüfteten Berglandschaften um uns herum in blaues Licht und berührte jeden der Ballons für einen Sekundenbruchteil.
    Der Ballast detonierte. Regenbogenfeuer ergoss sich über Millsport.
    Der Donner der erzürnten Luft in der Bahn des Engelsfeuers rollte mit majestätischem Grollen über den Archipel, als würde etwas Dunkles zerreißen.
    Selbst der Radioreporter verstummte.
    Irgendwo im Süden erreichte eine zweite Ballonstaffel die kritische Höhe. Das Orbital schlug erneut zu, und wieder wurde die Nacht in bläulichen Tag verwandelt. Und wieder regneten Farben vom Himmel. Die versengte Luft brüllte.
    An strategisch verteilten Punkten rund um Millsport und von den Kähnen im Reach wurden nun die Starts eingeleitet. Weit verstreute Köder für die von Aliens erbauten Maschinen im Orbit. Die flackernden Strahlen des Engelsfeuers wurden zu einem scheinbar konstanten, wandernden Zeiger der Vernichtung. Sie stachen in allen erdenklichen Winkeln durch die Wolken, leckten zärtlich an jedem Objekt, das die Vierhundert-Meter-Marke zu überschreiten wagte. Der ständige Donner wurde ohrenbetäubend. Der Reach und die Landschaft rundum wurden zu einer Serie von stroboskopartigen Standbildern. Der Radioempfang war tot.
    »Zeit zu gehen«, sagte Brasil.
    Er grinste.
    Ich ebenfalls, wie mir bewusst wurde.

 
31
     
     
    Das Wasser des Reach war kalt, aber nicht unangenehm kalt. Von der Tauchertreppe der Boubin glitt ich hinein, ließ die Reling los und spürte, wie die gelierte Kühle von allen Seiten auf den Anzug drückte, als ich eintauchte. Es war eine Art Umarmung, die mich mit dem Gewicht meiner umgeschnallten Waffen und des Anderson-Systems hinunterzog.
    Ein paar Meter unter der Oberfläche schaltete ich die Tarn- und Auftriebssysteme ein. Die Gravenergie vibrierte leicht und drückte mich sanft zurück nach oben. Ich brach bis auf Augenhöhe durch die Oberfläche, zog die Maske vom Helm und blies das Wasser hinaus.
    Tres kam ein paar Meter entfernt hoch. Hob zur Bestätigung die Hand. Ich sah mich nach Brasil um.
    »Jack?«
    Seine Stimme kam über das Induktionsmikrofon, begleitet von einem tief empfundenen Bibbern.
    »Unter dir. Ganz schön kalt, was?«
    »Hab dir doch gesagt, dass du die Selbstinfektion beenden solltest. Isa, hörst du da oben zu?«
    »Was glaubst du denn?«
    »Also gut. Du weißt, was zu tun ist?«
    Ich hörte sie seufzen. »Ja, Vati. Auf meiner Station bleiben, alle Kanäle offen halten. Alles weiterleiten, was von den anderen hereinkommt. Nicht von fremden Männern anquatschen lassen.«
    »Alles korrekt.«
    Ich hob vorsichtig den Arm und sah, dass das Tarnsystem die Refraktionsverschiebung in der Haut des Anzugs verändert hatte. In der Nähe des Meeresgrundes würde der übliche Chamäleochrom-Effekt eintreten und mich an die dort vorherrschenden Farben anpassen. Aber im freien Wasser würde ich zu einem Gespenst werden, einer verschwommenen Trübung des Wassers, einer optischen Täuschung.
    Darin lag ein gewisser Trost.
    »Also gut.« Ich atmete tief durch, intensiver als nötig. »Dann geht es jetzt los.«
    Ich peilte die Lichter an der südlichen Spitze von New Kanagawa an, dann den schwarzen Stiel von Rila zwanzig Kilometer dahinter. Ich tauchte wieder ins Meer, streckte mich träge aus und schwamm los.
    Brasil hatte uns nach Süden gebracht, möglichst weit weg vom allgemeinen Verkehr, um keine unnötige Aufmerksamkeit zu erregen, aber es war immer noch eine beträchtliche Strecke bis zum Felsen. Unter normalen Umständen wären es ein paar Stunden harter Arbeit gewesen, dorthin zu gelangen. Strömungen, die vom Mahlstrom durch den Reach nach Süden gesogen wurden, halfen etwas, aber das Einzige, was eine Annäherung unter Wasser letztlich möglich machte, war das modifizierte Auftriebssystem. Da die elektronische Überwachung im Archipel wirksam durch den orbitalen Sturm geblendet wurde, würde

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