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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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Konfrontation – all das stürzte nun über mir zusammen.
    »Wir haben es geschafft, Tak«, brüllte Brasil.
    Ich schüttelte den Kopf. Sammelte meine Stimme.
    »So weit, so gut«, konterte ich.
    »Mann, sei doch nicht so!«
    Erneut schüttelte ich den Kopf. Ich hielt mich am Rahmen fest, beugte mich durch die offene Luke des Einsatzkopters hinaus und blickte auf die schnell zusammenschrumpfende Anordnung der Lichter an der Rila-Zitadelle. Mit unverstärkter Sicht konnte ich die Gestalten im Steingarten nicht mehr erkennen, und ich war zu müde, um das Neurachem hochzufahren. Doch selbst über den zunehmend größer werdenden Abstand zwischen uns spürte ich seinen starrenden Blick und den unversöhnlichen Zorn, der darin loderte.

 
33
     
     
    Wir holten die Bewohner der Insel Boubin genau dort ein, wo sie sein sollte. Isas nautische Fähigkeiten im Verbund mit der Pilotensoftware des Trimarans waren untadelig. Sierra Tres sprach mit dem Piloten, der – auch wenn diese Einschätzung auf einer sehr kurzen Bekanntschaft fußte – ein anständiger Kerl zu sein schien. Obwohl er den Status einer Geisel hatte, ließ er sich während des Fluges keine Nervosität anmerken, und einmal sagte er sogar etwas zu Sierra Tres, das sie laut auflachen ließ. Nun nickte er lakonisch, als sie ihm ins Ohr sprach, vergrößerte ein paar Displays in seiner Flugkonsole, und der Einsatzkopter stürzte auf die Jacht zu. Ich zeigte auf das zweite Komset und setzte es mir ans Ohr.
    »Immer noch da, Aiura?«
    Ihre Stimme kam präzise und erschreckend höflich zurück. »Ich höre immer noch zu, Kovacs-san.«
    »Gut. Wir setzen gleich auf. Ihr Pilot hier weiß, dass er anschließend ganz schnell verschwinden soll, aber ich möchte noch einmal unterstreichen, dass ich in allen Richtungen einen klaren Himmel sehen will…«
    »Kovacs-san, ich habe nicht die Befugnis…«
    »Dann holen Sie sie ein. Ich glaube Ihnen keine Sekunde lang, dass Konrad Harlan kein Flugverbot für den gesamten Millsport-Archipel verfügen kann, wenn er es will, selbst wenn Sie es nicht können. Also hören Sie mir genau zu. Wenn ich in den nächsten sechs Stunden hier irgendwo einen Helikopter über dem Horizont sehe, ist Mitzi Harlan tot. Wenn ich in den nächsten Stunden irgendeinen Verfolger auf dem Radar sehe, ist Mitzi Harlan tot. Wenn ich irgendein Schiff sehe, das uns folgt, ist Mitzi…«
    »Ich habe Sie verstanden, Kovacs.« Ihre Höflichkeit hatte sich sehr schnell verflüchtigt. »Niemand wird Ihnen folgen.«
    »Vielen Dank.«
    Ich warf das Komset zurück auf den Sitz neben dem Piloten. Außerhalb des Kopters war die vorbeirauschende Luft trübe. Seit wir gestartet waren, hatte es keine orbitale Entladung mehr gegeben, und da im Norden kein Feuerwerk mehr zu sehen war, schien die Lichtshow allmählich zu Ende zu gehen. Dichte Wolken zogen von Westen heran und bedeckten den aufsteigenden Rand von Hotei. Weiter oben war Daikoku leicht verschleiert und Marikanon völlig unsichtbar. Es sah nach Regen aus.
    Der Dracul beschrieb einen engen Kreis über dem Trimaran, und ich sah eine weißgesichtige Isa an Deck, wie sie wenig überzeugend eins von Brasils antiken Nadelgewehren schwenkte. Bei diesem Anblick berührte ein Lächeln meine Mundwinkel. In der nächsten Kurve zogen wir uns ein Stück zurück und gingen auf Meereshöhe runter, dann flogen wir die Boubin von der Seite an. Ich stand in der Luke und winkte beruhigend. Isas angespannte Züge fielen vor Erleichterung in sich zusammen, und sie ließ das Gewehr sinken. Der Pilot setzte sein Fluggefährt am Rand des Decks der Boubin ab und brüllte uns über die Schulter an.
    »Ende der Spritztour, Leute.«
    Wir sprangen hinunter, zogen die immer noch bewusstlose Sylvie heraus und ließen sie vorsichtig auf das Deck gleiten. Mahlstromnebel bedeckte uns wie der kalte Atem von Meeresgeistern. Ich beugte mich noch einmal in den Kopter.
    »Danke. Sauberer Flug. Jetzt sollten Sie von hier verschwinden.«
    Er nickte, und ich trat zurück. Der Dracul löste den Griff und hob ab. Die Nase drehte sich, und innerhalb weniger Sekunden war er hundert Meter von uns entfernt. Mit gedämpftem Rattern stieg er in den Nachthimmel auf. Als der Lärm nachließ, wandte ich meine Aufmerksamkeit der Frau zu meinen Füßen zu. Brasil hatte sich über sie gebeugt und zog ein Augenlid hoch.
    »Scheint in gar nicht allzu schlechter Verfassung zu sein«, murmelte er, als ich neben ihm in die Knie ging. »Sie hat leichtes Fieber, aber

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