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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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zu tief in den Millsport-Überfall verstrickt, was bedeutete, dass sie in einer virtuellen Verhörsuite von Rila landete, falls sie jemals geborgen wurde. Vorläufig würde ich sie bei mir tragen, genauso wie ich tote Priester nach Süden gebracht hatte, zu ihrer Strafe, genauso wie ich Yukio Hirayasu und seinen Gangsterkollegen bei mir getragen hatte, falls ich sie als Verhandlungsmasse benötigte.
    Ich hatte die Yakuza-Stacks im Sand unter Brasils Haus auf Vchira Beach vergraben, und ich hatte nicht damit gerechnet, dass sich meine Tasche so schnell wieder füllen würde. Hatte mich während der Reise ostwärts nach Millsport sogar dabei ertappt, wie ich gelegentlich Vergnügen über den Mangel an Gepäck empfand, bis die Erinnerungen an Sarah und die Gewohnheit des Hasses brennend zurückkehrten.
    Nun war die Tasche wieder beschwert, wie eine verkorkste moderne Variante des von Ebisu verfluchten Schleppnetzes in der Tanaka-Legende, dazu bestimmt, für immer nur die Leichen ertrunkener Seefahrer und kaum etwas anderes hochzuholen.
    Es schien unmöglich geworden zu sein, dass sie leer blieb, und ich wusste nicht mehr, was ich empfand.
    Seit fast zwei Jahren war es nicht mehr so gewesen. Die Gewissheit hatte meine Existenz in körniges Monochrom gefärbt. Ich war in der Lage gewesen, in meine Tasche zu greifen und mit düsterer, abgehärteter Befriedigung den variablen Inhalt in der Hand zu wiegen. Da war das Gefühl der langsamen Anhäufung, der Ansammlung winziger Steigerungen auf der Waagschale, die gegenüber der zweiten hing, auf der das kolossale Gewicht von Sarah Sachilowskas Auslöschung lastete. Seit zwei Jahren hatte ich kein anderes Ziel gekannt als diese Tasche mit der Hand voll gestohlener Seelen. Ich hatte keine Zukunft gebraucht, keine Aussicht, die sich nicht darum drehte, die Tasche und die Sumpfpanther in Segesvars Arena an der Tang-Lagune zu füttern.
    Tatsächlich? Und was ist demnach in Tekitomura passiert?
    Bewegung an der Reling. Die Kabel vibrierten leicht. Ich blickte auf und sah Sierra Tres, die sich daran entlangmanövrierte, mit beiden Armen auf die Reling gestützt und auf dem unverletzten Bein hüpfend. Ihr normalerweise ausdrucksloses Gesicht zeigte frustrierte Anspannung. Unter anderen Umständen wäre es ein komischer Anblick gewesen, aber unter dem abgerissenen Hosenbein war ihr anderes Bein in durchsichtigen Gips gehüllt, der die Wunden bloßlegte.
    Wir hatten uns nun schon seit fast drei Tagen in Eltevedtem herumgeschlichen, und Brasil hatte die Zeit und die eingeschränkte medizinische Notausrüstung genutzt, um zu tun, was möglich war. Das Fleisch unter dem Gips war eine schwarz und dunkelrot angeschwollene Masse, durchlöchert und aufgerissen vom MG-Feuer des Einsatzkopters, aber nun waren die Wunden gereinigt und bestäubt. Blaue und rote Marken zogen sich durch die geschädigten Bereiche und kennzeichneten die Stellen, wo Brasil regenerative Bios eingesetzt hatte. Ein Flexmetallschuh federte das untere Ende des Gipsverbandes vor externen Stößen ab, aber damit zu laufen hätte mehr Schmerzmittel erfordert, als Tres einzunehmen bereit war.
    »Du solltest liegen«, sagte ich, als sie mich erreicht hatte.
    »Ja, aber sie haben mich nur verletzt. Also stehe ich wieder auf. Mach es mir nicht schwerer, als es ist, Kovacs.«
    »Gut.« Ich starrte wieder ins Wasser. »Was Neues?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Außer dass Oshima aufgewacht ist. Und nach dir gefragt hat.«
    Für einen Moment verlor ich die Fische unter mir aus dem Blickfeld. Rückte sie wieder in den Brennpunkt. Machte keine Anstalten, die Reling zu verlassen oder wieder aufzuschauen.
    »Oshima? Oder Makita?«
    »Nun ja, das hängt wohl davon ab, woran man glauben will, nicht wahr?«
    Ich nickte matt. »Also glaubt sie immer noch, dass sie…«
    »Im Augenblick ja.«
    Ich beobachtete noch eine Weile die Fische. Dann richtete ich mich abrupt an der Reling auf und blickte zum Niedergang hinüber. Ich spürte, wie eine unwillkürliche Grimasse an meinem Mund zerrte. Machte mich auf den Weg.
    »Kovacs.«
    Ungeduldig blickte ich zu Tres zurück. »Ja, was?«
    »Sei nicht zu streng mit ihr. Es ist nicht ihre Schuld, dass Isa erschossen wurde.«
    »Nein.«
    Unten in einer der vorderen Kajüten lag Sylvie Oshimas Sleeve auf der Doppelkoje. Der Oberkörper lehnte gegen mehrere Kissen, und sie blickte durch ein Bullauge. Während des schnellen Rückzugs entlang gewundener Küsten nach Eltevedtem und der folgenden Tage des

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