Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heiraten für Turnschuhträgerinnen

Heiraten für Turnschuhträgerinnen

Titel: Heiraten für Turnschuhträgerinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Filippa Bluhm
Vom Netzwerk:
müssen wir einfach nur noch länger suchen.«
    »Wir? Wir? « Ich schnappe vernehmlich nach Luft.
    »Na gut, du.«
    »Aber ich suche schon seit Stunden! «
    »Wir haben doch noch Zeit.«
    »Was? Wir heiraten in zweieinhalb Monaten! Die Einladungen müssten längst draußen sein!«
    »Kannst du nicht Lala fragen?«
    »Lala? Lala ist Werbekauffrau, keine Grafikerin.«
    »Wieso, die kennt sich doch ein bisschen aus mit diesem ganzen Photoshop-Kram, und den Flyer, den sie neulich für Daniels Geburtstagsparty entworfen hat, fand ich richtig klasse.«
    »Meinst du?«, frage ich misstrauisch.
    »Ja, frag sie doch einfach. Das macht ihr bestimmt Spaß.«
    »Hm«, sage ich langsam und versuche verzweifelt, mich zu erinnern, ob Lala möglicherweise nicht doch zu den Snoopy-Kolleginnen gehört. Ich weiß, dass sie ihre Unterwäsche bei H&M kauft, allerdings tue ich das auch, also muss das nicht unbedingt etwas bedeuten.
    »Schatz«, sagt Georg, als ich beharrlich in die Leitung schweige. »Sei mir nicht böse, aber wir haben gleich Konferenz, und ich muss noch …«
    »Schon gut. Bis später, Liebling.«
    Als ich auflege, klackern die Tasten im Hintergrund bereits wieder wie verrückt. Ich bin ihm natürlich nicht böse. Georg arbeitet schon immer zu viel. Nur fühle ich mich gerade zum ersten Mal ein bisschen allein gelassen von ihm. Langsam schwant mir, dass wahrscheinlich die ganze Organisation an mir kleben bleiben wird.
    Immerhin, seine Idee ist vielleicht gar nicht so dumm. Ich frage mich zwar, ob die völlig durchromantisierte Lala etwas anderes als rosa Herzchen auf champagnerfarbenem Papier hervorbringen wird. Andererseits waren die Flyerfür Daniel wirklich ganz ordentlich. Nachdenklich klicke ich mich weiter durch meine Google-Treffer, bis ich das Modell »Frauke« mit dem in einen Sandstrand gemalten Herz sehe. Langsam habe ich die Faxen dicke.
    Plötzlich klingelt das Telefon.
    Lala, denke ich. Lala, wie immer meine Rettung!
    Aber dann ist nur Georg dran, dem gerade eingefallen ist, dass seine Mutter morgen ihren 60. Geburtstag feiert, was für uns heißt: Wir müssen nach Hattingen, das im Ruhrgebiet liegt, und zwar mit dem Zug. Die Bahnfahrt dauert viereinhalb Stunden.
    »Dann ist ja das ganze Wochenende weg! Georg! Am Ende werden wir absolut lächerliche Karten verschicken, Einladungen, die so hässlich sind, dass kein Mensch kommen wollen wird!«
    »Lotte, meine Eltern zahlen die Hälfte der Hochzeit. Wir müssen da hin!«
    Nachdem wir das Gespräch beendet haben, male ich mir in schillernden Farben meinen Selbstmord aus. Georgs Gesicht, wenn er mich findet, erhängt am Gürtel des herrlich flauschigen Frotteebademantels, den er mir zu Weihnachten geschenkt hat. Die Tränen in seinen Augen, wenn er noch einmal an meinen offenen Sarg tritt, in dem ich in meinem Brautkleid liege, von Profis geschminkt und bezaubernd schön. Blöd nur, dass ich noch gar kein Brautkleid habe. Ich habe nicht einmal Lust, mich um eines zu kümmern. Wenn ich allerdings … hm …
    Ich habe mit meinen Plänen noch nicht ganz abgeschlossen, als es an der Tür klingelt. Ich verschlucke mich und muss husten, ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich mir während meines Suizidplans ein Leberwurstbrot geschmiert habe. Es klingelt noch einmal. Grummelnd lege ich das Brot zur Seite und betätige die Gegensprechanlage.
    »Ich bin’s! Lala!«
    Lala, meine Rettung!

    Eigentlich bin ich gar nicht schüchtern. Wirklich nicht! Ich habe keine Probleme damit, fremde Leute auf der Straße nach dem Weg zu fragen. Ich werde nicht rot, wenn ich im Restaurant zehn Minuten brauche, um dem Kellner zu erklären, dass ich mein Steak mit Bohnen statt Frühlingsgemüse und statt der Pommes bitte Bratkartoffeln möchte, und bitte den Apfelstrudel mit Vanilleeis anstelle der Sahne, vielen Dank! Ich wünsche den wechselnden Liebhaberinnen des Nachbarn unter uns im Treppenhaus überschwänglich einen guten Morgen. Ich kneife Chefredakteure, die mir sympathisch sind, zum Abschied auch mal herzlich in die Wange. Ich habe sogar Uli Wickert bei einem Pressedinner schon mal ein Würstchen von seinem Teller geklaut, es sah einfach zu lecker aus, und als er mich verdutzt ansah, sagte ich einfach: »Oh, Verzeihung, ich dachte, Ihnen würden drei Stück genügen«, und hielt ihm das angebissene Würstchen wieder hin. Ich bin wirklich nicht schüchtern. Heute allerdings würde ich mich am liebsten unterm Tisch verkriechen. Oder mich im Klo einsperren. Oder aus diesem blöden

Weitere Kostenlose Bücher