Heiss wie der Sommer
noch zu erhärten. „Warte doch erst mal ab, bis wir gegessen haben, und dann versuchst du es noch mal. Bestimmt ist sie einkaufen gegangen“, erwiderte er. „Wenn sich dann noch immer niemand meldet, fahren wir in die Stadt und überzeugen uns davon, dass mit ihr alles in Ordnung ist. Einverstanden?“
Davie schien dieses Versprechen zwar ein wenig zu beruhigen, aber so ganz reichte es noch nicht. Das merkte Tyler allein daran, wie wenig der Junge aß, obwohl der komplette zweite Pappeimer für ihn gedacht war.
„Ich wollte ihr von unserem Trailer erzählen“, ließ Davie ihn wissen, ging vor dem Esstisch auf und ab und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar – eine Geste, die er sich wohl von Tyler abgeguckt hatte. „Und von dem neuen Truck.“
„Das kannst du später immer noch machen“, vertröstete ihn Tyler. Er überlegte, ob er Sheriff Jim Huntinghorse anrufen sollte, damit der einen seiner Deputys zum Trailer von Stella Fifer schickte, um nach Doreen zu sehen.
Wie es der Zufall wollte, klingelte in dem Moment das Telefon, und Davie riss den Hörer förmlich an sich.
Tyler sah, wie der Junge blass wurde. „Ist für dich“, sagte Davie, nachdem er ein paar Sekunden aufmerksam zugehört und schwer geschluckt hatte. „Sheriff Huntinghorse.“
War Lily oder ihrer Tochter etwas geschehen? Oder Dylan … oder Logan …
„Jim?“, rief er in den Hörer.
Der neue Gesetzeshüter war noch keine Woche im Amt, und bereits jetzt hörte er sich an, als sehne er seine Pensionierung herbei. „Ty, sag mal, hast du heute zufällig Doreen McCullough gesehen?“
Tylers erste Reaktion war Erleichterung. Jim rief nicht an, um ihm eine schlechte Nachricht zu überbringen. Leise seufzend legte er eine Hand auf Davies Schulter und brachte ihn dazu, sich an den Tisch zu setzen, da er fürchtete, dem Jungen könnten jeden Moment die Beine wegsacken. Auch wenn Doreen nichts zugestoßen war, machte es ihm doch sehr zu schaffen, dass seine Mutter ihn an Tyler „verkauft“ hatte.
„Nein“, antwortete er und konzentrierte sich wieder auf Jim. „Stimmt irgendetwas nicht.“
„Sogar eine ganze Menge“, entgegnete der Sheriff. „Roy Fifer ist in der Notaufnahme. Man hat ihm den Magen ausgepumpt. Er schwört, dass Doreen ihn mit irgendeinem Gift umbringen wollte, um sich mit ihrem gemeinsamen Geld aus dem Staub zu machen.“
Tyler wurde stutzig. Ihm fiel ein, dass einer von Doreens früheren Freunden beim Abendessen tot umgefallen war.
Dumm gelaufen
, hatte Davies Kommentar dazu gelautet.
„Ty?“, fragte Jim, als zu lange Schweigen herrschte. „Bist du noch da?“
Davie sah ihn mit riesigen Augen an.
„Ich bin noch da“, bestätigte er, dann sagte er an Davie gewandt. „Doreen geht es gut.“
„Ist das deine persönliche Einschätzung?“, fragte Jim gereizt, „oder soll ich das so verstehen, dass du sie heute doch gesehen hast?“
„Nein, ich habe sie nicht gesehen“, beteuerte Tyler und war nun selbst auch ein wenig gereizt. „Ich nehme an, im Kasino hast du schon nachgefragt, oder?“
„Wow!“, spottete der Sheriff. „Wieso bin
ich
nicht auf den Gedanken gekommen? Und das, wo ich den Laden doch geleitet und Doreen persönlich eingestellt habe! Ich sollte eigentlich wissen, wo sie arbeitet!“
„Vielleicht hat sie alles hingeschmissen“, gab Tyler zu bedenken. Er hatte keine Lust, auf Jims bissige Bemerkung einzugehen. „Ich weiß nur, dass sie woanders einen Neuanfang versuchen wollte.“
„Und der Junge bleibt bei dir, hat Roy gesagt. Stimmt das?“
„Richtig. Der Junge bleibt bei mir.“
„Ich muss mit ihm reden, Ty. Er könnte wissen, wo sie hingefahren ist.“
„Könnte sein, dass er es dir nicht sagt“, machte Tyler ihm klar und beobachtete Davie aufmerksam. „Soll ich mit ihm in die Stadt kommen? Oder willst du herkommen?“
Gerade eben noch hatte der Junge einen desinteressierten Eindruck gemacht, doch mit einem Mal wurde er bleich.
„Ich komme raus zu euch“, entschied Jim nach kurzem Überlegen. „Ich kann ein bisschen frische Landluft gut gebrauchen.“
„Wir sind zu Hause“, versicherte ihm Tyler.
Jim schätzte, in einer Viertelstunde bei ihnen zu sein, und legte auf.
„Warum will der Sheriff mit mir reden?“, fragte Davie ungeduldig.
Tyler nahm wieder am Tisch Platz und schob den Teller zur Seite. „Roy ist in der Notaufnahme, Davie. Die Ärzte mussten ihm den Magen auspumpen, und er behauptet, deine Mutter habe ihn vergiftet. Und offenbar ist sie
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