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Herbstfraß

Herbstfraß

Titel: Herbstfraß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Busch
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nichts über seine Einsätze bei der Bundeswehr. Ich …“ Verdammt! Was kann ich sagen, damit dieser Fremde aus dem Nähkästchen plaudert? Vielleicht die Wahrheit?
    „Hören Sie, Herr Reinhold. Bo und ich sind ein Paar. Wir leben zusammen und ich mache mir Sorgen um ihn. Es muss während eines Einsatzes bei der Bundeswehr einen Vorfall gegeben haben, über den ich mehr wissen sollte …“
    „Wollen Sie mir damit sagen, Bo sei schwul?“, werde ich unterbrochen. Patrick Reinhold lacht. Es klingt ungläubig.
    „Ja“, sage ich zaghaft und leiste Bo im Stillen Abbitte. Seine Einheit scheint von seiner Homosexualität nichts gewusst zu haben. Daran hätte ich Depp in meinem Gefechtseifer denken können. Prompt schnaubt es in mein Ohr: „Lächerlich.“
    „Und woher weiß ich dann von den zahlreichen Narben auf seinen Kronjuwelen?“ Würde Bo mich jetzt hören, hätte mit Sicherheit mein letztes Stündlein geschlagen. Patrick am anderen Ende der Leitung ist still.
    „Herr Reinhold?“, frage ich nach einer Weile. Überlegt er sich gerade eine Abfuhr oder hat er etwa unbemerkt aufgelegt?
    „Wann sind Sie hier?“
    Erleichtert atme ich auf. Er würde mit mir reden.
    „Spätestens in eineinhalb Stunden. Ich komme aus Hamburg.“
    „Erwarten Sie nicht zu viel von dem Gespräch.“ Mit diesen Worten legt Patrick auf. Ich werfe das Telefon in eine Sofaecke, schnappe mir meine Jacke und den Schlüssel für meinen schwarzen BMW Z3 und falle beinahe die Wendeltreppe hinunter.
    „Ich bin eine Weile außer Haus, Isa“, rufe ich im Vorbeilaufen der verwundert dreinschauenden Louisa zu.
    „Wohin?“, schreit sie mir nach, denn wir sagen stets Bescheid, wohin wir fahren. Immerhin haben wir es manchmal auch mit bösen Jungs zu tun. Dieses Mal gebe ich allerdings keine Antwort. Schließlich bin ich in geheimer Mission unterwegs.
     
     
    13:27 Uhr
    Patrick Reinholds Händedruck ist sehr fest und unter seinem musternden Blick bekomme ich das Gefühl, strammstehen zu müssen. Er hat ebenfalls die breiten Schultern eines trainierten Schwimmers, die das locker sitzende Sweatshirt nicht verbergen kann.
    „Bo ist wirklich schwul?“, fragt er zur Begrüßung und führt mich in sein Wohnzimmer. Dort öffnet er eine bereitstehende Flasche alkoholfreies Bier und reicht sie mir mit einer Selbstverständlichkeit, als würden wir uns ewig kennen. Diese lockere Art gefällt mir.
    „Sie wussten es nicht?“
    Patrick schüttelt den Kopf. „Es würde jedenfalls einiges erklären.“
    Er nimmt einen kräftigen Zug aus seiner Flasche und setzt sich mir gegenüber in einen Sessel.
    „Was wollen Sie wissen?“ Er kommt gleich zur Sache, was mir ganz lieb ist.
    „Ich möchte gerne erfahren, wie Bo zu diesen Narben kam.“
    „Warum erzählt er es Ihnen nicht selbst?“
    „Er spricht überhaupt nicht von der Bundeswehr. Als ich ihn nach den Verletzungen fragte, ist er regelrecht ausgetickt. Ich lebe seit über zwei Jahren mit Bo zusammen und ich möchte ihn besser verstehen können. Vielleicht sogar helfen …“
    „In diesen Fall müssten Sie ein besserer Psychiater sein als die, bei denen Bo gewesen ist.“ Patrick trinkt Bier, taxiert mich, überlegt und seufzt.
    „Sagen Sie ihm nicht, dass Sie hier waren.“
    „Das kann ich gar nicht. Er würde mich umlegen.“
    Patrick grinst und ich richte mich erwartungsvoll auf.
    „Über unseren Auftrag erzähle ich Ihnen nichts.“
    Damit kann ich leben, denn ich will lediglich etwas über meinen Liebsten erfahren.
    „Mich interessiert bloß Bo.“
    Patrick nickt. „Also gut. Okay. Sie müssen wissen, dass unsere Einheit nicht nur als Kampfschwimmer ausgebildet wurde. Wir haben alle eine Zusatzausbildung als Gebirgsjäger und im Gefechtsschießen erhalten, damit wir andere Truppen unterstützen können. Der Einsatz, der Sie interessiert, fand vor knapp drei Jahren in Afghanistan statt. Eigentlich sollten wir uns defensiv verhalten, doch wir gerieten in ein ziemlich hitziges Gefecht mit einem Rebellentrupp.“ Patrick stockt einen Moment und starrt seine Bierflasche an, die er in den Händen hin- und herdreht.
    Leise fährt er fort: „Dabei wurde ein Kamerad niedergeschossen.“ Er verstummt erneut und nimmt einen weiteren Schluck aus der Flasche.
    Ich merke, dass ihn der Tod seines Kameraden sehr mitnimmt und es tut mir leid, dass ich mit meiner Neugierde alte Wunden aufreiße.
    „Als Bo mitbekam, dass Felix gefallen war, rannte er einfach zurück. Wir brüllten ihm zu, er solle Felix

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