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Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)

Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)

Titel: Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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längsseits liegenden Schiff, der Blauen Welle , konnte Nalaji kaum schätzen. Die bewegte See, der Regen und das Fehlen von Vergleichspunkten erschwerten die Orientierung. Jedenfalls hatte das andere Beiboot, voll mit Flüchtlingen beladen, sein Ziel beinahe erreicht. Männer, Frauen, Kinder, sogar zwei Kälber drängten sich dort. Offenbar hatte man Schwierigkeiten, an den Riemen den Takt zu halten.
    Kiretta eilte einem Matrosen zu Hilfe, der versuchte, eine über das Deck schlitternde Kiste einzufangen. Sie kamen gerade rechtzeitig, um zu verhindern, dass sie in eine Gruppe Flüchtlinge krachte.
    Als Nalaji ihre Aufmerksamkeit wieder dem Beiboot zuwandte, stockte ihr der Atem. Eine Welle rollte zwischen den Schiffen hindurch, hob das Boot an und schmetterte es gegen die Bordwand der Blauen Welle . Die Brise übertönte das Splittern des Holzes ebenso wie die Schreie der Menschen. Mehrere fielen ins Wasser.
    Nalaji hastete zur Reling. Beinahe wäre sie auf den schwankenden Bohlen gefallen, aber eine wettergegerbte Hand hielt sie. »Immer mit der Ruhe, altes Mädchen!« Aus einem faltigen Gesicht unter einem Dreispitz schlug ihr der Geruch von Rum entgegen.
    »Wir müssen ihnen helfen!«
    Als der Mann aus vollem Hals lachte, wurde der Atem so heftig, dass Nalaji die Luft anhielt. »Erste Seemannsregel: Immer die Ruhe bewahren, auch wenn Myratis bockt wie eine Hure, die merkt, dass du sie mit bemaltem Blech bezahlt hast! Wir können ihnen nicht helfen. Aber die Kameraden auf der Blauen Welle haben gesehen, was passiert ist.«
    Obwohl auch der Seemann den Herbst seines Lebens erreicht hatte, bot er Nalaji festen Halt auf dem letzten Stück zur Reling. Die Leute machten der Heilerin Platz, sodass sie sehen konnte, wie man vom anderen Schiff Taue ins Wasser warf. Das Beiboot war zwar zerdrückt, schwamm aber noch. Man warf die Kälber in die Wellen, um das Gewicht zu reduzieren. Strampelnd gingen die Tiere unter. Die Menschen dagegen blieben bemerkenswert ruhig. Sie folgten den Anweisungen der Seeleute, um ihr Boot an dem Schiff zu vertäuen und einer nach dem anderen an Bord zu klettern. Fast alle im Wasser Schwimmenden erreichten die Rettungsseile, die letzten beiden wurden von dem zweiten Beiboot herausgefischt.
    »Diese ganze Aktion ist Wahnsinn!«, knirschte Nalaji. »Warum müssen wir die Passagiere umladen?«
    »Weil die Flüchtlinge nach Süden müssen, und die Südwinds Braut muss nach Osten.«
    »Und warum können sie nicht mitkommen nach Osten?«
    »Dort wäre niemand sicher«, behauptete der Mann.
    Sie musterte ihn genauer. Er hatte rissige Lippen und gelbe, unterlaufene Augen. »Du bist ein Trinker.«
    Er lachte, was einen weiteren Schwall Alkoholdunst in Nalajis Nase blies. »Man braucht ordentlich Seegang, um der Herrin der Wellen nahe zu kommen!«
    Blinzelnd wandte sich Nalaji ab. Sie sah zu, wie man das nun leere, angeschlagene Boot an Bord der Blauen Welle zog. »Wie heißt du?«, fragte sie.
    »Jicke. Einfach Jicke. Das reicht.«
    »Gut, Jicke. Was weißt du über unser Ziel?« Der Kapitän hatte immer wieder die Wichtigkeit ihrer Mission beteuert, sich aber ansonsten ausgeschwiegen.
    »Etwas Geduld noch. Ich will ohnehin mit Euch darüber sprechen.«
    Die Passagiere des zweiten Boots kletterten jetzt auf das andere Schiff. Über ihnen an der Reling standen einige Männer, die sich Bänder um die Schultern geschlungen hatten, sodass sie sich vor der Brust kreuzten. Nalaji erkannte die Ritualkleidung.
    »Otas-Trommler!«, rief Nalaji. »Sollen die etwa auf unser Schiff?
    »Auch sie sind Teil des Bündnisses. Sie sind Göttertreue.«
    Nalaji schnaubte. »Otas ist ein Spötter! Seine Diener verhöhnen jedes Königtum.«
    »Sie tun noch Schlimmeres. Ihre Trommeln beschwören Winde herauf, die Schiffe auf die Klippen ihrer Inseln drücken.«
    »Ihnen ist nicht zu trauen.«
    »Wem ist schon zu trauen?« Etwas Verschwörerisches lag in Jickes Stimme.
    Als der letzte Flüchtling das Boot verlassen hatte, kletterten die Trommler herab.
    »Kiretta sollte auch gehen«, meinte Jicke.
    Nalaji starrte ihn an. »Du kennst sie?« Eigentlich hätte sie das nicht wundern sollen. Sie hatte Kiretta volle Bewegungsfreiheit an Bord gewährt. Wahrscheinlich hatte sie inzwischen mit jedem auf der Südwinds Braut gesprochen. Wenn auch nicht immer freundschaftlich. Ihre Raubzüge mussten einigen der Seeleute in die Quere gekommen sein.
    »Sicher. In Flutatem kennt jeder die beste Navigatorin auf dem Meer der

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