Herrin der Falken - 3
das ihre Sicht verschleierte und es dunkel um sie werden ließ. Caryl stöhnte und preßte mit angstvollem Erschauern die Hände auf die Ohren. Romilly bemerkte, daß die Männer vor ihr Mühe hatten, die Herrschaft über die verängstigten Chervines zu behalten. Die Kundschaftervögel schlugen mit den Schwingen, und die Chervines gaben ihr seltsames Röhren von sich, scheuten und tänzelten beinahe auf dem eisigen Weg. Eins von ihnen stolperte, der Reiter fiel und rutschte eine Strecke bergab, bevor er die Fersen in das Eis bohren, aufstehen und seinem Reittier nachlaufen konnte. Ein zweites Chervine rannte in ihn hinein, und es entstand ein höllisches Durcheinander. Fluchend kämpften die Männer mit den Zügeln. Die Schreie und das Flattern der verkappten Kundschaftervögel trugen zu dem Chaos bei. Und wieder gellte der furchterregende BansheeSchrei von den Klippen nieder, und ein anderer antwortete ihm.
Romilly schüttelte Caryl leicht. »Hör auf!« befahl sie heftig. »Hilf mir… hilf mir, die Vögel zu beruhigen!« Ihr Atem kam in Stößen, sie sah ihn in der eisigen Luft dampfen. Sich zusammennehmend, sandte sie mit diesem ihrem besonderen Sinn Gedanken an Ruhe, Frieden, Nahrung, Zuneigung aus. Es gelang ihr, die Vögel zu erreichen. Als sich dann Caryls Gedanken mit den ihren vereinigten, wurde einer der großen Vögel nach dem anderen auf seinem Sattelblock still, und Carlo und seine Männer waren imstande, die Reittiere wieder unter Kontrolle zu bringen. Gerade hier wurde der Weg breit genug, daß Platz für drei oder vier Tiere nebeneinander war. Carlo winkte den anderen, aufzurücken, und sie versammelten sich zu einer kleinen Gruppe.
Allmählich hoben sich die Klippen über ihnen scharf vor dem heller werdenden Himmel ab. Rosa- und purpurfarbene Wolken säumten die dunklen Felsen des Passes. Der Morgen war nahe. Weiter oben wurde der Pfad schmaler und führte über den Gletscher. Vor ihren Augen bewegte sich ein großer Schatten quer über den Steilhang. Von neuem erscholl der entsetzliche, jammernde Schrei, und von höher oben antwortete ihm ein zweiter. Orain preßte die schmalen Lippen zusammen und stellte trocken fest: »Das hat uns gerade noch gefehlt! Es sind zwei von den verdammten Biestern. Das Tageslicht wird noch eine gute Stunde auf sich warten lassen. Und selbst nach Sonnenaufgang wäre es nicht sicher, daß wir ihnen entkommen. Hier warten dürfen wir auf keinen Fall. Wenn wir verfolgt werden, müssen wir, bevor es hell wird, ein gutes Stück auf der anderen Seite des Passes sein, wo der Wald uns verbirgt. Ein Blinder könnte unsere Fährte auf dem Eis lesen, und Lyondri hat bestimmt ein halbes Dutzend seiner verdammten Leroni bei sich!«
»Wir sitzen mitten in der Falle«, murmelte Carlo, und sein Blick verlor sich in unbestimmte Fernen. Endlich sprach er in das Schweigen hinein: »Keine Verfolgung, zumindest jetzt noch nicht. Um das zu erkennen, brauche ich keine Leronis. Es war eine große Dummheit, daß du den Jungen mitgenommen hast, Alaric. Solange wir ihn bei uns haben, wird Lyondri uns folgen, und führte die Spur durch alle neun von Zandrus Höllen! Jetzt hat er einen zweiten und persönlichen Groll gegen uns.«
»Wenn wir den Jungen haben«, entgegnete Alaric durch zusammengebissene Zähne, »können wir uns wenigstens unser Leben erkaufen!«
Caryl richtete sich im Sattel auf und erklärte zornig: »Mein Vater würde nie seine Ehre für das Leben seines Sohnes eintauschen, und ich würde das auch gar nicht wollen!«
»Lyondris Ehre?« brummte einer der Männer. »Der süße Atem des Banshees, das verlockende Klima von Zandrus neunter Hölle!«
»Ich will nicht, daß Ihr…«, begann Caryl. Romilly faßte ihn um die Mitte, bevor er vom Pferd steigen und den Sprecher angreifen konnte. Carlo sagte ruhig: »Genug, Caryl. Ein Gefühl, das sich für Lyondris Sohn ziemt, aber wir haben keine Zeit für Wortgefechte. Irgendwie müssen wir über den Paß gelangen. Und obwohl ich nicht möchte, daß dir ein Leid geschieht, müssen wir dich knebeln, falls du deine Zunge nicht im Zaum hältst. Meine Männer sind nicht in der Stimmung, sich eine Verteidigung des Mannes anzuhören, der einen Preis auf ihren Kopf ausgesetzt hat. Und du, Garan, und du, Alaric, ihr haltet ebenfalls den Mund. Es ist keine Heldentat, ein Kind mit der Ehre seines Vaters zu verhöhnen, und vor uns liegt eine schwerere Aufgabe als ein Streit mit einem kleinen Jungen!“
Er blickte hoch, denn der schrille
Weitere Kostenlose Bücher