Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
römische Beamte. Und Profit ist hier durchaus nicht nur rein finanziell zu sehen. Die Güter, die sie von den Britanniern erhalten, sind laut Strabo Getreide, Tierhäute, Vieh, Eisenbarren, und »Sklaven« – typischer Legionsbedarf. Allein dieses Sortiment versetzt sie in die Lage, nicht nur gut verdienende, sondern vor allem einflussreiche Lieferanten für die römische Militärmaschinerie zu werden.
Hauptnutznießer der sich neu entwickelnden Handelsbeziehungen ist jedoch der römische Staat selbst. Die Zölle auf den Warenverkehr zwischen Gallien und Britannien sind exorbitant.
Es ist vor allem Avarwy geschuldet, dass Caesar – unbewusst – weitreichende Veränderungen in Südostbritannien bewirkt. Solange die Venetii den Handelsverkehr zwischen Gallien und Britannien beherrschten, lag der Hauptumschlagshafen für den Mittelmeerhandel im Gebiet der Durotriges bei Hengistbury Head im Südwesten der Insel. Hierher brachte man britannisches Zinn, Silber, Eisen, Schwarzschiefer und Kupfer zur Weiterverschiffung; hier landeten im Gegenzug auch die Güter aus dem Mittelmeerraum, die von hier aus ins Landesinnere transportiert wurden.
Im Jahr vor der ersten Britannienexpedition des Caesar hören die Venetii auf, als Seemacht zu existieren. Die alte Handelsroute bricht von einem Tag auf den anderen zusammen.
Aber nicht ersatzlos. Als Draufgabe zum Thron der Trinovantes fällt Avarwy als Freund Roms ein Handelsmonopol für römische Waren zu. Das hat jedoch wenig mit einer realen römischen Vorliebe für ihn zu tun. Das trinovantische Stammesgebiet hat aus nüchterner logistischer Sicht einfach eine geniale Lage an der Ostküste, mit der Themsemündung in seinem direkten Einflussbereich, gegenüber der gallischen Küste, was kürzeste Wege für die Handelsreisenden verheißt.
Die neuen Orte der Begehrlichkeiten, die Plätze, die über den neuen Wohlstand verfügen, heißen von nun an »Festung des Gottes Camul« – Camul Dun (nach römischer DiktionCamulodunum, das heutige Colchester) und »Festung des Gottes Lugh« – Lugh Dun (Londinium – heute London).
Doch das geschieht nicht ohne Folgen …
Veränderungen
Die Cassi haben jeden Grund, Rom zu hassen. Sie wurden militärisch geschlagen und gezwungen, sich Rom formell zu unterwerfen. Sie haben Geiseln aus ihren hohen Familien stellen müssen, und Caesar hat sie auch noch erniedrigt, indem er Caswallon verboten hat, dem Verräter Avarwy und den Trinovantes zu geben, was sie aus Sicht der Cassi verdienen.
Ja, die Cassi sind echte Hardliner, was alles Römische angeht.
Wirklich? Im Gegenteil. Dass sie Rom politisch hassen, hindert die Cassi in keiner Weise daran, den Luxus zu lieben und zu begehren, den die Verbindung mit der antiken Supermacht mit sich bringt. Diese moralische Inkonsequenz steht in krassem Gegensatz zu der an den Tag gelegten Konsequenz, mit der die Cassi ihren Plan umsetzen, an die Quelle des neuen Wohlstands in Britannien vorzudringen.
Caesar hat bei seiner Abreise angeordnet, keine Vergeltungsaktionen gegen die Trinovantes im Allgemeinen und Avarwy im Besonderen zu unternehmen. Diese Forderung ist interpretierbar. Sie sagt nichts über eine Landnahme aus anderen, zum Beispiel ökonomischen Gründen.
Ungefähr zum Zeitpunkt von Caesars unerfreulichem Tod wird Caswallon von einem Mann namens Androco in der Herrschaft abgelöst. Unter ihm und seinem Nachfolger Tasciovan geraten die Forderungen des Caesar in Vergessenheit. Die Cassi erweitern ihren Herrschaftsbereich und unterwerfen die Trinovantes, wenn zunächst wohl nur formell. Zu Beginn der christlichen Zeitrechnung vollendet Tasciovans Nachfolger Cunobelin (»Hund des Gottes Bel«, der durch Shakespeare unsterblich gemachte »Cymbeline«) die Unterwerfung und verlegt zur Bekräftigung der Vormachtstellung der Cassi deren Stammeszentrum in das der Geschlagenen: nach Camul Dun, das heutige Colchester. Und um zu zeigen, wie ernst es ihm ist, versieht er die Siedlung mit einer über 3100 Hektar großen Verteidigungsanlage und etabliert Prägestätten für Gold- und Silbermünzen.
Auch im Stamm des Comm, den Atrebates, kommt es zu Veränderungen. Tincomm, der Sohn des Comm und Herrscher über das heutige Sussex, wird abgelöst durch seinen Bruder Epillus, der jedoch auf mysteriöse Weise verschwindet und wenig später in der Herrscherriege der Cantii im nordöstlichen Kent wieder auftaucht. Seinen Platz bei den Atrebates nimmt inzwischen Verica ein, der ohnehin bereits das Kernland der
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