Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
Konflikt an.
Die Brigantes stehen nach wie vor unter der Herrschaft der römerfreundlichen Cartimandua. Diese hat bei aller Freundschaft zu Rom eine so gar nicht typisch römische Eigenschaft: In ihrem übersteigerten Selbstbewusstsein ist ihr die öffentliche Meinung völlig egal. So lässt sie sich irgendwann um 70 n. Chr. von ihrem Gemahl Venutius scheiden und ehelicht ihren Waffenträger Vellocat – für keltische Verhältnisse ein Skandal. So bedarf es von Venutius’ Seite auch nicht allzu viel, um innerhalb der entrüsteten Bevölkerung einen Aufstand gegen seine Exgemahlin anzuzetteln.
Cartimandua ruft Rom ein weiteres Mal um Hilfe an.
Diesmal hat der aktuelle Statthalter, Marcus Vettius Bolanus, ein Problem. Der Enthusiasmus der Legionen, bei internen Auseinandersetzungen der Britannier den Schlichter zu spielen, hat spürbar nachgelassen. Es gibt nichts zu gewinnen, keine neuen Territorien zu erstreiten, und überhaupt stehen die Truppen immer noch unter dem Trauma des Krieges gegen Boudicca. Bolanus ist seinerseits nicht der starke Charakter, der bei den Legionen die Diskussionen vom Tisch fegt und seinen Willen durchsetzt. Im Gegenteil, sein Wunsch wäre eine ruhige Verwaltungsstelle gewesen, weswegen er sich in dem immer noch unruhigen Britannien eher deplatziert fühlt. In dieser kritischen Situation geht er den Weg des geringsten Widerstands und akzeptiert den Kompromiss der Legionen, nur Hilfstruppen – Nichtrömer – zur Beilegung des Konflikts zu entsenden. Das Ergebnis dieser Aktion ist ernüchternd: Die Eingreiftruppe kann zwar Cartimandua zur Flucht verhelfen, doch zahlt Rom dafür einen unverhältnismäßig hohen Preis. Es verliert ein ihm freundschaftlich gesonnenes Königreich im Norden, denn nun herrscht Cartimanduas Exgemahl Venutius über die Brigantes.
Ab jetzt verändert Rom seine Politik. Britannien ist noch zu unsicher, als dass es unter einem reinen Verwalter zu einer richtigen Provinz ausgebaut werden könnte. Noch viel gefährlicher ist die Tatsache, dass die Legionen unter dem schwachen Bolanus nicht nur ihre Disziplin verloren, sondern auch ein unheilvolles Eigenleben entwickelt haben. Der Nachfolger des Bolanus, Quintus Petillius Cerialis, ist vielleicht nicht der große Militär vor dem Herrn. Aber er hat in der Vergangenheit mehrfach bewiesen, dass er über zwei Eigenschaften verfügt, die höher im Rang stehen als reines militärisches Können: Improvisationstalent und – noch wichtiger – Glück. Er beginnt seine Mission unter guten Vorzeichen. Zum einen teilt ihm Rom frische Legionen zu, zum anderen kämpft an seiner Seite ein fähiger Offizier, der sein Handwerk so gut versteht, dass Cerialis ihn ohne Vorbehalte allein agieren lassen kann. Sein Name ist Gnaeus Julius Agricola.
Die erste Aufgabe des neuen Teams in Britannien ist natürlich die Befriedung der Brigantes. Die Einzelheiten der Aktionen sind nicht dokumentiert, aber die Brigantes gelten plötzlich nicht mehr als Feinde und der Name Venutius ist aus den Berichten verschwunden.
Cerialis geht im Winter 73/74 n. Chr., Agricola bleibt. Cerialis’ Nachfolger, Julius Frontinus, hat ganze vier Jahre Zeit, und diese widmet er der Unterwerfung der walisischen Stämme. Sein Hauptziel ist dabei das heutige Vale of Glamorgan, das beste Land der Silures. Ihre Unterwerfung ist eine vollständige: Unter Frontinus wird ihr Stammesgebiet komplett in das römische Transport- und Garnisonssystem integriert. Ihr Stammeszentrum (in der Gegend des heutigen Clanmelin Wood) verschwindet und die Verwaltung der Region in eine neue, eine römische Stadtgründung verlegt, nach Venta Silurum (Marktplatz der Siluren) – heute Caerwent.
Nach den Silures stehen die nordwalisischen Ordovices auf der Liste der zu unterwerfenden Stämme. Doch diesen Plan kann Frontinus nicht mehr vollenden. Die Ordovices sind weitaus renitenter, als Frontinus sich das vorgestellt hat. Im Frühjahr des Jahres 78 v. Chr. gipfelt das Ganze darin, dass ein römisches Reiterkontingent in einen Hinterhalt gerät und völlig aufgerieben wird.
Im Sommer desselben Jahres übernimmt Julius Agricola selbst die Statthalterschaft in Britannien. Seine erste Amtshandlung ist eine Strafexpedition gegen die Ordovices, die so gründlich ausfällt, dass der Stamm nahezu ausgerottet wird. In der Agricola von Tacitus liest sich das Ganze sehr heroisch, und natürlich ist auch der vorangegangene Überfall auf die römische Reiterei der Grund für den Feldzug und das
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