Herrscher des Lichts - Sanderson, B: Herrscher des Lichts - The Hero of Ages, Mistborn 3
Armen entlanglief und von den Fingerspitzen tropfte. In ihrem Inneren brannte es noch immer. Sie hob den Blick und starrte in den Nebelwirbel. Er drehte sich so mächtig und senkte sich herab. Sie konnte kaum an all die Energie denken, die sie durchpulste.
Sie schaute wieder nach unten.
Das ist nicht Marsch, dachte sie. Kelsiers Bruder ist schon lange tot. Das hier ist etwas anderes. Ruin.
Der Nebel setzte zu einem letzten sturmgepeitschten Wirbel an, die Kreisbewegungen wurden schneller – und enger –, als
sich auch die letzten Nebelschwaden herabwanden und in Vins Körper gezogen wurden.
Dann war der Nebel verschwunden. Droben am Himmel leuchteten die Sterne, und Ascheflocken fielen durch die Luft. Die nächtliche Landschaft war unheimlich in ihrer Stille, Schwärze und Klarheit. Sogar das Verbrennen von Zinn – wodurch Vin nachts viel besser hatte sehen können als jeder gewöhnliche Mensch – hatte den Nebel nicht verschwinden lassen. Die nächtliche Landschaft nun ohne ihn zu betrachten, war … falsch.
Vin erzitterte. Sie keuchte und spürte, wie das Feuer in ihr immer heißer brannte. Das war eine Allomantie, die sie nie zuvor gekannt hatte. Es fühlte sich an, als hätte sie ihre Gabe bis jetzt nie richtig verstanden. Diese Macht war viel größer als die der Metalle, als reines Drücken und Ziehen. Es war etwas ungeheuer Größeres. Eine Macht, die die Menschen zwar benutzt, aber nie begriffen hatten.
Sie zwang sich, die Augen offenzuhalten. Es war noch ein Inquisitor übrig. Sie hatte die Kreaturen nach Luthadel gelockt und sie gezwungen, sich zu offenbaren. Sie hatte eine Falle für ein Wesen gestellt, das viel mächtiger war als sie selbst. Und der Nebel hatte geantwortet.
Nun war es an der Zeit, das zu beenden, weswegen sie hergekommen war.
Marsch beobachtete geschwächt, wie Vin auf die Knie fiel. Zitternd streckte sie die Hand nach einem seiner Augenstacheln aus.
Er konnte nichts dagegen tun. Er hatte fast die gesamte Heilkraft in seinem Metallgeist aufgebraucht, und der klägliche Rest würde ihm nicht mehr helfen. Aufgespeicherte Heilkraft funktionierte durch Geschwindigkeit. Er konnte sich entweder sehr
schnell, aber dafür nur teilweise heilen, oder er heilte sich sehr langsam, dafür aber vollständig. Wie dem auch sei, er würde sterben, sobald Vin ihm die Augenstacheln ausriss.
Endlich, dachte er erleichtert, als sie den ersten Stachel packte. Was immer ich getan habe … es wirkt. Irgendwie.
Er spürte Ruins rasende Wut; er spürte, wie sein Meister erkannte, dass er einen Fehler begangen hatte. Am Ende hatte Marsch doch etwas bewirkt. Am Ende hatte Marsch nicht aufgegeben. Es hätte Mare stolz gemacht.
Vin zog den ersten Stachel heraus. Natürlich tat es weh – viel mehr, als Marsch es für möglich gehalten hätte. Er kreischte auf – sowohl vor Schmerz als auch vor Freude –, als Vin nach dem anderen Augenstachel griff.
Und dann zögerte sie. Marsch wartete gespannt. Sie schüttelte sich, hustete, krümmte sich zusammen. Sie knirschte mit den Zähnen, griff nach ihm. Ihre Finger berührten den Stachel.
Und dann verschwand Vin.
Sie hinterließ nur den nebelhaften Umriss einer jungen Frau. Dieser löste sich ebenfalls bald auf und ließ Marsch allein in dem Trümmerhaufen des Palastes zurück. In seinem Kopf loderte der Schmerz, und sein Köper war mit ekelhafter, durchtränkter Asche bedeckt.
Einmal hatte sie Ruin gefragt, warum er ausgerechnet sie erwählt hatte. Die vordergründige Antwort war einfach. Es hatte wenig zu tun mit ihrer Persönlichkeit, ihren Einstellungen oder mit ihrem allomantischen Geschick.
Ruin hatte einfach kein anderes Kind finden können, das den richtigen hämalurgischen Stachel bekommen konnte – denjenigen, der ihre Bronze verstärkte, so dass sie die Lage der Quelle der Erkenntnis spüren konnte. Sie hatte eine wahnsinnige Mutter, eine Schwester, die eine Sucherin war, und sie selbst war eine Nebelgeborene. Das war genau die Zusammensetzung, die Ruin benötigte.
Natürlich gab es noch andere Gründe. Aber nicht einmal Ruin kannte sie.
Kapitel 74
D er Tag brach ohne Nebel an.
Elant stand auf einer Felsenhöhe und blickte auf die Stadt Fadrex. Er fühlte sich viel besser, denn er hatte in der Nacht schlafen können, auch wenn sein Körper von dem Kampf mitgenommen war. Die Armwunde pochte, und der Brustkorb schmerzte dort, wo ihn die Faust eines Kolosses getroffen hatte. Diese Verletzung hätte jeden anderen Menschen zum Krüppel
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