Herz aus Eis
nieder.
»Ich wollte Ihnen nicht nachspionieren; aber Kane bestand darauf, daß ich mich ... äh . . . in einem Wandschrank verstecken sollte am Abend Ihrer Teeparty, falls Sie einen Beschützer brauchten.«
Houston sah auf ihre Hände und bemerkte daher Edans leises Lächeln bei dem Wort »Teeparty« nicht.
»Wieviel weiß er davon?« flüsterte sie.
Edan nahm ihr gegenüber auf einem zweiten Stuhl Platz. »Ich fürchtete, daß Sie mir diese Frage stellen würden«, sagte er mit dumpfer Stimme. »Wie könnte ich ihm sagen, daß Sie ihn wegen seiner Beziehungen zu den Fentons heiraten? Sie benützen sein Geld, um Ihren Kreuzzug gegen den bösen Feind, die Kohle, voranzutreiben. Verdammt! Aber ich hätte es besser wissen sollen. Bei so einer Schwester, die ihrer eigenen Schwester den Mann stiehlt. . .«
Houston stand auf. »Mr. Nylund!« sagte sie durch zusammengepreßte Zähne. »Ich werde nicht hierbleiben und mir anhören, wie Sie meine Schwester beleidigen! Und ich habe keine Ahnung, was Sie damit meinen, wenn Sie von Kanes Beziehungen zu den Fentons sprechen. Wenn Sie glauben, ich verfolgte böse Absichten, dann wollen wir auf der Stelle zu Kane gehen und ihm alles sagen.«
»Warten Sie einen Moment«, sagte er, sprang vom Stuhl auf und hielt sie am Arm fest. »Warum erklären Sie mir dann nicht . . .«
»Sie meinen, ich sollte versuchen, Sie davon zu überzeugen, daß ich unschuldig bin und Kane Taggert nicht zum Traualtar führe, um ihn zu schlachten? Nein, Sir. Ich gebe Ihnen auf solche Beschuldigungen keine Antwort. Aber Sie könnten mir jetzt etwas verraten. Gedenken Sie, Ihre Kenntnisse deshalb nicht weiterzugeben, um mich damit erpressen zu können?«
»Touché«, sagte er, sichtlich erleichtert. »Nachdem wir uns gegenseitig unseren Zorn gezeigt haben, könnten wir doch in Ruhe darüber reden, nicht wahr? Sie müssen doch zugeben, daß man Ihre Aktionen nicht gerade als harmlos bezeichnen kann.«
Houston versuchte, sich ebenfalls zu entspannen; aber es gelang ihr nicht recht. Ihr wollte der Gedanke daran nicht gefallen, wie er hinter das Geheimnis der Schwesternschaft gekommen war.
»Wie lange treiben Sie schon diese Mittwoch-Maskeraden?« fragte Edan.
Houston trat ans Fenster. Unten standen die Arbeiter auf dem Rasen, als müßten sie sich auf die Belagerung durch eine Armee vorbereiten. Sie blickte auf Edan zurück. »Was wir Frauen heute tun, haben wir schon seit Generationen getan. Die Schwesternschaft wurde von der Mutter meines Vaters gegründet, als Chandler in Colorado noch gar nicht existierte. Wir sind nur Freunde, die versuchen, sich gegenseitig zu helfen und jedem anderen, der Hilfe braucht. Im Augenblick gilt unsere Hauptsorge der Behandlung von Arbeitern in den Kohlebergwerken. Wir tun nichts Illegales.« Sie richtete ihren Blick fest auf Edan. »Noch versuchen wir, jemand für unsere Zwecke auszunützen.«
»Warum dann diese Geheimniskrämerei?«
Sie blickte ihn ungläubig an. »Sie wundern sich? Nachdem Sie mir so heftige Vorwürfe gemacht haben? Und Sie sind nicht einmal ein Verwandter. Können Sie sich vorstellen, wie die Ehemänner und Väter reagieren würden, wenn sie erführen, daß ihre zarten Frauen ihre freien Nachmittage damit verbringen, das Kutschieren mit vier Pferden zu erlernen? Und einige von uns haben . . .« Sie hielt mitten im Satz inne.
»Ich verstehe Ihren Standpunkt. Aber ich kann auch deren Standpunkt verstehen. Was Sie tun, ist gefährlich. Sie könnten . . .« Er stockte. »Sie sagten eben, Sie seien bereits in der dritten Generation aktiv . . .«
»Und widmen uns den Problemen, die sich auch mit der Zeit ändern.«
»Und die — äh — Teeparties?«
Houston konnte nicht verhindern, daß sie jetzt ein rotes Gesicht bekam. »Das war die Idee meiner Großmutter. Sie sagte, sie wäre naiv und ahnungslos in ihre Hochzeitsnacht hineingegangen, und das wäre ein schlimmer Schock für sie gewesen. Sie wollte ihren Freundinnen und ihren Töchtern diese Erfahrung ersparen. Ich glaube, diese Zusammenkunft am Vorabend einer Hochzeit hat sich allmählich zu dem entwickelt, was Sie« — Houston schluckte — »gesehen haben.«
»Wie viele Frauen in Chandler gehören zu dieser Schwesternschaft?«
»Es gibt nur ein Dutzend aktive Mitglieder. Einige, wie meine Mutter, werden nach ihrer Heirat inaktiv.«
»Haben Sie das ebenfalls vor?«
»Nein«, antwortete sie und sah ihn dabei an; denn nun kam es auch auf ihn an, ob sie ihre Tätigkeit in der
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