Heute morgen und fuer immer - Roman
löste ich endlich mein Versprechen ein, Max das Skifahren beizubringen. Die Ausrüstung hatte ich ihm zum Geburtstag geschenkt, und die erste Stunde bekam er heute. Es war Mitte November und ein Traumwetter. Schnee und Sonne mit kalten Temperaturen, was den Schnee für Anfänger ideal machte, da man nicht so schnell Tempo bekam. Maxi erhielt seine erste Stunde in Lenggries am Kinderhügel, was er anfangs voll peinlich gefunden hatte, inzwischen dankbar akzeptierte, da er einsah, dass er es von weiter oben nicht heil hinunter geschafft hätte.
»Wir wären besser mit Jasper hierhergekommen!«, raunte mir Helene besorgt zu.
»Tut mir leid, Max muss mit mir vorliebnehmen, ich kann Jasper jetzt nicht aus London herbeamen!«, erwiderte ich leicht beleidigt ob meiner angezweifelten Fähigkeiten als Skilehrerin. Jasper war für eine Woche in London, weil ein Sammlerehepaar aus Kensington sich für eines seiner Bilder interessierte. Ich vermisste ihn und seine Leichtigkeit sehr. Zwar war er nicht der Zuverlässigste, kam fast immer zu spät, vergaß öfter Erledigungen, um die ich ihn gebeten hatte, aber wenn er da war, war immer etwas los. Tausend verrückte Ideen spukten ihm im Kopf herum, und die meisten setzte er auch in die Tat um. Wir waren in den letzten Monaten ein Paar geworden, und wir hatten beide auch in der Familie des anderen inzwischen einen Platz gefunden. Jasper war von meiner herzlich aufgenommen worden, und ich genoss sein enges Großfamilienleben und die Normalität mit Eltern, Tanten, Onkeln und Cousinen, wie ich es selbst nicht kannte. Ich hatte seit Langem das Gefühl, wieder eine Heimat gefunden zu haben, einen Ort, wo ich hingehörte. Eigentlich lief im Moment alles so rund, dass man Angst bekommen konnte. Die erste Runde für die Professorenstelle hatte ich zum Glück ohne Probleme genommen. Mein Vorspiel und die Lehrprobe waren aber auch wirklich glattgelaufen. Der mir zugewiesene Student stellte sich sehr gut an und verstand schnell, wie er das Stück anders interpretieren und ihm damit eine eigene Note verleihen konnte. Professor Bruckner und die anderen vier Gremiumsmitglieder waren sich einig gewesen und hatten mich in die nächste Runde durchgewunken, inklusive Professor Wiese, Amelies Gönnerin. Vor Weihnachten stand die zweite Runde an, die nur noch Amelie, ich und drei weitere Kandidaten bestreiten mussten, danach ging es in die letzte Runde, in der die Stelle schließlich vergeben wurde. Maxi kam im Seitwärtsschritt langsam mit seinen Skiern näher.
»Ich will endlich mit dem Lift hoch, das ist ja voll peinlich hier am Babyhügel!«
Helene und ich sahen uns an.
»Maxi, dafür musst du erst die Kurven können und das Bremsen üben. Du stellst dich super an, aber lass es uns noch mal üben, ja?«, sprach ich mit Engelszungen auf ihn ein. Plötzlich hörte ich eine Mädchenstimme »Clara, Clara!« rufen.
Nele kam in einem hellblauen Skianzug und Skischuhen auf mich zugestakst, Valentin ganz in Schwarz hinterher. Mir fiel ein, dass Nele dieses Jahr auch mit Skifahren anfangen wollte, sie war mit ihren sieben Jahren im besten Alter dafür. Valentin begrüßte uns freundlich und sah ungewöhnlich entspannt aus. Sofort begann er mit Maxi ein Gespräch und bot an, ihm den ein oder anderen fahrtechnischen Trick zu zeigen. Maxi war begeistert. Wenn schon am Babyhügel, dann lieber unter Männern. Ich schluckte meinen Stolz runter, Hauptsache, Maxi fühlte sich wohl, und Valentin machte das zugegebenermaßen gut, er fuhr fast schon auf Profiniveau.
»Ist das dieser Valentin, dieser arrogante Typ, der dir immer 'nen Spruch drückt?«, fragte mich Helene verwundert.
»Ja, aber heute hat er seinen netten Klon geschickt!« Vielleicht kam er mit der vielen Luft und Sonne nicht zurecht und musste zwanghaft lächeln, auf alle Fälle hatte ich einen verwandelten Valentin vor mir. Gut gelaunt und locker plauderte er mit Helene, scherzte mit Maxi, kümmerte sich rührend um Nele und war sogar zu mir freundlich. Was ich in zwei Stunden mit Maxi nicht geschafft hatte, bekam er in einer halben Stunde hin, sodass der strahlende Maxi endlich mit dem Tellerlift nach oben fahren durfte. Nele war zum zweiten Mal in den Bergen und fuhr relativ sicher, auf alle Fälle angstfrei. Gemeinsam fuhren wir immer wieder via Tellerlift mit den Kindern nach oben, ich fuhr die Kurven zuerst runter, Max und Nele hinterher, dann Helene und Valentin, um notfalls Hingefallenen aufzuhelfen. Das klappte richtig gut und machte
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